Das P11-4 Peptid: Ein Durchbruch in der dentalen Remineralisierung

Wirkmechanismus von P11-4 bei Zahnkaries: Bildung neuer Hydroxylapatitkristalle innerhalb des Gerüsts.

Die Forschung zur Prävention von Zahnkaries hat neue Wege jenseits der traditionellen Fluoridtherapie eröffnet, was die Entwicklung innovativer präventiver Substanzen notwendig macht. Eine vielversprechende Entwicklung in diesem Bereich ist das selbstorganisierende Peptid P11-4, das sich als Schlüsselakteur in der biomimetischen Remineralisierung von Zahnhartgeweben etabliert hat. Dieser Übersichtsartikel beleuchtet aktuelle und bedeutende Studien zum P11-4 Peptid, mit einem Fokus auf seine vielfältigen Anwendungen bei verschiedenen Zahnhartgewebeerkrankungen und seinem Potenzial, die zahnmedizinische Versorgung zu revolutionieren. Das P11-4 Peptid diffundiert in suboberflächliche Läsionen, wo es sich zu Aggregaten zusammenfügt und die Nukleation von De-novo-Hydroxylapatit-Nanokristallen unterstützt, was zu einer erhöhten Mineraldichte führt. [cite:Abstract]

1. Einführung in die Zahnmineralisierung und Karies

Der Zahnschmelz ist die härteste mineralisierte Struktur des menschlichen Körpers, bestehend aus organischen und anorganischen Komponenten, hauptsächlich Hydroxylapatitkristallen, die Kalziumphosphatsalze sind. Zahnkaries führt zu einem fokalen Zerfall dieser mineralisierten Gewebe, bedingt durch wiederholte Zyklen von Demineralisierung und Remineralisierung, die entweder reversibel oder irreversibel sein können. Frühe Kariesläsionen, bekannt als White Spot Läsionen (WSLs), zeigen eine Demineralisierung und erscheinen aufgrund der zugrunde liegenden Porositäten milchig. Demineralisierung und Remineralisierung sind natürliche Prozesse im Mundraum, wobei Säuren aus Nahrung, Getränken und Plaquebakterien den Zahnschmelz auflösen. Der Speichel trägt durch seinen Puffereffekt zur Remineralisierung bei, indem er Kalzium- und Phosphationen zur Präzipitation auf der Zahnoberfläche ermöglicht und neues Material bildet. WSLs sind oft ein frühes Anzeichen der Kariesprogression.

Im Gegensatz zur traditionellen invasiven Behandlung, die beschädigtes Gewebe durch Fremdmaterial ersetzt, fordern neuere Ansätze wie Remineralisierung und Regeneration biologischer Gewebe minimalinvasive Therapien, die auf Läsionskontrolle statt Gewebeentfernung abzielen. Bei demineralisierten WSLs ist das primäre Ziel die nicht-invasive Remineralisierung. Die topische Fluoridanwendung ist seit Jahren eine gängige Methode, um die Schmelzdemineralisierung zu verhindern und die Remineralisierung zu beschleunigen. Neuere Innovationen umfassen die Verwendung bioaktiver Materialien wie Casein-Phosphopeptid-Amorphes Kalziumphosphat (CPP-ACP). Selbstorganisierende Peptide, zuerst 1989 entdeckt, finden seitdem Anwendung in verschiedenen Bereichen, von grenzflächenaktiven Materialien bis zur Wundheilung.

Das P11-4 Peptid, ein rational entwickeltes synthetisches Peptid aus 11 Aminosäuren, unterliegt einer hierarchischen Selbstorganisation zu β-Faltblatt-Bändern und Fasern. Bei niedrigem pH-Wert nimmt es eine antiparallele β-Faltblatt-Konformation an und selbstorganisiert sich unter physiologischen Bedingungen konzentrationsabhängig. Eine biomimetische Strategie nutzt die Rolle selbstorganisierender Peptide bei der Schmelzremineralisierung, um den natürlichen Prozess der Schmelzmineralisierung nachzuahmen. Das P11-4 Peptid interagiert auch mit organischen Dentinkomponenten, verbessert die Integrität der Hybridisierungsschicht und erhöht die Kollagenfaserresistenz gegen Proteolyse.

