In der facettenreichen Welt des Profifußballs existieren im Grunde nur zwei Arten von Vereinen: die kaufenden Großklubs und die ausbildenden Talentschmieden. Während Giganten wie Manchester United, Bayern München oder Paris Saint-Germain bereit sind, astronomische Summen für begehrte Spieler auszugeben, kultivieren Vereine wie die AS Monaco, Olympique Lyon oder Ajax Amsterdam kontinuierlich junge Talente. Diese Spieler sichern ihnen eine gewisse Relevanz im europäischen Fußball, bevor sie für beträchtliche Ablösesummen an die „größeren“ Klubs weiterverkauft werden. Ein Zyklus, der sich scheinbar endlos wiederholt. Doch der FC Schalke 04, ein traditionsreicher deutscher Verein, passt in kein dieser Schemata. Er operiert abseits dieses Spektrums und trotzt den gängigen Mechanismen des modernen Fußballs, insbesondere wenn es um die “Schalke Transfer”-Strategie geht.
Schalke 04 nimmt eine völlig einzigartige Position ein, die in den letzten Jahren kaum zu verstehen war. Und ehrlich gesagt, es ist keine positive Entwicklung. Obwohl Schalke der drittwertvollste Verein in der finanziell lukrativen Bundesliga ist, hinter dem FC Bayern München und Borussia Dortmund, rangiert er laut Forbes auf einem respektablen 16. Platz der weltweit wertvollsten Klubs – knapp vor Inter Mailand und hinter West Ham United und Atlético Madrid. Auf dieser Liste der Top 20 finden sich kaum echte „Verkäuferklubs“, mit Ausnahme vielleicht von Leicester City (18. Platz), die jedoch voraussichtlich nicht lange in dieser Riege verbleiben werden. Schalke hingegen ist mittendrin, umgeben von ständigen europäischen Anwärtern, verfolgt aber eine Transferstrategie, die nur schwer zu begreifen ist und einen Einfluss auf die gesamte Liga, deren Spiele auch im ZDF Fußball übertragen werden, ausübt.
Schalke 04 Spieler auf dem Fußballfeld, diskutieren die Transferpolitik des Vereins
Schalkes Wert und die Knappenschmiede: Ein ungenutztes Potenzial
Der FC Schalke 04 verfügt über eines der besten Spielerentwicklungsprogramme der Welt, die berühmte „Knappenschmiede“. Die Liste der Spieler, die aus Schalkes System hervorgegangen sind und heute bei europäischen Spitzenklubs spielen, liest sich wie ein Traum-Team aus dem FIFA Ultimate Team: Leroy Sané, Julian Draxler, Sead Kolašinac, Mesut Özil, Ivan Rakitić, Manuel Neuer – um nur einige zu nennen. Das zeigt das enorme Potenzial des Klubs, Talente zu entdecken und zu fördern.
Dennoch ist die Spielerbindung bei Schalke unglaublich gering. Das paradoxe ist, dass der Verein, anstatt seine solide finanzielle Situation zu nutzen, um ein Team aufzubauen, das mit den Top-Klubs mithalten kann, seine besten Spieler an eben diese Konkurrenten verkauft. Arsenal, Juventus, Barcelona, Bayern München, Manchester City, Paris Saint-Germain, Liverpool und viele weitere Spitzenvereine profitieren von Spielern, die in der Schalker Talentschmiede ausgebildet wurden.
Das zentrale Problem: Die Flucht ablösefreier Spieler
Wenn Schalke einen Spieler verkauft und eine hohe Ablösesumme erzielt, ist das grundsätzlich ein guter Tag. Es gehört zum Geschäft, Spieler für überzogene Preise abzugeben und das eingenommene Geld in neue, vielversprechende Talente zu investieren, die denselben Prozess durchlaufen. Die AS Monaco praktiziert dies hervorragend; sie schaffen es immer, Verluste auszugleichen, egal welche Spieler sie verlieren. Deshalb wählen viele vielversprechende Talente Schalke oder Monaco als Sprungbrett, bevor sie zu einem „Superklub“ wechseln – sie erhalten mehr Spielzeit und damit mehr Sichtbarkeit.
Doch in den letzten Jahren war Schalke nicht in der Lage, seine Verluste wie Monaco oder Lyon auszugleichen. Der Verein rutscht trotz seines hohen Werts und seiner prestigeträchtigen Geschichte immer weiter aus der Spitzengruppe der Bundesliga ab. Ein Hauptgrund für den vorzeitigen Niedergang des einstigen Dauergasts im Europapokal sind die ablösefreien Transfers, auch bekannt als Bosman-Abgänge.
