In der reichen und vielfältigen deutschen Esskultur nimmt Brot einen Ehrenplatz ein, weit über die Rolle eines einfachen Sättigungsbeilags hinaus. Es ist ein Symbol für Handwerkskunst, Tradition und Genuss. Als leidenschaftlicher Experte für deutsches Brot und kulinarische Erlebnisse bei “Shock Naue” ist es unsere Mission, Ihnen die faszinierendsten Aspekte dieser Kultur näherzubringen. Heute tauchen wir ein in die Welt des Saatenbrots, ein wahres Kraftpaket voller Geschmack und Textur. Dieses Rezept stammt ursprünglich aus der renommierten “Allgemeinen Bäckerzeitung” – eine Quelle, die uns Profis mit ihrem tiefgreifenden Wissen immer wieder inspiriert. Wir haben es speziell für die heimische Backstube angepasst, um Ihnen ein authentisches und gleichzeitig praktikables Backerlebnis zu ermöglichen.
Von der Bäckerzeitung zur heimischen Backstube: Eine anspruchsvolle Transformation
Das ursprüngliche Rezept der “Allgemeinen Bäckerzeitung” war, wie zu erwarten, für den professionellen Einsatz konzipiert. Mit Mengenangaben für 21 Brote und detaillierten Kalkulationen für Produktionskosten und Verkaufspreise, inklusive Mehrwertsteuer, war es ein Meisterwerk der Bäckerlogistik. Die Anweisungen waren dabei knapp gehalten – Profis wissen schließlich, was zu tun ist. Für den ambitionierten Hobbybäcker stellte dies jedoch eine interessante Herausforderung dar.
Die Umrechnung der Zutaten auf haushaltsübliche Mengen war der erste Schritt, der für mindestens drei Brote skaliert werden musste. Die präzisen, wenn auch knappen Anweisungen der Bäckerzeitung waren gut verständlich und ließen sich ohne größere Probleme adaptieren. Doch die Formulierung “einen Teig herstellen” ließ Spielraum für Interpretationen. Ich versuchte, den Teig zu dehnen und zu falten, was sich aufgrund seiner anfänglichen Nässe als schwierig erwies. Hier offenbarte sich der Bedarf an gezielten Anpassungen für die Heimküche. Wer schon einmal versucht hat, einfaches Brot backen mit einem sehr feuchten Teig, kennt diese Herausforderung.
Unsere Optimierungen für das perfekte Saatenbrot zu Hause
Um das Beste aus diesem professionellen Saatenbrot-Rezept für den Hausgebrauch herauszuholen, haben wir mehrere wichtige Änderungen vorgenommen, die das Backen erleichtern und das Ergebnis noch besser machen.
Das Quellstück: Mehr Mehl für eine bessere Teigstruktur
Das Originalrezept sah vor, lediglich die Leinsamen eine Stunde lang in heißem Wasser einzuweichen. Angesichts des zu feuchten Teiges beim ersten Versuch haben wir beschlossen, einen Teil des Mehls bereits in das Quellstück zu integrieren. Dies führt zu einem größeren Vorferment und ermöglicht eine bessere Wasseraufnahme durch das Mehl von Anfang an. Das Ergebnis ist ein Teig, der sich deutlich einfacher handhaben lässt und eine stabilere Struktur aufweist – ein entscheidender Faktor, um ein Bauernbrot backen oder dieses kernige Saatenbrot erfolgreich zu meistern.
Die Über-Nacht-Gare: Geschmack und Flexibilität
Ich persönlich bevorzuge es, meine Teige über Nacht im Kühlschrank ruhen zu lassen. Diese verlängerte Fermentationszeit kommt nicht nur meinem Zeitplan entgegen, sondern verbessert auch signifikant den Geschmack des Brotes. Während das Originalrezept lediglich eine längere Starterentwicklung vorsah, verleiht die kalte Langzeitführung dem Saatenbrot eine komplexere Aromatik und eine bessere Haltbarkeit.
Der Samentopping-Trick: Eischnee statt Wasser
Die Bäckerzeitung empfahl, die geformten Brote über ein feuchtes Tuch zu rollen und sie dann in die Samenmischung zu tauchen. Obwohl dies die Brote ansprechend mit Samen bedeckte, hielten diese nicht ausreichend gut und fielen während und nach dem Backen größtenteils ab. Für das nächste Mal haben wir uns entschieden, die Brote stattdessen mit Eischnee zu bestreichen. Diese Methode sorgt für eine wesentlich bessere Haftung der Samen und eine wunderschöne, gleichmäßige Kruste. Dies ist ein kleiner, aber feiner Unterschied, der das Erscheinungsbild Ihres Saatenbrots maßgeblich aufwertet und die Knusprigkeit der Samen bewahrt.
Das Rezept: Saatenbrot für anspruchsvolle Gaumen (3 Brote, ca. 600 g jeweils)
Dieses Rezept ist eine Hommage an die deutsche Backkunst und eine Einladung, selbst aktiv zu werden.
