Der Wickelbär (Potos flavus), auch als Kinkajou bekannt, fasziniert viele mit seinem niedlichen Aussehen und seiner nachtaktiven Lebensweise. Doch eignet sich dieses exotische Säugetier wirklich als Wickelbär Haustier in deutschen Haushalten? Bevor man sich für die Haltung eines Wickelbären entscheidet, ist es entscheidend, sich umfassend über seine Bedürfnisse, die gesetzlichen Bestimmungen und die Herausforderungen einer artgerechten Pflege zu informieren. Dieser Artikel beleuchtet alle wichtigen Aspekte, die Sie wissen müssen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Steckbrief und Allgemeine Merkmale des Wickelbären
Der Wickelbär gehört zur Familie der Kleinbären (Procyonidae) und ist eng mit Waschbären, Nasenbären und Makibären verwandt. Er unterscheidet sich von seinen Verwandten vor allem durch seinen langen, greiffähigen Schwanz, der ihm beim Klettern in den Baumkronen des Regenwaldes als fünfte Gliedmaße dient. Sein wissenschaftlicher Name lautet Potos flavus.
Wickelbären erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 42 bis 57 cm, wobei der Schwanz meist sogar etwas länger ist. Ihr Gewicht variiert je nach Unterart zwischen 2 und 6 kg, was etwa der Größe einer kleineren Hauskatze entspricht. Das Fell ist wollig, kurz und typischerweise braun, oft mit einem gelblich-hellbraunen Haaransatz, der zu rötlichbraunen Spitzen wechselt. Viele Tiere weisen einen schwarzen Aalstrich auf dem Rücken auf, und der Bauch ist meist gelblich-orange gefärbt. Die Fellfarbe kann von rötlichbraun bis gräulich variieren. Auffällig sind die großen, dunklen Augen, die perfekt an die nächtliche Aktivität angepasst sind. Die kurzen, kräftigen Beine enden in gekrümmten Krallen, die der Wickelbär im Gegensatz zur Katze nicht einziehen kann. Geschickte Vorderpfoten erleichtern das Halten von Nahrung und das Klettern. Ein besonderes Merkmal ist die schmale, etwa 12 cm lange Zunge, die ideal ist, um Nektar aus Blüten zu lecken.
Ein Wickelbär mit großen dunklen Augen blickt aufmerksam in die Kamera
Wickelbären sind Baumbewohner und verbringen den Großteil ihres Lebens in den Bäumen. Tagsüber ziehen sie sich zum Schlafen in Baumhöhlen zurück. Sie sind primär nachtaktiv und gehen in der Regel alleine auf Nahrungssuche, können aber geselliger werden, wenn Nahrung im Überfluss vorhanden ist. Die Kommunikation erfolgt über eine Vielzahl von Lauten, von feinem Piepsen und Fiepen bis hin zu Fauchen und lautem Zetern oder Kreischen. In Gefangenschaft können Wickelbären ein beachtliches Alter erreichen; während die Lebenserwartung in freier Wildbahn bei 20 bis 30 Jahren liegt, wurde der älteste in Gefangenschaft gehaltene Wickelbär 41 Jahre alt.
Herkunft und natürlicher Lebensraum
Die Heimat des Wickelbären erstreckt sich über die tropischen Regenwälder Mittel- und Südamerikas, von Südmexiko bis nach Brasilien. Sie bewohnen das östliche Mittelamerika und das nördliche Südamerika. In diesen Regionen finden sie die idealen Bedingungen mit ganzjährig warmen Temperaturen und einem reichhaltigen Nahrungsangebot an Früchten, Nektar und Insekten. Die Anpassung an das Leben im Blätterdach des Regenwaldes ist ein Schlüsselfaktor für ihr Überleben und prägt ihr Verhalten und ihre physiologischen Merkmale maßgeblich.
Artgerechte Haltung eines Wickelbären: Was ist zu beachten?
Die Haltung eines Wickelbären als Haustier stellt hohe Anforderungen an den Besitzer und die Umgebung. Aufgrund ihrer Größe, Aktivität und ihres ausgeprägten Kletterbedürfnisses benötigen Wickelbären viel Platz. Eine große Voliere oder ein eigenes, speziell eingerichtetes Zimmer sind unerlässlich. In einigen Ländern, wie der Schweiz, sind Mindestmaße von 40 Kubikmetern gesetzlich vorgeschrieben. Angesichts ihrer Kletterfreude gilt jedoch: Je mehr Platz, desto besser für das Wohlbefinden des Tieres. Die Voliere sollte so gestaltet sein, dass sie vielfältige Klettermöglichkeiten bietet, wie dicke Äste, robuste Seile und Korkstämme.
