Vierte Impfung sinnvoll? Eine Expertenanalyse zu Corona-Boostern

Prof. Christine Falk im Porträt

Die Frage, ob eine vierte COVID-19-Impfung, insbesondere für jüngere und gesunde Personen, wirklich sinnvoll ist, beschäftigt aktuell viele Menschen in Deutschland. Mit der Verfügbarkeit neuer, an die Omikron-Variante angepasster Impfstoffe rückt diese Diskussion erneut in den Fokus. Die Meinungen in der Fachwelt sind dabei geteilt: Während einige Experten keine signifikanten Risiken durch wiederholte Booster sehen, warnen andere vor einer möglichen Überlastung des Immunsystems. Wir beleuchten die unterschiedlichen Standpunkte, um Ihnen eine fundierte Entscheidungshilfe zu bieten, denn die Frage “Ist die 4 impfung sinnvoll?” bleibt für viele relevant.

Die Perspektive der Stiko und Befürworter wiederholter Booster

Die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland vertritt derzeit die Ansicht, dass die aktuelle Studienlage keine generelle Empfehlung für eine vierte oder gar fünfte Impfung für alle Menschen hergibt. Dies gilt auch, obwohl jetzt Omikron-Impfstoffe zur Verfügung stehen, die einen breiteren Schutz versprechen könnten. Trotzdem ist es jedem, auch jungen und gesunden Menschen, gestattet, sich ein viertes, fünftes oder sechstes Mal gegen Corona impfen zu lassen. Ob sich dies negativ auf die eigene Gesundheit auswirken kann, wird in der Fachwelt intensiv diskutiert.

Einer der Befürworter wiederholter Booster ist der Immunologe Andreas Thiel von der Berliner Charité. Er betonte bereits im Juli, dass es bislang keine Studien gebe, die “negative Effekte auf Immunitäten” durch mehrere Corona-Booster aufzeigen würden. Thiel erklärte, dass in einem bereits ausreichend geschützten Immunsystem, in das erneut geimpft wird, oft gar nicht viel passiere. Die bereits vorhandenen Antikörper fangen den Impfstoff demnach unter Umständen so effizient ab, dass nur eine geringe erneute Aktivierung des immunologischen Gedächtnisses stattfindet. Das Immunsystem reagiert also sehr spezifisch und adaptiv auf die neue Exposition, ohne notwendigerweise eine überschießende Reaktion hervorzurufen.

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Ähnlich äußerte sich Professor Onur Boyman, Direktor der Klinik für Immunologie am Universitätsspital Zürich, im Juli. Er geht davon aus, dass mehrere Auffrischimpfungen dem Körper voraussichtlich nicht schaden werden. Boyman erwartet keine “relevante Zunahme von immunologischen Nebenwirkungen mit jeder Auffrischimpfung”, was auch durch erste Studien zur vierten Impfung bestätigt werden konnte. Diese Perspektive legt nahe, dass das Immunsystem durch zusätzliche Booster nicht dauerhaft überfordert wird, sondern vielmehr seinen Schutz aufrechterhält oder geringfügig optimiert, insbesondere bei vulnerablen Gruppen oder bei Personen mit direktem Kontakt zu Risikopatienten.

Skepsis und Warnungen vor einer “Überforderung” des Immunsystems

Demgegenüber stehen kritische Stimmen, die vor den potenziellen Risiken zu vieler Auffrischimpfungen warnen. Marco Cavaleri von der Europäischen Gesundheitsbehörde EMA mahnte bereits im Januar 2022 zur Vorsicht. Er betonte, man solle “vorsichtig sein, das Immunsystem nicht zu überfordern mit immer neuen Impfungen.” Diese Bedenken konzentrieren sich auf die langfristigen Auswirkungen einer ständigen Stimulierung des Immunsystems durch Booster.