QUELLSTÜCK
- 143 g Vollkornweizenmehl
- 84 g Roggenmehl (Type 997 oder 1150)
- 299 g Wasser
- 4 g Salz
- 129 g Leinsamen
SAUERTEIG
- 21 g Roggen-Sauerteig-Anstellgut (100% Hydration)
- 214 g Roggenmehl (Type 997 oder 1150)
- 214 g lauwarmes Wasser
HAUPTTEIG
- 130 g Roggenmehl (Type 997 oder 1150)
- 143 g Weizenbrotmehl (Type 550 oder 812)
- 187 g Wasser
- 5 g Instanthefe
- 12 g Salz
- 129 g Sesam, geröstet
- 129 g Hanfsamen
- 2 g Anis, Kümmel, Fenchel und/oder Koriander (gemahlen)
- 1 Eiweiß (zum Bestreichen)
- 14 g Sesamsamen (fürs Topping)
- 14 g Hanfsamen (fürs Topping)
- 14 g Leinsamen (fürs Topping)
TAG 1:
Morgens: Alle Zutaten für das Quellstück verrühren, abdecken und bei Raumtemperatur stehen lassen. Alle Zutaten für den Sauerteig (in einem Schritt) mischen, abdecken und bei Raumtemperatur fermentieren lassen.
Abends: Alle Zutaten für den Hauptteig 1-2 Minuten auf niedriger Stufe mischen. Auf mittlerer bis niedriger Stufe 4 Minuten kneten (oder von Hand kneten). Den Teig 5 Minuten ruhen lassen. Weitere 1 Minute kneten (der Teig bleibt etwas klebrig). Den Teig in 3 Portionen teilen, in geölte Behälter geben, abdecken und über Nacht im Kühlschrank lagern.
TAG 2:
Den Teig 2 Stunden vor dem Backen aus dem Kühlschrank nehmen. Zu Kastenbroten oder freistehenden Bâtards formen. Die Brote mit Eiweiß bestreichen und dann in die Samenmischung rollen.
Die Brote in geölte Kastenformen legen (falls Kastenbrote) oder als Bâtards auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech (nicht einschneiden). Mit Sprühöl besprühen, abdecken und 45-60 Minuten gehen lassen, oder bis sie die 1,5-fache Größe erreicht haben.
Ofen auf 240ºC/465ºF vorheizen, einschließlich einer Schwadenschale. Brote in den Ofen schieben, mit 1 Tasse kochendem Wasser schwaden. Bei fallenden Temperaturen backen: 10 Minuten bei 240ºC/465ºF, 10 Minuten bei 220ºC/428ºF, dann die Brote aus den Formen nehmen und auf das Backblech legen, die Schwadenschale entfernen und weitere 10 Minuten bei 200ºC/400ºF backen, und 10 Minuten bei 180ºC/355ºF. Die Kerntemperatur sollte mindestens 93ºC/200ºF betragen.
Die Brote vor dem Anschneiden vollständig auf einem Gitterrost abkühlen lassen.
Ein überzeugendes Ergebnis und weitere Verbesserungen
Die fertig gebackenen Saatenbrote waren ein voller Erfolg. Die kräftige Kruste, reichlich mit Saaten bedeckt, verlieh ihnen ein äußerst ansprechendes Aussehen. Und der Geschmack? Meine Freundin Lynn, eine der glücklichen Empfängerinnen dieser Dreier-Backaktion, fasste es treffend zusammen: “Unser kerniges, kerniges Brot war köstlich! Wir haben es getoastet, was den Geschmack der Saaten wirklich zur Geltung brachte! Mmmmmmm!”
Rustikales Saatenbrot mit goldbrauner Kruste und reichlich Körnern auf einem Backgitter
Update: Ich habe das Rezept erneut gebacken, diesmal mit Chiasamen anstelle von Hanfsamen und als freistehende Bâtards. Die Einarbeitung von Mehl in das Quellstück hat die Handhabung des Hauptteigs erheblich verbessert. Das Bestreichen der Brote mit Eiweiß erwies sich als deutlich effektiver für das Anhaften der Samen als die Methode mit dem feuchten Tuch. Die Krume war dicht und saftig, durchzogen von den verschiedenen Samen, die bei jedem Biss für eine spannende Textur sorgten.
Dieses Saatenbrot ist nicht nur ein Gaumenschmaus, sondern auch ein Beweis dafür, wie wir bei “Shock Naue” traditionelle Rezepte aufgreifen, verfeinern und für Sie zugänglich machen. Ob Sie nun ein erfahrener Bäcker sind oder gerade erst Ihre Liebe zum Brot im Römertopf entdecken, dieses Rezept wird Sie begeistern.
Fazit: Saatenbrot – Ein Stück deutscher Backtradition für Ihr Zuhause
Das Backen von Saatenbrot nach diesem angepassten Rezept ist eine lohnende Erfahrung, die die Professionalität deutscher Bäcker mit der Gemütlichkeit der eigenen Küche verbindet. Durch gezielte Optimierungen konnten wir ein komplexes Bäckerrezept so zugänglich machen, dass es jedem gelingen kann, ein kerniges, geschmackvolles Brot zu Hause zu backen. Die Geschichte dieses Brotes, von der Profi-Anleitung bis zur persönlichen Verfeinerung, spiegelt unsere Philosophie wider: Leidenschaft für deutsche Esskultur, gepaart mit dem Wunsch, authentische Erlebnisse zu teilen. Lassen Sie sich von diesem Saatenbrot verzaubern und entdecken Sie die Freude am Brotbacken neu. Es ist mehr als nur ein Rezept – es ist ein Stück deutscher Kultur, das Sie selbst zubereiten können. Teilen Sie uns mit, wie Ihr Saatenbrot geworden ist und welche anderen deutschen Brotspezialitäten Sie lieben!
Referenzen:
- Allgemeine Bäckerzeitung – Die besten Rezepte (ISBN: 3875163354)