Als Bodengrund eignen sich Buchenholzschnitzel gut. Die Wände der Voliere sollten aus abwaschbarem Material bestehen, um eine einfache Reinigung zu gewährleisten, da Fruchtzucker und Futterreste die Einrichtung mit der Zeit in Mitleidenschaft ziehen können. Wickelbären sind äußerst neugierige Tiere und entwickeln eine erstaunliche Kraft, wenn sie etwas erreichen wollen. Daher muss die gesamte Einrichtung sehr robust und sicher sein. Dünne Seile oder Schnüre, lose Schrauben, dünne Stoffe oder Plastikspielzeug sollten vermieden werden, da sie Verletzungsgefahren bergen können (Abschnüren, Verschlucken, Verheddern). Robuste Weidenkörbe, Kokosnüsse mit Löchern zum Greifen, dicke Seile, Äste, Korkrinde, stabile Hängematten und Bambuswurzeln sind gute Optionen für die Gestaltung. Eine Schlafbox, in die sich das Tier tagsüber zurückziehen kann, ist ebenfalls wichtig.
Ein Wickelbär klettert in einem großen Gehege zwischen Ästen und Seilen
Wickelbären werden schnell gelangweilt und benötigen daher viel Beschäftigung und Interaktion. Es ist ratsam, die Einrichtung der Voliere regelmäßig zu verändern, um Abwechslung zu bieten. Eine weitere Möglichkeit der Anreicherung ist, das Futter nicht einfach im Napf anzubieten, sondern es im Gehege zu verteilen und zu verstecken, um den natürlichen Futtersuchinstinkt zu fördern. Sollte der Wickelbär auch Freilauf in der Wohnung haben, sind umfassende Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. Fenster, Kabel, giftige Pflanzen und Reinigungsmittel stellen potenzielle Gefahrenquellen dar. Je nach Temperament des einzelnen Tieres kann es notwendig sein, fast alles Wertvolle wegzuräumen, da Wickelbären aus Neugierde alles genau untersuchen und dabei unbeabsichtigt Schäden verursachen können. Sie sind sehr intelligent und lernfähig, allerdings lernen sie oft nicht das, was der Besitzer sich wünscht. Stubenreinheit ist zwar möglich, aber nicht die Regel.
Ein neugieriger Wickelbär erkundet seine Umgebung auf einem Ast
Außenhaltung
Eine Außenhaltung von Wickelbären in nördlichen Breitengraden ist problematisch und muss sorgfältig abgewogen werden. Die Tiere stammen aus tropischen Regenwäldern und reagieren empfindlich auf Temperaturen unter 20 Grad Celsius sowie auf Zugluft. Da Wickelbären nachtaktiv sind, fallen die Temperaturen in unseren Regionen außerhalb des Hochsommers meist unter diesen Wert. Falls eine Außenhaltung dennoch in Betracht gezogen wird, ist ein zwingend beheizbarer und geschützter Unterschlupf erforderlich, um das Tier vor Kälte und Witterung zu schützen.
Die richtige Ernährung für den Wickelbär
Obwohl Wickelbären zu den Raubtieren gehören, ernähren sie sich überwiegend von pflanzlicher Kost, insbesondere von Früchten. In einigen Regionen, wie Panama, ist ihre Ernährung sogar rein vegetarisch, während in anderen Verbreitungsgebieten Insekten einen wichtigen Bestandteil der Nahrung ausmachen. Sie werden oft als „Gärtner des Regenwaldes“ bezeichnet, da sie durch das Lecken von Blütennektar zur Bestäubung beitragen, indem sie Pollen an ihrer Schnauze weitertragen. Neben Früchten und Nektar fressen Wickelbären in der Wildnis auch gerne Honig, Insekten, Vogeleier und kleine Wirbeltiere.
In Gefangenschaft ist eine abwechslungsreiche und artgerechte Ernährung von größter Bedeutung. Obst und Gemüse bilden den Hauptbestandteil des täglichen Futterangebots. Es können nahezu alle Obstsorten (Bananen, Äpfel, Ananas, Mango, Trauben, Datteln, Beeren, Birnen etc.) und Gemüsesorten (Paprika, Karotten, Salat etc.) angeboten werden. Gelegentlich fressen sie auch gerne Honig, Quark, ein Stückchen Brot oder Eier. Als Leckerlis eignen sich Reiswaffeln, Dörrfrüchte oder Rosinen. Gekochtes Geflügelfleisch, Grashüpfer, Mehlwürmer und Bienenmaden werden ebenfalls gerne angenommen, sollten aber nur in Maßen gefüttert werden. Der Fokus sollte auf täglich frischem Obst und Gemüse liegen. Da ein Wickelbär täglich bis zu 500 Gramm Futter zu sich nehmen kann, sollte man sich der nicht unerheblichen monatlichen Futterkosten bewusst sein. Frisches Trinkwasser muss jederzeit verfügbar sein. Nippeltränken für Nager haben sich hierbei bewährt, da Wassernäpfe oft umgeworfen werden. Die fast ausschließlich vegetarische Ernährung führt dazu, dass Wickelbären und ihre Ausscheidungen nahezu geruchsneutral sind, vorausgesetzt, das Gehege wird täglich gereinigt.
