Ein unerwarteter Wechsel und eine neue Ära
Als Raúl González im Jahr 2010 seine langjährige Heimat Real Madrid verließ, um sich dem FC Schalke 04 anzuschließen, blickte die Fußballwelt gespannt nach Deutschland. Nach 18 Jahren im Dienste der “Königlichen”, in denen er sich mit 323 Toren hinter Cristiano Ronaldo zur zweitbesten Tormaschine in der Vereinsgeschichte von Real Madrid aufschwang und maßgeblich die Ära der “Galácticos” prägte, suchte der Weltstar eine neue Herausforderung. Mit sechs La Liga-Titeln und drei Champions-League-Triumphen im Gepäck entschied sich der damals 33-jährige Stürmer für den Wechsel nach Gelsenkirchen. Dieser Schritt markierte nicht nur einen Wendepunkt in seiner Karriere, sondern auch einen Meilenstein für die Bundesliga und den FC Schalke 04.
Magaths Meisterstück: Überzeugung und Vision
Die Verpflichtung von Raúl war ein Coup für den damaligen Schalker Trainer Felix Magath. “Das sind großartige Neuigkeiten für den FC Schalke 04”, äußerte sich Magath enthusiastisch. “Ich freue mich, dass es uns gelungen ist, einen außergewöhnlichen Fußballer und Weltklassestürmer für die Bundesliga zu gewinnen. Er wird eine Inspiration sein. Seine Qualitäten werden uns helfen.” Die Aussicht auf die Champions League, die im heimischen Veltins-Arena ausgetragen wurde, und das unermüdliche Werben der Schalker überzeugten Raúl letztendlich. Wie Magath später in einem Interview mit Bild verriet, war es ein Mittagessen, das die Entscheidung besiegelte. Magath konnte Raúl vermitteln, dass er die volle Unterstützung des Vereins genieße. Beeindruckend war für Magath, dass das Gehalt für Raúl zweitrangig war; wichtiger war ihm die sportliche Perspektive, insbesondere die Qualifikation für die Champions League.
Raúl González im Trikot des FC Schalke 04
Ein Team voller Talente und ein neuer Stern am Himmel
Magath stellte eine Mannschaft zusammen, die mit Talenten wie Manuel Neuer, Julian Draxler, Ivan Rakitić und Klaas-Jan Huntelaar gespickt war. Die Ankunft von Raúl war zweifellos das i-Tüpfelchen. Die jungen Spieler waren gleichermaßen fasziniert und eingeschüchtert von ihrem neuen Mitspieler. Julian Draxler erinnerte sich später daran, dass er vor Ehrfurcht kaum sprechen konnte, als er Raúl zum ersten Mal traf. Er sog alles von ihm auf und versuchte, sein eigenes Spiel an den Weltstar anzupassen. Auch Christian Fuchs, der ein Jahr später nach Schalke kam, beschrieb Raúl als Gentleman und einen der nettesten Spieler, mit denen er je zusammengespielt habe.
Höhenflug in Europa und der Weg ins Finale
Der Start in die Bundesliga-Saison verlief für Schalke und Raúl zunächst holprig, doch in Europa zeigten die “Königsblauen” schnell ihre Klasse. Raúl erzielte seine ersten Europapokal-Tore für Schalke und trug mit wichtigen Treffern, darunter ein Hattrick gegen Werder Bremen und ein weiterer gegen den 1. FC Köln, zum Erfolg bei. “Ich genieße es wie ein kleiner Junge”, schwärmte Raúl. “Schalke ist für mich ein großes Abenteuer, und ich wollte neue Erfahrungen sammeln, weg von Real Madrid.”
Die Mannschaft erreichte das Champions-League-Halbfinale und schlug dabei unter anderem Inter Mailand. Auch im DFB-Pokal glänzte Raúl, indem er den entscheidenden Treffer gegen den FC Bayern München erzielte und Schalke damit ins Finale brachte. Den DFB-Pokal-Sieg, den ersten Titel seiner Karriere mit Schalke, fügte er später den Gewinn des DFL-Supercups hinzu.
Ein bleibender Eindruck und eine Brücke für Spanier
In seiner zweiten und letzten Saison bei Schalke trug Raúl maßgeblich zum dritten Tabellenplatz in der Bundesliga bei und erreichte das Viertelfinale der Europa League. Mit 40 Toren in 98 Einsätzen hinterließ er einen bleibenden Eindruck, und zwei seiner Tore wurden zu “Tor des Jahres” 2011 und 2013 gekürt. Nach nur zwei Jahren verließen Raúl und Schalke den Verein, doch die Bindung blieb bestehen. Schalke widmete ihm ein Abschiedsspiel und zog symbolisch seine Rückennummer sieben zurück. “Schalke wird für mich immer etwas Besonderes sein”, betonte Raúl. “Ich werde S04 immer im Herzen tragen. Ich glaube nicht, dass es sehr üblich ist, dass ein Spieler zwei Vereine so tief im Herzen trägt, wie ich es mit Real und Schalke tue. Es war eine viel kürzere Zeit mit Schalke, aber gleichzeitig war sie so unglaublich kraftvoll.”
Raúls Wechsel nach Deutschland öffnete auch vielen seiner spanischen Landsleute die Augen für die Bundesliga. Vor seiner Ankunft spielten nur acht Spanier in der höchsten deutschen Spielklasse. Nach ihm stieg diese Zahl sprunghaft an, und Spieler wie Javi Martínez, Thiago Alcântara, Xabi Alonso, Dani Olmo und Angeliño folgten seinem Beispiel und etablierten sich erfolgreich in der Bundesliga. Raúl ebnete den Weg für eine neue Generation spanischer Talente in Deutschland.
Schalke 04 wird für immer die Spuren des legendären Stürmers Raúl González tragen, der bewiesen hat, dass eine Legende auch abseits der Heimatstrahlen eine neue, erfolgreiche und emotional bedeutsame Heimat finden kann.