2. Selbstorganisierendes P11-4 Peptid: Mechanismus und Struktur

Proteine und Peptide sind vielseitige Biomaterialien, deren Bausteine Aminosäuren sind. Die kontrollierte Interaktion benachbarter Peptide kann zur Selbstorganisation in verschiedene Strukturen führen, ein Prozess, der als molekulare Selbstorganisation bezeichnet wird. Spezifische Peptidsorten, wie α-helicale, β-Faltblatt-, amphiphile, zyklische Peptide und Dipeptide, können sich selbstorganisieren. Vorteile dieser peptidbasierten selbstorganisierten Strukturen sind eine geringere Häufigkeit von Nebenwirkungen und eine stabile Wirkstofffreisetzung. Die Selbstorganisation kann zur Bildung von Nanostrukturen wie Nanofasern, Nanoröhrchen und Nanovesikeln führen. Diese selbstorganisierten Nanostrukturen werden in der regenerativen Medizin als Gerüste, in der 3D-Gewebszellkultur und in Medikamentenabgabesystemen eingesetzt.

Das selbstorganisierende Peptid P11-4 ist eine vielversprechende biomimetische Alternative für die Schmelzremineralisierung. Die P11-Peptidgruppe führt eine eindimensionale, hierarchische Selbstorganisation durch, wenn die Konzentration des Peptidmonomers die kritische Monomerkonzentration (C*) erreicht. Innerhalb von Sekunden bilden sich mikrometerlange β-Faltblatt-Nanobänder und -bänder, die sich dann innerhalb der nächsten 24 Stunden zu Fibrillen und Kante-an-Kante-Fasern zusammenfügen. Glutaminreste am Kettenende verstärken hydrophobe Wechselwirkungen und Wasserstoffbrückenbindungen. Arginin in der chemischen Struktur führt zu einer positiven Nettoladung, die die Bildung antiparalleler β-Faltblätter ermöglicht. Die ionische Wechselwirkung zwischen negativ geladenen Glutaminsäuren und positiv geladenem Arginin führt zur Selbstorganisation von P11-4.

P11-4 weist vier negativ geladene Glu-Reste auf, die als Ca2+-Bindungsstellen dienen können, wenn sie zu Fasern zusammengefügt werden. Der Abstand zwischen diesen Stellen ist mit 9,4 Å ähnlich der Position von säulenförmigen Ca2+-Ionen im HAP-Kristallgitter. Dies ermöglicht es dem anionischen Peptid, als niedrigviskose, injizierbare Monomerlösung demineralisierten Zahnschmelz zu infiltrieren und bei pH-Werten unter 8,0 schnell zu gelieren. Das frisch gebildete dreidimensionale Gerüst interagiert stark mit der Zahnoberfläche und kann als Vorlage für die HAP-Nukleation und -ablagerung innerhalb der Läsion dienen, wodurch die Rolle der Schmelzmatrixproteine nachgeahmt wird.

3. Die wissenschaftliche Begründung für den Einsatz von P11-4

In den meisten Fällen führt unbehandelte oder unzureichend behandelte beginnende Karies zur Bildung einer Kavität im Zahn, die invasiv behandelt werden muss. Eine Füllung kann etwa 10 bis 15 Jahre halten, danach wird routinemäßig eine umfangreichere Füllung platziert, was häufig zum Zahnverlust führt. Fluorid ist der Hauptgrund für die Reduzierung von Karies aufgrund seines kariostatischen Potenzials, doch es beseitigt Karies nicht vollständig und führt nicht zu einer tiefgehenden Mineralisierung. Dies erfordert eine Therapie zur Regeneration eines Mineralmangels im Zahnschmelz aufgrund einer Kariesläsion. Dieses Konzept wird als “Guided Enamel Remineralisation” (GER) bezeichnet. Auch Dentin hat das Potenzial für eine solche biomimetische Remineralisierung. Das P11-4 Peptid bietet hier einen vielversprechenden Weg, die natürlichen Regenerationsprozesse des Zahnes zu unterstützen und invasive Eingriffe zu minimieren.