Chronik der Verluste: Jährliche Beispiele
In den letzten zwei Jahren hat sich bei Schalke eine regelrechte Epidemie entwickelt, wertvolle Spieler ihre Verträge auslaufen zu lassen und ablösefrei ziehen zu lassen. Dies ist ein Problem, mit dem kaum ein anderer Verein ähnlicher Größenordnung in diesem Ausmaß zu kämpfen hat. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass Schalke von einem zuverlässigen Top-Fünf-Team ins Mittelfeld abgerutscht ist, wo es ohne europäischen Fußball noch schwieriger wird, die Verluste zu kompensieren.
Allein im Sommer 2017 verließ Schalke 04 gleich drei wichtige Spieler ablösefrei: Sead Kolašinac, Eric Maxim Choupo-Moting und Klaas-Jan Huntelaar. Laut Marktwert, der die Inflation des modernen Transfermarktes noch nicht einmal vollständig berücksichtigt, entsprach dies einem Talentwert von rund 30 Millionen US-Dollar, der verloren ging. Diese 30 Millionen US-Dollar hätten dringend in den Verein reinvestiert werden können, um die sportliche Entwicklung voranzutreiben und den Weg zurück an die Spitze der Bundesliga zu ebnen. Und dies ist noch eine sehr konservative Schätzung des tatsächlichen Verlusts, da allein für Kolašinac eine beträchtliche Ablösesumme hätte erzielt werden können.
Im Jahr zuvor, zwischen Joel Matip und Roman Neustädter, gingen weitere rund 30 Millionen US-Dollar ablösefrei verloren. Zum Vergleich: In der Saison 2013/14 investierte Schalke über 30 Millionen US-Dollar in die Mannschaft und, siehe da, in der folgenden Saison kletterten sie vom vierten auf den dritten Platz. Im Jahr darauf, 2015/16, wurde weniger investiert, und der Verein fiel auf den sechsten Rang zurück. Hier begann die eigentliche Entgleisungsgeschichte. Die Teilnahme am DFB Pokal live ZDF war zwar noch gegeben, doch die sportliche Entwicklung stagnierte.
Ein Verkaufsklub ohne vollen Ertrag
Schalke ist ein Team, das über ein so hervorragendes Spielerentwicklungssystem verfügt, dass es nicht Hunderte von Millionen Euro auf dem Transfermarkt ausgeben muss, um erfolgreich zu sein. Der Verein könnte sich auf seine eigenen Ressourcen verlassen.
Der Verfall begann im Sommer 2015. Alle eigenen Jugendspieler, die man hochgezogen und gefördert hatte, wurden nicht frühzeitig angesprochen, um ihre Verträge zu verlängern. Neben den traditionellen Verkäufen (Julian Draxler für 50 Millionen US-Dollar, Leroy Sané für 58 Millionen US-Dollar) schlichen sich auch ablösefreie Abgänge ein. Es war, als würde dieser „Verkäuferklub“ nur einen Teilerfolg seiner Investitionen erzielen und damit die Erfolgsformel untergraben, die für Vereine mit dieser Strategie so gut funktioniert.
Trotz eines Netto-Gewinns von rund 50 Millionen US-Dollar aus den Transferfenstern 2015/16 und 2016/17 stürzte der Verein ab. Das letzte Transferfenster war für sie entscheidend. Schalke beendete den Sommer mit einem Nettoverlust von etwa 60 Millionen US-Dollar, verlor aber gleichzeitig zehn Spieler, von denen mindestens fünf Stammspieler waren. Diese fünf Spieler allein hatten, wie erwähnt, einen Marktwert von über 30 Millionen US-Dollar. Im Vergleich zu Vereinen wie dem VfB Stuttgart Arminia, die um jeden Punkt kämpfen müssen, war Schalkes Lage besonders prekär.
