Der Übergang zu einer klimafreundlichen Zukunft mit Technologien wie Elektrofahrzeugen und Photovoltaikanlagen ist für den Klimaschutz unerlässlich und verspricht zahlreiche Vorteile für die öffentliche Gesundheit, insbesondere durch eine geringere Luftverschmutzung. Doch diese technologischen Fortschritte sind auf Materialien angewiesen, die sogenannten technologisch kritischen Elemente (TCEs), von denen einige ein potenzielles Risiko für Umwelt und Gesundheit darstellen können. Eine bahnbrechende interdisziplinäre Studie, an der Forscher der MedUni Wien, der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und der Montanuniversität Leoben beteiligt sind, beleuchtet erstmals die potenziellen Gesundheitsrisiken, die durch den Einsatz von TCEs entstehen können. Die im renommierten “Journal of Industrial Ecology” veröffentlichte Untersuchung liefert entscheidende Einblicke in die umfassenden Auswirkungen der Energiewende auf Mensch und Umwelt.
Die Kehrseite der sauberen Technologien
Emissionsarme Technologien, darunter Elektrofahrzeuge und Photovoltaikanlagen, sind entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise und tragen maßgeblich zur Verbesserung der Luftqualität bei. Diese technologischen Innovationen sind jedoch auf den Einsatz von TCEs wie Neodym, Dysprosium und Lanthanum angewiesen, die zu den sogenannten Seltenen Erden zählen. „Ihr Abbau und Verbrauch steigen weltweit rasant. Gleichzeitig sind sie nicht nur schwer zu recyceln, sondern bergen auch Risiken für Umwelt und menschliche Gesundheit“, erklärt Daniela Haluza von der MedUni Wien. Während die Auswirkungen des Rohstoffabbaus dieser Substanzen gut dokumentiert sind, blieb bisher weitgehend unerforscht, wie sie während der Nutzung in städtischen Gebieten freigesetzt werden. Die aktuelle Studie hat die Freisetzung von TCEs durch Abrieb und Korrosion von Fahrzeugteilen sowie durch Witterungseinflüsse auf Dünnschicht-Photovoltaikmodule in Wien analysiert. Mithilfe eines Modells wurden 21 Technologien aus den Bereichen Fahrzeuge und erneuerbare Energien untersucht und zukünftige Szenarien simuliert.
Abrieb und Korrosion von Fahrzeugteilen
Potentielle Belastungen durch steigenden Verbrauch
Die Ergebnisse der Studie sind alarmierend: Ohne begleitende Maßnahmen zur Reduktion der Verkehrsnachfrage würde die Elektrifizierung von Fahrzeugflotten den Verbrauch von technologisch kritischen Elementen (TCEs) bis 2060 voraussichtlich verdoppeln. Dies hätte zur Folge, dass bis zu 3.073 Tonnen TCEs am Ende ihrer Lebensdauer entsorgt werden müssten und während der Nutzung bis zu 15,7 Tonnen in die Umwelt freigesetzt würden. Diese Zahlen verdeutlichen eindrücklich, dass wir neben der Förderung emissionsarmer Technologien auch eine strategische Reduktion der Gesamtnachfrage nach Rohstoffen anstreben müssen. Maßnahmen wie die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs oder die Vermeidung unnötiger Fahrten mit privaten Fahrzeugen könnten erheblich dazu beitragen, diese Emissionen spürbar zu senken. „Dadurch ließen sich auch potenzielle Gesundheitsrisiken, die mit der Anreicherung von TCEs in städtischen Umgebungen einhergehen, erheblich verringern“, interpretiert Haluza die Studienresultate.
Dünnschicht-Photovoltaikmodule
Die Photovoltaik Umweltbelastung ist ein wachsendes Anliegen, das eng mit der allgemeinen Umweltbelastung durch die Energiewende verknüpft ist. Während die Umweltbelastung durch fossile Brennstoffe unbestritten ist, müssen wir auch die potenziellen Nachteile sauberer Technologien sorgfältig abwägen. Die Freisetzung von TCEs aus Photovoltaik-Modulen, sei es durch Abrieb oder Witterungseinflüsse, stellt eine neue Herausforderung dar, die bisher unterschätzt wurde.
Große Bedeutung für die öffentliche Gesundheit und zukünftige Generationen
Die Studie betont, dass der Übergang zu emissionsarmen Technologien nicht nur eine Dekarbonisierung, sondern auch eine Reduktion der Gesamtnachfrage nach Rohstoffen erfordert. Ohne zusätzliche Maßnahmen könnten erhebliche Mengen an TCEs in die Umwelt freigesetzt werden, was langfristige Gesundheitsrisiken mit sich bringen könnte. „Unsere Ergebnisse liefern eine wichtige Grundlage, um die potenziellen Auswirkungen der Ansammlung von TCEs in städtischen Umgebungen zu bewerten. Gleichzeitig zeigen sie auf, dass wir die Energiewende mit einer strategischen Verringerung des Ressourcenverbrauchs verbinden müssen“, erklärt Umweltmedizinerin Haluza.
Die Studienautor:innen empfehlen verstärkte interdisziplinäre Forschung, um die Freisetzung von TCEs und deren Aufnahme in den menschlichen Körper besser nachvollziehen zu können. Dies ist entscheidend, um Gesundheitsrisiken kurzfristig und für zukünftige Generationen zu minimieren. Die Umweltbelastung Photovoltaik ist somit nicht nur eine Frage der Herstellung, sondern auch der Nutzung und Entsorgung.
Das Projekt TeCEUS, aus dem die Studie hervorgegangen ist, wird vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) gefördert und untersucht die urbanen Bestände und Flüsse von TCEs. Weitere Informationen unter www.teceus.at.
Fazit und Ausblick
Die Energiewende ist ein notwendiger Schritt in eine nachhaltigere Zukunft, doch sie birgt auch Herausforderungen. Die photovoltaik umweltbelastung durch technologisch kritische Elemente ist ein Aspekt, der verstärkte Aufmerksamkeit erfordert. Indem wir uns der potenziellen Risiken bewusst werden und proaktive Maßnahmen ergreifen – wie die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, die Reduzierung unnötiger Fahrten und die weitere Erforschung von Recyclingmethoden – können wir sicherstellen, dass die Vorteile der sauberen Technologien die potenziellen Nachteile überwiegen. Die Ergebnisse dieser Studie sind ein wichtiger Weckruf, um die Energiewende ganzheitlich zu gestalten und sowohl die Umwelt als auch die öffentliche Gesundheit zu schützen.
Publikation: Journal of Industrial Ecology
In-use dissipation of technology-critical elements from vehicles and renewable energy technologies in Vienna, Austria: A public health matter? André Baumgart, Daniela Haluza, Thomas Prohaska, Simone Trimmel, Ulrike Pitha, Johanna Irrgeher, Dominik Wiedenhofer. https://doi.org/10.1111/jiec.13571