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4. Anwendungsmethode des P11-4 Peptids

Die Anwendung des P11-4 Peptids erfordert zunächst die Entfernung der oberflächlichen Pellikel, beispielsweise mittels 2%igem Natriumhypochlorit, gefolgt von einer 20-sekündigen Applikation von 35%iger Phosphorsäure. Nach der Reinigung und Trocknung der Zähne muss die Oberfläche auf das Vorhandensein offener Poren geprüft werden. Dies ist entscheidend, damit das Material in die Läsion eindringen und den Prozess initiieren kann. Fluoride und andere remineralisierungsfördernde Chemikalien können diesen Prozess unterstützen. Eine Fluoridierung mit Produkten, die mehr als 5000 ppm Fluorid enthalten, sollte jedoch nicht unmittelbar nach der Peptidanwendung erfolgen. Da der Remineralisierungsprozess zeitabhängig ist, kann es notwendig sein, das Peptid über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten mehrmals zu applizieren, um den vollen Nutzen zu erzielen. Eine Studie von Brunton zeigte jedoch, dass eine einmalige Anwendung zu einer signifikanten Schmelzregeneration führen kann, vermutlich durch die Förderung der Mineralablagerung im suboberflächlichen Gewebe.

5. Wirkmechanismus des P11-4 Peptids

Der Wirkmechanismus des P11-4 Peptids, auch Oligopeptid 104 genannt, wurde von Aggeli et al. beschrieben. Seine chemische Struktur (Ace-Gln-Gln-Arg-Phe-Glu-Trp-Glu-Phe-Glu-Gln-Gln-NH2) besteht aus fünf Aminosäuren: Arginin, Tryptophan, Phenylalanin, Glutamin und Glutaminsäure. Das 11 Aminosäuren umfassende Peptid P11-2 wurde modifiziert, um die Selbstorganisation von Peptiden als Reaktion auf pH-Änderungen zu ermöglichen. Die Glutaminreste des Peptids P11-2 sind in einer spezifischen Reihenfolge angeordnet. Diese Reste haben Seitenketten, die interagieren und die Bildung von β-Faltblattstrukturen verursachen. Durch den Austausch von Glutaminsäureresten an den Positionen 5 und 7 durch Glutaminreste wurde das Peptid P11-4 dazu gebracht, bei hohem pH-Wert monomer zu bleiben und bei niedrigem pH-Wert in ein nematisches Gel überzugehen.

Bereits 2006 beschrieben Davies et al. die Bildung von Peptidfasern aus der β-Faltblattstruktur, die sich selbstorganisiert und Nanobänder, die einfachste Art hierarchischer Struktur, erzeugt. Diese Bänder haben aufgrund ihrer Verwindung und Biegung eine helikale Struktur. Nanoribbons entstehen, wenn Nanobänder miteinander verwickelt sind. Die Nanoribbons haben nicht die gleiche helikale Struktur wie Nanobänder, sondern eine sattelförmige Krümmung. Dies geschieht, weil die Biegung und Verwindung der Bänder reduziert werden müssen, um das Stapeln zu fördern. Das Stapeln von Nanoribbons führt zur Produktion von Nanofibrillen. Die Anzahl der Bänder, die gestapelt werden können, wird durch das Gleichgewicht zwischen der Entwindung der am Stapeln beteiligten Nanoribbons und der Zunahme der Anziehungsenergie dieser Bänder bestimmt. Ein Band mit einem kurzen Verdrillungswinkel hat eine große Steigung. Wenn die Größe der Anziehungsenergie groß genug ist, wird sich das Band vollständig entwinden, was zu Stapelung und der Produktion eines zweidimensionalen Kristalls führt. Ein Band mit signifikanten Verdrillungswinkeln und einer geringeren Anziehungsenergie wird keine Fibrillen produzieren; stattdessen wird die Gleichgewichtsstruktur in der Lösung ein Band sein. Niedrige bis moderate Verdrillungswinkel und niedrige bis mittlere Anziehungsenergie sind daher erforderlich, um separate Fibrillen zu erzeugen. Ein Kante-an-Kante-Verschränken ist mit stabilen Fibrillen möglich. Peptidfasern werden so gebildet, die als Gerüst für die De-novo-Bildung von Hydroxylapatitkristallen dienen.

