Lange Zeit haftete Sauerkraut hierzulande ein verstaubtes Image an, doch wie viele andere fermentierte Lebensmittel erlebt es nun eine echte Renaissance. Es wird oft als „Nährstoffbombe“ gefeiert, die insbesondere positive Effekte auf den Darm haben soll. Aber ist Sauerkrautsaft wirklich so gesund, wie sein Ruf verspricht, und welche Rolle spielt er im Kontext einer ausgewogenen Ernährung? Wir tauchen tief in die Welt dieses sauren Power-Getränks ein und beleuchten seine wahren Vorzüge.
Sauerkraut, das traditionelle deutsche Gericht aus fermentiertem Weißkohl, ist seit Jahrhunderten für seine gesundheitlichen Vorteile bekannt. Die Milchsäuregärung macht den Kohl nicht nur länger haltbar, sondern reichert ihn auch mit wertvollen Nährstoffen an. Dieser Prozess ist es, der sowohl Sauerkraut als auch seinen Saft zu einem interessanten Superfood für die Darmgesundheit macht. Der Fokus dieses Artikels liegt auf der Frage, ob Sauerkrautsaft Gesund ist und wie er sich im Vergleich zum festen Kraut schlägt.
Ist Sauerkraut wirklich so gesund?
Sauerkraut birgt eine Fülle an gesunden Inhaltsstoffen, darunter essenzielle Vitamine wie Vitamin C und Vitamin K, sowie Folsäure, Kalzium, Kalium und Eisen. Das betont Karin Michels, Professorin für Tumorepidemiologie an der Universität Freiburg und weltweit renommierte Expertin für den Zusammenhang zwischen Ernährung und Erkrankungen.
Besonders hervorzuheben sind die enthaltenen Ballaststoffe und Milchsäurebakterien. Diese Komponenten wirken sich außerordentlich positiv auf die Darmflora aus und können das Immunsystem merklich stärken. Die Milchsäurebakterien sind natürlicherweise auf den Blättern des Weiß- und Spitzkohls vorhanden, vermehren sich jedoch erst durch den Fermentationsprozess in Salzlake signifikant.
Auch pasteurisiertes Sauerkraut ist gut für den Darm
Frisches Sauerkraut ist zweifellos sehr gesund. Doch behalten auch die fertigen Produkte aus der Dose oder dem Glas ihre wertvollen Nährstoffe? Professorin Karin Michels erklärt, dass dies davon abhängt, ob das Produkt erhitzt, also pasteurisiert wurde. Die Pasteurisierung dient dazu, Industrieprodukte länger haltbar zu machen. Dieser Prozess führt jedoch oft zum Verlust eines Großteils der hitzeempfindlichen Vitamine, insbesondere Vitamin C, und tötet die nützlichen Milchsäurebakterien ab.
Dennoch ist pasteurisiertes Sauerkraut nicht „wertlos“. Michels geht davon aus, dass zwar die lebenden Milchsäurebakterien verloren gehen, nicht aber deren metabolische Stoffwechselprodukte. Eine neue Studie unter ihrer Leitung weist darauf hin, dass diese kurzkettigen Fettsäuren (SCFA), englisch “short chain fatty acids”, sehr wichtig für das Immunsystem sind und es deutlich stärken können. Somit kann auch pasteurisiertes Sauerkraut noch positive Effekte auf den Darm haben, selbst ohne die lebenden Bakterien.
Frisches Sauerkraut zur Förderung einer gesunden Darmflora
Rohes Sauerkraut – der gesündeste Genuss
Wer die volle Bandbreite der gesunden Inhaltsstoffe des Sauerkrauts nutzen möchte, sollte zu nicht pasteurisiertem Kraut greifen. Professorin Karin Michels empfiehlt, auf Wochenmärkten danach Ausschau zu halten, wo frisches Sauerkraut besonders im Winter angeboten wird. Zuhause sollte es nur kurz erhitzt werden, um möglichst viele Nährstoffe zu erhalten. Am besten ist es jedoch, das Kraut roh zu verzehren. Die Ernährungsexpertin gibt den Tipp, es in vielfältigen leckeren Rezepten zu verwenden, beispielsweise mit Ananas und Walnüssen.
Sauerkrautsaft gesund: Was steckt wirklich drin?
