Selbstgemachtes Sauerteigbrot zu backen mag auf den ersten Blick nach einer Kunstform für nur wenige Auserwählte klingen. Manche stellen sich vor, dass dies nur mit über Generationen vererbten Sauerteig-Anstellgütern möglich ist, die schon über ein Jahrhundert auf dem Buckel haben. Doch die Wahrheit ist: Jeder kann lernen, wie man köstliches Sauerteigbrot selber backt. Entdecken Sie mit uns die faszinierende Welt des natürlichen Backtriebmittels und die unzähligen Vorteile, die es mit sich bringt.
Der eigene Sauerteig ist mehr als nur ein einfaches Backtriebmittel; er ist das Herzstück eines jeden Brotes, das ihm seinen unverwechselbaren Charakter verleiht. Wenn Sie lernen, wie Sie mit Sauerteigbrot backen, eröffnen Sie sich eine Welt voller Geschmack, Aroma und einer Tiefe, die mit kommerzieller Hefe kaum zu erreichen ist. Es ist ein Handwerk, das Geduld, Präzision und ein Verständnis für die Magie der Fermentation erfordert. Die Belohnung ist ein Brot, das nicht nur unglaublich gut schmeckt, sondern auch gesünder und länger haltbar ist.
Was ist Sauerteig und warum ist er so besonders?
Sauerteig ist ein natürliches Triebmittel, das aus einer Symbiose von wilden Hefepilzen und Milchsäurebakterien besteht, die im Zusammenspiel mit Mehl und Wasser kultiviert werden. Im Gegensatz zu industrieller Hefe, die für eine schnelle und einheitliche Teiglockerung sorgt, ist der Prozess mit Sauerteig langsamer und komplexer. Doch genau hierin liegt seine Stärke.
Die Vorteile des Sauerteigs
- Geschmacksvielfalt: Durch die lange Fermentation entstehen über 300 Aromastoffe, die dem Brot eine tiefe, komplexe und leicht säuerliche Note verleihen, die bei Hefebrot nicht annähernd erreicht wird.
- Gesundheitliche Vorteile: Die Milchsäurebakterien bauen Phytinsäuren im Getreide ab. Diese Säuren können die Aufnahme wichtiger Mineralstoffe wie Eisen, Zink und Magnesium beeinträchtigen. Sauerteig macht das Brot somit leichter verdaulich und erhöht die Bioverfügbarkeit von Nährstoffen.
- Längere Haltbarkeit: Die in Sauerteig enthaltene Milchsäure wirkt konservierend und hemmt das Wachstum von Schimmelpilzen, wodurch Brot länger frisch bleibt.
- Optimale Teigstruktur: Sauerteig sorgt für eine feinere, gleichmäßigere Krume und eine bessere Struktur des Brotes.
Ein rustikales Sauerteigbrot, das gerade angeschnitten wird und eine saftige Krume offenbart.
Die Vorstellung, einen eigenen Sauerteig-Starter zu züchten, mag abschreckend wirken, da sie Verantwortung und Pflege erfordert. Doch wer einmal den Duft von frisch gebackenem Sauerteigbrot in der Nase hat und in die knusprige Krume beißt, wird wissen, dass sich die Mühe lohnt. Es ist ein Gefühl, etwas Einzigartiges und Kreatives geschaffen zu haben, das weit über das bloße Backen von Brot hinausgeht.
Den eigenen Sauerteig-Starter züchten: Der erste Schritt zum Brotglück
Die Zucht eines eigenen Sauerteig-Starters ist der Grundstein für das Backen mit Sauerteig. Es ist ein Prozess, der ein wenig Geduld erfordert, aber im Grunde genommen sehr einfach ist.
Die Wahl des richtigen Mehls
Für den Anfang empfiehlt es sich, Roggenvollkornmehl zu verwenden, da dieses besonders reich an natürlichen Hefekulturen und Milchsäurebakterien ist, die für die Fermentation notwendig sind. Für das spätere Backen des Brotes kann dann auch feiner gemahlenes Mehl, wie Roggenmehl Type 1150, genutzt werden.