Der Wirkmechanismus des P11-4 Peptids (Abbildung 1) zeigt die Bildung einer hierarchischen Selbstorganisationseinheit. Kirkham et al. beschrieben 2007 dessen Umwandlung in Nanostrukturen, wodurch unter geeigneten Umweltbedingungen ein Gerüst entsteht. Eine Kariesläsion ist durch das Vorhandensein von Kationen und einen niedrigen pH-Wert von 7,4 gekennzeichnet. Peptid P11-4 selbstorganisiert sich unter diesen Bedingungen. Durch die Selbstorganisation in einer Dimension entsteht eine β-Faltblattstruktur. Intermolekulare Wasserstoffbrückenbindungen und Wechselwirkungen zwischen Seitenketten sind an diesem Selbstorganisationsprozess beteiligt. Fan et al. beschrieben 2017 die β-Faltblattstruktur, die amphiphil ist, da sie eine Peptidsequenz mit abwechselnd hydrophoben und hydrophilen Aminosäuren aufweist. Die amphiphile Eigenschaft der β-Faltblattstruktur treibt ihre selbstorganisierende Eigenschaft an.

Wirkmechanismus von P11-4 bei Zahnkaries: Bildung neuer Hydroxylapatitkristalle innerhalb des Gerüsts.Wirkmechanismus von P11-4 bei Zahnkaries: Bildung neuer Hydroxylapatitkristalle innerhalb des Gerüsts.

Abbildung 1: Wirkmechanismus von P11-4 bei Zahnkaries. (A) Kalziumhydroxylapatitkristalle um die Läsion werden nach innen gezogen und interagieren mit Peptidmolekülen; (B) Bildung neuer Hydroxylapatitkristalle innerhalb des geschaffenen Gerüsts. [cite:Figure 1]

Bereits 2006 wurde die Wechselwirkung zwischen Peptidaggregaten beschrieben, die zur Bildung entweder einer flexiblen 3D-Struktur oder eines starreren anisotropen Gels führt. Mit zunehmender Peptidkonzentration steigt auch die Anzahl der gebildeten Aggregate und die durchschnittliche Länge der Peptide. Ab einer bestimmten Konzentration (Cgel) ist die Wechselwirkung zwischen den Aggregaten sichtbar. Übersteigt die Konzentration einer Lösung die von Cgel, spricht man von einem semi-verdünnten Zustand. Die flexibleren Bänder und Ribbons bilden eine schwammartige 3D-Struktur, die zur Gelbildung führt. Andererseits richten sich die starreren Fibrillen zu nematischen Domänen aus und verbinden sich zu einer anisotropen Gelstruktur. Diese Methode verschiebt die Flüssigkeit vom isotropen in den nematischen Zustand.

Frühere Forscher haben gezeigt, dass Peptid P11-4 eine geringe Viskosität aufweist und bei hohem pH-Wert eine isotrope Flüssigkeit ist. Es wechselt während des Selbstorganisationsprozesses in einen nematischen Gelzustand, der in einem pH-Bereich von 6,8–7,2 auftritt. Sie verwendeten rheologische Messungen, um den Übergang von nematischen zu isotropen Flüssigkeiten zu untersuchen. Ihren Erkenntnissen zufolge bleibt das selbstorganisierende Peptid P11-4 bei höheren pH-Werten monomer und zeigt Newtonsches Verhalten. Es zeigte ein intermittierendes Verhalten zwischen isotroper Flüssigkeit und nematischem Gel im pH-Bereich von 6,9 bis 7,3, der als biphasische Region bekannt ist. Die Viskosität fällt bei pH 6,6 ab, und es wandelt sich in einen nematischen Zustand mit viskoelastischen Fluideigenschaften um; bei pH 2 wandelt es sich in ein nematisches Gel mit geringer Fließgrenze um. Zwischen pH 2,0 und pH 13,0 existiert das selbstorganisierende Peptid in vier verschiedenen Zuständen. Sie konnten auch einen sofortigen Übergang zwischen der nematischen Gelphase und der isotropen Fluidphase durch geeignete Zugabe einer Säure oder Base erzeugen. Nach vier „pH-Sprüngen“ flockte das Gel jedoch aufgrund erhöhter Ionenstärke aus.