Sauerkrautsaft ist ein Nebenprodukt der Sauerkrautherstellung. Er enthält grundsätzlich ähnliche gesunde Nährstoffe wie das Kraut selbst, jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: Im Saft sind keine Ballaststoffe mehr enthalten. Ballaststoffe sind aber eine wichtige Nahrungsgrundlage für die guten Bakterien im Darm, wie Karin Michels erläutert.
Die Hochschulprofessorin weist zudem darauf hin, dass die meisten handelsüblichen Sauerkrautsäfte, ähnlich wie Sauerkraut, pasteurisiert sind. Dies reduziert den Vitamingehalt und eliminiert die Milchsäurebakterien. Nichtsdestotrotz sind laut Michels die wertvollen Stoffwechselprodukte der Bakterien (SCFA) auch im Saft noch vorhanden. Daher kann man auch mit Sauerkrautsaft einen positiven Beitrag zur Darmgesundheit leisten – vorausgesetzt, man mag den säuerlichen Geschmack.
Sauerkrautsaft bringt die Verdauung in Schwung
Neben seinen darmfördernden Eigenschaften bietet Sauerkrautsaft einen weiteren bemerkenswerten Vorteil: Er ist besonders hilfreich für Menschen, die unter Darmträgheit leiden, da er eine leicht abführende Wirkung besitzt. Ein Glas Sauerkrautsaft am Morgen kann die Verdauung sanft anregen und wieder „in Schwung“ bringen.
Aufgrund dieser verdauungsfördernden Wirkung wird Sauerkrautsaft oft im Rahmen von Fastenkuren empfohlen. Karin Michels, Präventionsexpertin, bestätigt, dass Sauerkrautsaft eine sinnvolle Ergänzung für Menschen sein kann, die eine solche Kur durchführen möchten. Für Betroffene von Sodbrennen Hausmittel könnten natürliche Ansätze zur Linderung ebenfalls interessant sein, und eine gesunde Verdauung ist hierbei ein wichtiger Faktor.
Wer sollte lieber keinen Sauerkrautsaft trinken?
Es ist wichtig zu beachten, dass Sauerkrautsaft – und Sauerkraut im Allgemeinen – für manche Menschen nicht gut verträglich sein kann. Dies trifft insbesondere auf Personen mit einer Histamin-Intoleranz zu. Da der Botenstoff Histamin unter anderem durch Fermentationsprozesse entsteht, ist er in Sauerkraut und dessen Saft reichlich vorhanden.
Vorsicht geboten ist auch bei Personen mit Reizdarm und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Diese leiden in der Regel ohnehin schon an Durchfällen und Blähungen, und Sauerkraut sowie Sauerkrautsaft könnten diese Beschwerden potenziell verschlimmern, wie die Ernährungsepidemiologin anmerkt. Wer den Saft dennoch probieren möchte, sollte generell langsam und in kleinen Mengen beginnen, um die individuelle Verträglichkeit zu testen.
Sauerkraut und Sauerkrautsaft – Unterstützung für eine gesunde Darmflora
Es steht fest: Sowohl Sauerkraut als auch Sauerkrautsaft können laut Professorin Karin Michels dazu beitragen, eine gesunde Darmflora aufzubauen. Insbesondere Menschen mit einer gestörten Darmflora und einem geschwächten Immunsystem können von den positiven Effekten auf den Darm profitieren. Wann genau sich eine Veränderung einstellt und spürbar wird, lässt sich jedoch nicht pauschal sagen, da dies sehr individuell ist und jeder Körper anders reagiert.
Interessanterweise zeigte eine neue Studie von Michels mit 87 gesunden Probanden, die über vier Wochen teils rohes, teils pasteurisiertes Sauerkraut aßen, dass bei bereits gesunden Personen die Darmflora nicht weiter gestärkt werden konnte. Das Darmmikrobiom blieb weitgehend unverändert, was darauf hindeutet, dass eine gesunde Darmflora sehr stabil ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sauerkrautsaft gesund ist und ein wertvoller Beitrag zu einer ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Darmflora sein kann, insbesondere durch seine Stoffwechselprodukte und verdauungsfördernden Eigenschaften. Beachten Sie jedoch stets Ihre individuelle Verträglichkeit und konsultieren Sie bei gesundheitlichen Bedenken Ihren Arzt oder Apotheker. Starten Sie achtsam und genießen Sie die Vorteile dieses traditionellen Getränks!