Ein Wickelbär mit seiner langen Zunge leckt Nektar von einer Banane
Fortpflanzung und Zucht in Gefangenschaft
Die Fortpflanzung der Wickelbären ist nicht an eine bestimmte Jahreszeit gebunden. Nach einer Tragzeit von etwa 100 bis 120 Tagen bringt das Weibchen meist ein einzelnes Jungtier zur Welt, Zwillinge sind selten. Neugeborene Wickelbären wiegen zwischen 150 und 200 Gramm und kommen fast nackt, mit geschlossenen Augen und Ohren zur Welt. Der Gehörgang öffnet sich in den ersten fünf Tagen, die Augen öffnen sich zwischen dem 7. und 19. Tag. Die Aufzucht erfolgt ausschließlich durch die Mutter. Die Jungtiere werden etwa 16 Wochen lang gesäugt, beginnen aber bereits nach 7 bis 8 Wochen mit der Aufnahme fester Nahrung. Mit etwa vier Monaten sind die Jungtiere weitgehend selbstständig und beginnen, sich der Fürsorge der Mutter zu widersetzen.
Die Geschlechtsreife erreichen männliche Wickelbären mit ungefähr 1,5 Jahren, während weibliche Tiere etwa 2,25 Jahre benötigen, um fortpflanzungsfähig zu werden.
Eine Wickelbärmutter kümmert sich um ihr Junges, das sich an sie klammert
Gesundheit und typische Krankheiten
Da Wickelbären noch wenig erforscht sind und ihre private Haltung relativ selten ist, sind spezifische, arttypische Krankheiten bisher kaum bekannt. Dennoch gibt es einige gesundheitliche Aspekte, die beachtet werden sollten. Ernährungsbedingt können gelegentlich Wurmbefall auftreten. Eine regelmäßige Kotuntersuchung und gegebenenfalls eine Entwurmung sind daher von Vorteil und tragen zur Gesunderhaltung des Tieres bei.
Aufgrund ihrer Herkunft aus tropischen Zonen reagieren Wickelbären sehr empfindlich auf Kälte und Zugluft. Solche Bedingungen können schnell zu gesundheitlichen Problemen wie Blasenentzündungen führen. Es ist daher unerlässlich, in Gefangenschaft eine konstant warme Umgebung ohne Zugluft zu gewährleisten, um das Immunsystem des Wickelbären zu unterstützen und Krankheiten vorzubeugen.
Besondere Eigenschaften: Geruch, Lärm und Intelligenz
Ein bemerkenswerter Vorteil des Wickelbären als Haustier ist, dass er kaum einen Eigengeruch besitzt. Da sich Wickelbären zudem fast ausschließlich vegetarisch ernähren, halten sich auch die Gerüche ihrer Ausscheidungen in Grenzen. Eine tägliche Reinigung des Geheges ist natürlich Grundvoraussetzung, um dies zu gewährleisten.
Der Lärmfaktor eines Wickelbären kann jedoch nicht unerheblich sein. Da die Tiere nachtaktiv sind und in dieser Zeit am aktivsten sind, sollte dieser Umstand unbedingt berücksichtigt werden. Ihr nächtliches Springen, Klettern und Herumtoben kann Geräusche verursachen, die in einer Mietwohnung schnell zu Problemen mit den Nachbarn führen können. Gelegentliches Piepsen, Fiepen und Rufen ist ebenfalls Teil ihres Kommunikationsverhaltens und kann bisweilen als störend empfunden werden, besonders während der menschlichen Schlafenszeiten.
Wickelbären sind äußerst intelligente und lernfähige Tiere. Ihre Neugier ist immens, und sie untersuchen alles sehr genau. Diese Intelligenz erfordert viel Beschäftigung und geistige Anregung, um Langeweile zu vermeiden. Sie lernen schnell, auch wenn das Gelernte nicht immer im Sinne des Besitzers ist. Ihre Geschicklichkeit und Kraft sollten nicht unterschätzt werden; sie können Dinge erreichen und öffnen, die man nicht erwarten würde.
Fazit: Ist der Wickelbär das richtige Haustier für Sie?
Die Entscheidung, einen Wickelbär als Haustier zu halten, sollte niemals leichtfertig getroffen werden. Es handelt sich um ein exotisches Tier mit spezifischen Bedürfnissen, die weit über die einer Hauskatze oder eines Hundes hinausgehen. Der Wickelbär erfordert nicht nur eine artgerechte, sehr geräumige Haltung und eine spezielle Ernährung, sondern auch eine intensive Beschäftigung und das Verständnis für seine nachtaktive Lebensweise. Zudem sind die Anschaffungs- und Unterhaltskosten, insbesondere für Futter und eine entsprechende Voliere, nicht zu unterschätzen.
Bevor Sie sich für einen Wickelbär entscheiden, informieren Sie sich gründlich über die geltenden Artenschutzbestimmungen und Haltungsauflagen in Ihrer Region. Sprechen Sie mit erfahrenen Haltern und auf Exoten spezialisierten Tierärzten. Ein Wickelbär kann ein faszinierender und bereichernder Begleiter sein, aber nur, wenn Sie bereit und in der Lage sind, ihm ein Leben zu bieten, das seinen komplexen Bedürfnissen in jeder Hinsicht gerecht wird. Überlegen Sie gut: Sind Sie bereit für dieses außergewöhnliche Abenteuer?