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Wierichs et al. erörterten 2017 die Nachteile der selbstorganisierenden Peptidtechnik. Sie kamen zu dem Schluss, dass die nematische Form eines selbstorganisierenden Peptids in oralen Umgebungsbedingungen, wo der pH-Wert aufgrund alternierender Demineralisierungs- und Remineralisierungszyklen schwankt, zur Flockung neigt. Dieser geflockte Zustand des selbstorganisierenden Peptids ist relativ inert und kann den Remineralisierungsprozess behindern. Ferner stellten sie fest, dass während des Remineralisierungsprozesses die Einlagerung dieser Flockulate in den Zahnschmelz die Diffusion von Kalzium-, Phosphat- und Fluoridionen zur Schmelzoberfläche beeinflusst. Infolgedessen ist in späteren Phasen der Demineralisierung die Verfügbarkeit von Fluoridionen reduziert.

6. Bewertung der Wirksamkeit des P11-4 Peptids

Die klinische In-vivo-Bewertung einer erfolgreichen Behandlung mit dem P11-4 Peptid erfolgt mittels verschiedener Methoden. Welk et al. nutzten Impedanzmessungen mit CarieScan Pro und morphometrische Messungen (in mm²) der Läsion. Auch die taktile Empfindung mittels Zahnspiegel und Sonde sowie DIAGNOdent wurden von einigen Autoren verwendet. Das International Caries Detection and Assessment System (ICDAS) II diente zur Bewertung der qualitativen Verbesserung der Remineralisierung.

In-vitro-Studien zum P11-4 Peptid wurden mittels Rasterelektronenmikroskopie (SEM), Rasterkraftmikroskopie (AFM) mit Mikroindentation, DIAGNOdent, Mikro-CT, Infrarot (IR)-Spektroskopie und Zirkulardichroismus (CD) bewertet. AFM-basierte Nanoindentation ist ein wertvolles Werkzeug zur hochpräzisen Untersuchung der Demineralisierung und Remineralisierung oberflächenerweichten Zahnschmelzes. Soares et al. beschrieben 2017 die Schmelzremineralisierung durch das P11-4 Peptid mittels SEM, wie in Abbildung 2 dargestellt.

Rasterelektronenmikroskopische Bilder: A) Normale Schmelzoberfläche; B) Demineralisierter Schmelz; C) Mit P11-4 behandelter Schmelz nach Demineralisierung.Rasterelektronenmikroskopische Bilder: A) Normale Schmelzoberfläche; B) Demineralisierter Schmelz; C) Mit P11-4 behandelter Schmelz nach Demineralisierung.

Abbildung 2: Rasterelektronenmikroskopische Bilder. (A) Normale Schmelzoberfläche; (B) Demineralisierter Schmelz; (C) Mit P11-4 behandelte Schmelzoberfläche nach Demineralisierung (Reproduziert mit Genehmigung).

Die strukturelle Ähnlichkeit zwischen gesundem Zahnschmelz und mit P11-4 behandeltem Zahnschmelz deutet auf eine biomimetische Remineralisierung durch die Nukleation von HA-Kristallen hin. Soares et al. berichteten zudem über höhere mittlere Oberflächenhärtewerte im Vergleich zu Casein-Phosphopeptid-Amorphem Kalziumphosphat-Fluorid (CPP ACPF), Bioactive Glass (BAG) und Fluorid-angereichertem Hydroxylapatit (HA)-Gel. Ähnliche Ergebnisse wurden von Jablonski et al. im Jahr 2014 berichtet.

7. Anwendungen des P11-4 Peptids bei Zahnhartgewebeerkrankungen

Das P11-4 Peptid zeigt ein breites Spektrum an potenziellen Anwendungen in der Zahnmedizin, insbesondere bei der Behandlung von Zahnhartgewebeerkrankungen, die von Karies bis hin zu hypersensiblen Zuständen reichen. Die Fähigkeit des Peptids zur Selbstorganisation und zur Förderung der Hydroxylapatit-Nukleation macht es zu einem vielversprechenden Werkzeug für regenerative Ansätze.