Der Züchtungsprozess
- Tag 1: Mischen Sie in einem sauberen Glas 3 Esslöffel Roggenvollkornmehl mit etwa 3 Esslöffeln lauwarmem Wasser (ca. 27°C). Die Konsistenz sollte teigartig sein und leicht vom Löffel rinnen. Falls nötig, passen Sie die Menge von Mehl oder Wasser an. Das Glas sollte nur locker abgedeckt werden, um Luftaustausch zu ermöglichen. Stellen Sie es an einen warmen, dunklen Ort.
- Tag 2-3: Füttern Sie den Starter erneut mit 3 Esslöffeln Mehl und 3 Esslöffeln Wasser. Achten Sie auf erste kleine Bläschen und einen angenehm säuerlichen Geruch.
- Tag 4-5: Erhöhen Sie die Mengen beim Füttern auf 100g Mehl und 100ml Wasser. Der Starter sollte nun sichtbar aufgehen und einen intensiveren, aber immer noch angenehmen Geruch aufweisen, der an Hefe und eine leichte Säure erinnert. Wenn der Geruch unangenehm säuerlich oder vergoren ist, ist es ratsam, neu zu beginnen.
Wenn Ihr Starter kräftig aufgeht und angenehm riecht, haben Sie erfolgreich Ihren ersten Sauerteig-Starter gezüchtet! Es ist üblich, ihm einen Namen zu geben, um die Verbindung zu ihm zu stärken.
Das Sauerteigbrot backen: Ein einfaches Roggenbrot-Rezept
Roggenbrot lässt sich aufgrund seiner Säureempfindlichkeit am besten mit Sauerteig backen. Hier ist ein einfaches Rezept für ein reines Roggenbrot mit Sauerteig, das die Basis für viele weitere Kreationen bildet. Dieses Rezept ist inspiriert von traditionellen Backmethoden und bietet ein authentisches Geschmackserlebnis.
Zutaten:
- 200 g Sauerteig-Starter (Roggen)
- 600 ml lauwarmes Wasser (ca. 27°C)
- 1 kg Roggenmehl (Type 1150 empfohlen für den Anfang)
- 20 g Salz
Zubereitung:
- Rühren Sie den Sauerteig-Starter vorsichtig in das Wasser ein. Geben Sie dann das Mehl und das Salz hinzu und vermischen Sie alles gut. Bei reinen Roggenteigen ist intensives Kneten nicht notwendig.
- Lassen Sie den Teig abgedeckt an einem warmen Ort für etwa 4 Stunden ruhen, bis sich sein Volumen sichtbar vergrößert hat.
Backen im Gusseisentopf oder auf dem Pizzastein
- Teilen Sie den Teig in zwei Hälften und formen Sie daraus auf einer gut bemehlten Arbeitsfläche Laibe. Geben Sie diese in gut bemehlte Gärkörbe und lassen Sie sie abgedeckt für weitere 20 Minuten ruhen.
- Heizen Sie Ihren Backofen auf 240°C Ober-/Unterhitze vor, idealerweise mit einem vorgeheizten Gusseisentopf oder Pizzastein. Wenn Sie auf einem Stein backen, stellen Sie eine feuerfeste Schüssel mit Wasser auf den Ofenboden, um Dampf zu erzeugen.
- Stürzen Sie die Brote aus den Gärkörben in den heißen Gusseisentopf (mit Deckel) oder auf den Pizzastein. Backen Sie die Brote für 30 Minuten bei 240°C. Reduzieren Sie dann die Hitze auf 150°C, nehmen Sie den Deckel ab (falls verwendet) und backen Sie die Brote für weitere 30 Minuten fertig.
- Das Brot ist fertig, wenn es beim Klopfen auf die Unterseite hohl klingt. Andernfalls verlängern Sie die Backzeit um weitere 10 Minuten.
- Lassen Sie die Brote vor dem Anschneiden vollständig auskühlen.