Dies ist eine finanzielle Zwickmühle für einen Verein, der von schlechter Planung geplagt wurde und seine Zukunftsaussichten massiv beschädigt hat. Sie haben eine der besten Akademien der Welt, aber nichts davon vorzuweisen. Alle vielversprechenden Youngster sind weg, weitere sind im Begriff zu gehen, und die finanziellen Erträge aus Schlüsselverkäufen wie Draxler und Sané werden durch die ablösefreien Abgänge zunichtegemacht. Der Verein ist gezwungen, diese Spieler mit Geldern zu ersetzen, die sie hätten einnehmen können, wenn sie vorausschauend gehandelt hätten, um die Spieler entweder langfristig zu binden oder früher zu verkaufen. Auch international gesehen, wie man es bei Sporting Eintracht Frankfurt beobachten konnte, bedeutet der Verlust von Stammkräften oft einen Rückschlag.
Die kommende Herausforderung: Goretzka und Meyer
Leider muss Schalke zunächst mit weiteren ablösefreien Verlusten umgehen. Leon Goretzka, ein junger Mittelfeldspieler, der mit dem Status eines Elite-Spielers kokettiert und gleichzeitig der wertvollste Spieler im Kader ist – mit einem Wert von rund 40 Millionen US-Dollar – hat bereits angekündigt, den Verein 2018 ablösefrei zu verlassen. Auch der kreative Mittelfeldspieler Max Meyer, dessen Wert auf 20 Millionen US-Dollar geschätzt wird, hat das Gleiche signalisiert. Diese beiden Abgänge, zusätzlich zu den anderen ablösefreien Spielern, die man ziehen ließ, werden alle durch Draxler und Sané erzielten Einnahmen vollständig zunichtemachen. Und an diesem Punkt ist der Verein machtlos, dies zu verhindern.
Ein Lichtblick am Horizont? Lehren aus der Vergangenheit
Was kommt als Nächstes für Schalke? Drei Jahre schlechter Planung werden einen Verein von diesem Format nicht zerstören, aber sie machen es sich sicherlich nicht leicht. Der Schlüssel liegt darin, dass dies nie wieder geschieht. Glücklicherweise stehen außer Matija Nastasić, dessen Vertrag 2019 ausläuft, keine weiteren unmittelbaren ablösefreien Abgänge zu befürchten.
Hinsichtlich der nächsten Generation potenzieller “Bosmans” sind Weston McKennie, Breel Embolo, Amine Harit und Nabil Bentaleb allesamt junge, talentierte Spieler, die heiß begehrt sein werden. Aktuell haben sie einen kombinierten Marktwert von rund 55 Millionen US-Dollar, der zweifellos steigen wird, wenn sie reifer werden. Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass sie alle bis 2021 oder 2022 vertraglich gebunden sind. Das bedeutet, dass sie am Ende ihrer Verträge Mitte zwanzig sein und in ihre besten Jahre kommen werden. Dies ist der Weg nach vorne. Schalke hat auch den jungen deutschen Torhüter Alexander Nübel mit einem neuen Vertrag ausgestattet, was zeigt, dass die letzten drei Transferfenster, ebenso wie das bevorstehende, vielleicht nur ein Fall von Nachlässigkeit waren. Die langfristige Planung ist entscheidend, besonders mit Blick auf zukünftige Großereignisse wie die WM Fußball 2025.
Es geht bei Vereinen wie Schalke nicht nur um Geld, aber es ist unbegreiflich, dass in drei Jahren rund 200 Millionen US-Dollar durch die Tür gegangen sind, alles aufgrund schlechter Planung. Glücklicherweise könnten sie, mit Spielern wie Weston McKennie und Breel Embolo und deren langfristigen Verträgen, auf dem Weg sein, das Schiff wieder auf Kurs zu bringen.
Fazit: Schalkes Weg zurück an die Spitze – eine Frage der Strategie und langfristigen Planung
Der FC Schalke 04 gehört an die Spitze der Bundesliga-Tabelle. Der Verein verdient es, wie früher mit Dortmund und Bayern um Titel zu kämpfen. Doch bevor weitere Fortschritte erzielt werden können, muss das Chaos in der Vertragsgestaltung, in das sie sich selbst manövriert haben, zur absoluten Priorität werden. Die “Schalke Transfer”-Strategie muss grundlegend überdacht und reformiert werden, um das volle Potenzial der Knappenschmiede auszuschöpfen und zukünftige Wertverluste zu vermeiden. Nur mit einer vorausschauenden und strategischen Kaderplanung kann Schalke wieder zu alter Stärke zurückfinden und eine nachhaltige Erfolgsgeschichte schreiben. Diskutieren Sie mit uns, wie Schalke diesen Weg erfolgreich beschreiten kann!