7.1. Remineralisierung früher Schmelzkaries

Brunton et al. stellten 2013 fest, dass bei der Anwendung des monomeren Peptids P11-4 dieses aufgrund seiner geringen Viskosität in die Porositäten einer White Spot Läsion (WSL) des Zahnschmelzes eindringt. Unter den Bedingungen einer kariösen Umgebung organisiert sich das Peptid selbst zu einem viskosen faserigen Gerüst. Die anionischen Gruppen im P11-4 Peptid ziehen Kalziumionen an und können Hydroxylapatitkristalle von Grund auf ausfällen. Der Nukleator zieht Ionen aus Gewebsflüssigkeiten an und organisiert sie zu einer kristallinen Struktur. Die Kristalle wachsen erst, wenn die kritischen Kerne stabilisiert wurden. Für diese Stabilisierung ist die Gerüstmatrix verantwortlich. Dieser Mechanismus ähnelt dem, was natürlich vor dem Zahndurchbruch geschieht, wenn sich die Schmelzmatrixproteine selbstorganisieren, um die Hydroxylapatitkristall-Präzipitation zu steuern.

Ex-vivo-Forschung und klinische Studien an frühen kariösen Läsionen der Klasse V haben die Wirkung von selbstorganisierenden Peptiden untersucht. Brunton et al. stellten auch fest, dass frühe glatte Schmelzläsionen von der Anwendung des selbstorganisierenden Peptids P11-4 (Curodont®) profitiert haben. Die Haupteffekte des Peptids zeigen sich innerhalb der ersten dreißig Tage der Behandlung und äußern sich in einer Reduzierung der Läsionsgröße. Ein Mangel dieser Studie ist jedoch das Fehlen einer Kontrollgruppe. Nachdem das Peptid eine neue Schmelzmatrix aufgebaut hat, werden Kalzium- und Phosphationen aus dem Speichel eingebaut, um die Zähne zu remineralisieren. Dieser Effekt wird durch regelmäßige Anwendung einer remineralisierenden Paste aufrechterhalten. Schlee et al. untersuchten 2018 die Anwendung des P11-4 Peptids bei approximierter Karies. Sie stellten fest, dass, sobald eine approximierte Kariesläsion das Dentin erreicht, das Risiko einer Kavitation dramatisch ansteigt. Ein restaurativer Eingriff bei einer solchen Läsion würde die Integrität des Zahnes beeinträchtigen. Daher ist es für einen Kliniker entscheidend, zu versuchen, die Progression einer approximierten Kariesläsion ins Dentin zu verhindern. Die Anwendung des selbstorganisierenden Peptids P11-4 hat zu einer Regression initialer approximierter Kariesläsionen geführt, wodurch die Notwendigkeit restaurativer Eingriffe verzögert oder vermieden werden konnte.

Eine kontrastierende Studie von Golland et al. an Rinderzähnen kam 2017 zu dem Schluss, dass die Anwendung des P11-4 Peptids auf demineralisiertem Rinderschmelz nicht zu einer erhöhten Fluoreszenz führte, gemessen mittels quantitativer Laserfluoreszenz, was entweder auf einen Mangel an Remineralisierung oder auf unregelmäßige Kristalle hindeutet. Zusätzlich zeigten Memarpour et al. (2021), dass mit P11-4 Peptid behandelte Milchzähne den geringsten Prozentsatz an Oberflächenschmelzmikrohärte aufwiesen. Darüber hinaus war das mittlere Kalzium/Phosphat-Gewichtsprozentverhältnis von P11-4 signifikant niedriger als bei den anderen (p < 0,001). Kürzlich berichtete eine Studie von Wahba und Kollegen über die Unfähigkeit des P11-4 Peptids, Karies in Milchzähnen zu remineralisieren. Einige Studien haben jedoch die vorteilhaften Wirkungen des P11-4 Peptids in Kombination mit Fluoridlack gegenüber der alleinigen Anwendung von Fluoridlack belegt. Ferner zeigte eine andere Studie, dass das P11-4 Peptid in Kombination mit Fluorid oder CCP-ACPF bessere Ergebnisse erzielte als bei alleiniger Anwendung.