Backen in der Kastenform
- Formen Sie die Teiglinge zu Laiben und legen Sie diese in mit Backpapier ausgelegte Kastenformen. Lassen Sie sie abgedeckt für 20 Minuten ruhen.
- Backen Sie die Brote für 30 Minuten bei 240°C, reduzieren Sie dann die Hitze auf 150°C und backen Sie sie weitere 30 Minuten fertig.
- Prüfen Sie auf Hohlheit durch Klopfen auf die Unterseite. Lassen Sie die Brote vollständig auskühlen.
Ein frisch gebackenes Sauerteigbrot liegt auf einem Holzbrett, bereit zum Anschneiden.
Tipp: Die Zubereitung im Gusseisentopf liefert oft die besten Ergebnisse, da er die Wärme gut speichert und ein backofenähnliches Klima schafft. Das selbstgebackene Sauerteigbrot hält sich in einem Leinentuch oder Brotkorb verpackt bis zu zwei Wochen und schmeckt am besten ein bis zwei Tage nach dem Backen. Seien Sie vorsichtig bei der Wahl des Mehls. Die Verwendung von reinem Roggenvollkornmehl kann herausfordernd sein und erfordert einen sehr aktiven Sauerteig. Beginnen Sie am besten mit Type 1150 und experimentieren Sie später mit Mischungen.
Den Sauerteig-Starter pflegen und lagern
Nachdem Sie Ihr Brot gebacken haben, bleiben meist noch etwa 2 Esslöffel Ihres Sauerteig-Starters übrig. Dieser muss in der Anfangszeit täglich gefüttert werden, um ihn aktiv und stark zu halten.
Langfristige Pflege
Füttern Sie Ihren Starter täglich mit 2-3 Esslöffeln Mehl und Wasser. Mit der Zeit wird er stabiler und es reicht aus, ihn etwa einmal pro Woche zu füttern. Feiner gemahlenes Mehl eignet sich für die regelmäßige Fütterung, während Vollkornmehl als gelegentliche Belohnung dienen kann.
Wenn Sie zu viel Starter angesammelt haben und nicht jeden Tag Brot backen möchten, können Sie den Überschuss verwenden, um herzhafte Sauerteig-Pancakes zuzubereiten oder ihn an Freunde weiterzugeben.
Eine Nahaufnahme von Sauerteig-Pancakes mit Pilzen auf einem Teller.
Lagerung
- Kurzfristig (Kühlschrank): Für das Backen alle 7-14 Tage lagern Sie den gut verschlossenen Starter im Gemüsefach des Kühlschranks. Füttern Sie ihn einmal wöchentlich. Am Vortag des Backens nehmen Sie ihn heraus, füttern ihn und lassen ihn 24 Stunden akklimatisieren.
- Mittelfristig (Gefrierfach): Wenn Sie weniger regelmäßig backen, können Sie den gut verschlossenen Starter einfrieren. Die Fermentation wird gestoppt und er kann monatelang überleben. Zum Auftauen lassen Sie ihn schonend im Kühlschrank auftauen und verfahren dann wie bei der Kühlschranklagerung.
- Langfristig (Trocknen): Für die Ewigkeit können Sie Ihren Starter trocknen. Streichen Sie dünne Schichten auf Backpapier, lassen Sie sie trocknen und zermahlen Sie sie dann. Luftdicht verpackt ist er eine sichere Reserve für Notfälle oder Reisen. Zum “Reanimieren” wird der getrocknete Starter mit Mehl und Wasser angerührt.
Mit diesen Techniken stellen Sie sicher, dass Ihr Sauerteig-Starter immer bereit ist, wenn die Lust auf ein selbstgebackenes Sauerteigbrot aufkommt.
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Über den Autor: Jörg, die nerdige Hälfte von Eat this!, liebt aufwendige Kochprojekte und ist oft für die ausführlichen Rezepte auf dem Blog verantwortlich. Seine Leidenschaft gilt scharfen Chilis, guten Messern und dem Radfahren zu Metal-Musik.