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Professorin Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, erläuterte die Bedeutung dieser Warnung später im “Spiegel”. Sie erklärte, dass B- und T-Zellen schrittweise ein immunologisches Gedächtnis aufbauen. Dieses Gedächtnis ermöglicht es dem Körper, Krankheitserreger langfristig zu erkennen und unschädlich zu machen. Wenn dieser Prozess jedoch zu oft und zu früh gestört wird, kann dies negative Folgen haben. Bei den T-Zellen könnte eine Art “Erschöpfung” eintreten, was bedeuten würde, dass ihre Fähigkeit, effektiv auf neue Infektionen zu reagieren, beeinträchtigt wird. Dies ist ein wichtiger Aspekt bei der Betrachtung der langfristigen Effizienz und Sicherheit wiederholter Impfungen.

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Nicht nur die potenzielle Erschöpfung des Immunsystems gibt Anlass zur Sorge, wie Professor Andreas Radbruch vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin im Juli hervorhob. Er warnte davor, dass “wiederholte nutzlose ‘blinde’ Booster mehrere Risiken” bergen können, selbst wenn das Antikörper-produzierende adaptive Immunsystem gar nicht mehr oder nur noch schwach anspringt. Zum einen führen auch vierte Impfungen oft zu unangenehmen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Fieber. “Das ist zumindest unangenehm und kann das Vertrauen in die Impfung mindern”, so Radbruch.

Zum anderen sei nicht auszuschließen, dass der Körper bei einigen Geimpften auch auf andere Inhaltsstoffe des Impfstoffs reagiere als die eigentlich gewünschten viralen Proteine. Dies könnte zur Entstehung von “Unverträglichkeiten für zukünftige Impfungen mit ähnlich aufgebauten Impfstoffen” führen. Ein noch gravierenderes Risiko, das Radbruch anspricht, ist die mögliche Entstehung von Autoimmunerkrankungen, die er als Aspekt benennt, der “zu prüfen wäre”. Diese Punkte unterstreichen die Notwendigkeit einer vorsichtigen Abwägung bei der Empfehlung und Durchführung weiterer Boosterimpfungen, insbesondere für gesunde Bevölkerungsgruppen, für die eine 4te impfung corona nicht zwingend notwendig erscheint.

Vierte Impfung und Grippeschutz: Ist eine Kombination möglich?

Ein praktischer Aspekt, der für viele Menschen von Interesse ist, betrifft die Möglichkeit, die vierte Corona-Impfung mit der jährlichen Grippe-Impfung zu verbinden. Die gute Nachricht ist, dass dies laut der Stiko problemlos möglich ist. Beide Impfungen können quasi gleichzeitig erfolgen, ohne dass es zu einer Beeinträchtigung der Wirksamkeit oder einer erhöhten Rate an Nebenwirkungen kommt. Dies bietet einen erheblichen Vorteil hinsichtlich der Organisation und des Zeitaufwands für die Impfwilligen.

Die gleichzeitige Verabreichung von COVID-19- und Grippeimpfstoffen wird in der Regel gut vertragen, da die Antigene unterschiedlich sind und die Injektionen oft an verschiedenen Stellen vorgenommen werden. Dies kann dazu beitragen, die Impfraten für beide wichtigen Schutzimpfungen zu erhöhen und somit die Belastung des Gesundheitssystems in der Grippesaison zu reduzieren. Es ist jedoch immer ratsam, individuelle Fragen, wie etwa zum alkohol nach corona impfung oder zu anderen Medikamenten, vorab mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.

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Fazit und Empfehlung

Die Frage, ob die Vierte Impfung Sinnvoll ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt fundierte Argumente sowohl von Befürwortern, die keine signifikanten immunologischen Risiken sehen, als auch von Kritikern, die vor einer möglichen Überlastung des Immunsystems und der Entstehung unerwünschter Reaktionen warnen. Während die Stiko keine allgemeine Empfehlung für alle ausspricht, ist die individuelle Impfentscheidung weiterhin möglich.

Die Entscheidung für oder gegen eine weitere Auffrischimpfung sollte stets in Abstimmung mit einem Arzt getroffen werden, der Ihre persönliche Gesundheitssituation und Ihr individuelles Risikoprofil berücksichtigen kann. Bleiben Sie informiert und sprechen Sie mit Ihrem Arzt, um die für Sie beste Entscheidung zu treffen und optimal geschützt zu sein.