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7.2. Kieferorthopädisch bedingte Karies

Während einer festsitzenden kieferorthopädischen Behandlung kann es zu Demineralisierungen in der Nähe von Brackets kommen. Frühe Schmelzveränderungen können fortschreiten, und WSLs können entstehen, wenn keine geeigneten Präventionsstrategien angewendet werden. Eine Metaanalyse zeigte, dass 45,8 % der Patienten während einer kieferorthopädischen Behandlung neue Kariesläsionen entwickelten. Die hohe Behandlungsnachfrage und die Prävalenz biofilmbezogener Probleme machen die kieferorthopädische Behandlung zu einem potenziellen Problem für die öffentliche Gesundheit.

Obwohl Fluorid erfolgreich Zahnkavitäten verhindert, gibt es Einschränkungen bei der Anwendung von Fluorid, wenn die Kariesläsion bereits zu einer klinisch sichtbaren WSL fortgeschritten ist und das bestmögliche Ergebnis eine Hemmung der Läsionsaktivität ist. Jablonski et al. untersuchten 2020 die Anwendung des P11-4 Peptids bei Patienten mit hohem Kariesrisiko, wie denen, die eine kieferorthopädische Behandlung erhalten. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Wirksamkeit des Fluoridlacks in Bezug auf den Mineralgewinn der einmaligen Anwendung von Fluoridlack überlegen ist. Der Vorteil besteht darin, dass die Schmelzremineralisierung verbessert wird, was bei diesen Patienten besonders wichtig ist, da Fluorid allein möglicherweise nicht ausreicht. Eine weitere Studie von Knaup et al. kam 2021 zu dem Schluss, dass die Scherkraftfestigkeit durch die Anwendung des kariesschützenden P11-4 Peptids vor dem Anbringen von Brackets nicht beeinträchtigt wurde. Folglich ist die Vorbereitung der Schmelzoberfläche mit P11-4 Peptid vor dem Einsetzen von Brackets eine praktikable Option.

7.3. Dentinkaries

Die Literatur zeigt lediglich eine Studie von de Sousa et al., die die Anwendbarkeit des selbstorganisierenden Peptids P11-4 im Dentingewebe mit organischen Bestandteilen der Dentinmatrix analysierte. Die Ergebnisse zeigten eine neue und vielversprechende Fähigkeit des selbstorganisierenden Peptids P11-4, Typ-I-Kollagen zu binden. Solche Eigenschaften erhöhten die Breite der Fibrillen und letztendlich die sofortige Widerstandsfähigkeit der Typ-I-Kollagenfasern gegenüber der Kollagenaseaktivität. Dies könnte wahrscheinlich auf die Eigenschaften von P11-4 als Kollagenbinder zurückzuführen sein, was zu einer Verstärkung der Bindungsfläche und der Hemmung der Kollagenproteolyse in der Hybridisierungsschicht führt. Rasterkraftmikroskopie von Dentinproben zeigte trockene P11-4-Hydrogele mit parallelen nanofibrillären Strukturen. Die mittlere Breite der Typ-I-Kollagenfasern erhöhte sich in Anwesenheit des P11-4 Peptids von 30 auf 330 nm.

7.4. Überempfindlichkeit des Dentins

Zwei Studien befassten sich mit der Behandlung von Hypersensibilität mittels selbstorganisierender Peptide. Dentinhypersensibilität (DH) wird weitgehend als Folge des Flüssigkeitsflusses in freiliegenden Dentintubuli auf der Zahnoberfläche angesehen. Die meisten Behandlungen zielen darauf ab, diese Tubuli zu verschließen. Um die Wirksamkeit des selbstorganisierenden Peptids P11-4 bei der Behandlung von Dentinhypersensibilität zu bestimmen, wurden viele randomisierte klinische Studien durchgeführt. Aufgrund von Hydroxylapatit-Bindungsstellen hat das selbstorganisierende Peptid P11-4 eine hohe Affinität zur Dentinoberfläche. Infolgedessen binden elektrostatische Wechselwirkungen die Matrix an den Zahn, wodurch die Dentintubuli verschlossen und die Dentinhypersensibilität reduziert wird. Eine weitere In-vitro-Studie untersuchte die Fähigkeit eines neuartigen selbstorganisierenden Peptidmatrixgels mit Kalziumphosphat, Dentintubuli im Vergleich zu ausgewählten desensibilisierenden Zahnpasten wirksam zu verschließen. Die Fähigkeit des desensibilisierenden Gels und der Zahnpasten, die Dentintubuli zu verschließen, wurde vor und nach dem Zähneputzen mittels Rasterelektronenmikroskopie (SEM) an sowohl geätzten als auch frakturierten Dentinoberflächen bewertet und verglichen. Das selbstorganisierende Peptidmatrixgel zeigte eine signifikant stärkere Reduktion der Anzahl offener Tubuli im Vergleich zu den anderen desensibilisierenden Zahnpasten. Reduktionen bei den hydraulischen Leitfähigkeitsmessungen wurden mit 55,1 (± 12,5 %) beobachtet.

7.5. Zahnschmelzerosion

Frühe Hinweise auf die Ursachen von Zahnschmelzerosion gehen auf Geddes im Jahr 1975 zurück, der einen erhöhten Konsum von stark sauren Erfrischungsgetränken und Fruchtsäften vorschlug. Unter dem Rasterelektronenmikroskop sind diese Erosionen als Oberflächenrauheit und Anomalien sichtbar. Der Zahnschmelz wird mit dem selbstorganisierenden Peptid P11-4 vor oder nach Exposition gegenüber solchen sauren Umgebungen geschützt. Es verlangsamt den Zerfall des Zahnschmelzes und unterstützt die Remineralisierung. Attin et al. berichteten jedoch, dass kein anti-erosiver Effekt und kein signifikanter Unterschied zur unbehandelten Kontrollgruppe festzustellen war.

8. Perspektiven und Schlussfolgerungen

Jüngste Beispiele zahlreicher erfolgreicher klinischer Studien mit dem selbstorganisierenden Peptid P11-4 zur Initiierung regenerativer Kapazitäten für Zahnhartgewebe geben einen Einblick in seine zukünftigen, weitreichenden Anwendungen. Da dieses Peptid das Potenzial für einen Durchbruch in der Zahnmedizin durch die gelenkte Schmelzremineralisierung birgt, sollte die weitere Forschung auf die Auswirkungen von selbstorganisierenden Peptiden auf die Dentinstrukturen des Zahnes ausgerichtet werden.

Es ist wichtig zu bedenken, dass die In-vitro-Remineralisierung erheblich von Veränderungen im Mundraum In-vivo abweichen kann. Daher müssen direkte Extrapolationen auf klinische Einstellungen mit Vorsicht vorgenommen werden. Zukünftige In-vivo-Kohortenstudien an behandelten Oberflächen könnten daher durchgeführt werden, um die Langzeitwirkungen der oralen Umgebung auf die klinische Langlebigkeit der behandelten Zahnoberflächen zu entschlüsseln. Es unterstreicht auch die weitere Erforschung des P11-4 Peptids in der regenerativen Therapie von menschlichen Parodontalgewebedefekten. Die Autoren schlagen zudem die Anwendung dieser Technologie zur Verbesserung der Haftfestigkeit vor kieferorthopädischen Behandlungen vor.

Der vielversprechende Effekt von P11-4 auf frühe Schmelzkaries durch gelenkte Schmelzremineralisierung ist aus früheren Studien ersichtlich. Einige Berichte haben seine vorteilhaften Wirkungen bei alleiniger Anwendung bezweifelt; es ist jedoch auch wichtig festzuhalten, dass einige Studien bessere Ergebnisse in Kombination mit anderen Mitteln als bei alleiniger Anwendung zeigten. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass die Evidenz, um eine konkrete Aussage über sein wahres klinisches Potenzial zu treffen, noch unzureichend erforscht ist.

Quellen:
Die Referenzen dieses Artikels basieren auf der ursprünglichen wissenschaftlichen Veröffentlichung. Für eine detaillierte Liste der Quellen verweisen wir auf die entsprechende Primärliteratur.