Neo-Broker: Zwischen kostenlosem Handel und versteckten Risiken

Junger Mann am Schreibtisch schaut auf Laptop-Bildschirm

Neo-Broker versprechen die Revolution des Wertpapierhandels: jederzeit und überall per Klick oder Wisch auf dem PC oder Smartphone. Und das angeblich kostenlos. Doch hinter der verlockenden Werbung verbergen sich Risiken, die Anleger kennen sollten. Dieser Artikel beleuchtet die Realität des Handels über Trading-Portale und Apps und gibt wertvolle Hinweise für eine fundierte Anlageentscheidung in Deutschland.

Was sind Neo-Broker und wie werben sie?

Anbieter wie Trade Direkt, Trade Republic, Scalable Free Broker oder Smartbroker, sowie finanzen.net zero, locken mit Slogans wie “Jetzt ab 0 Euro pro Order”, “Investiere provisionsfrei” oder “ohne Ordergebühren traden”. Sie versprechen einen einfachen und kostengünstigen Zugang zum Wertpapierhandel, insbesondere über mobile Apps. Doch die Frage bleibt: Ist der Handel wirklich kostenlos?

Brokerage-Angebote: Die Kosten sind versteckt

Auch wenn Neo-Broker mit niedrigen oder gar keinen Gebühren werben, ist kein Angebot wirklich umsonst. Kosten entstehen immer, oft indirekt. Neo-Broker erhalten Provisionen, auch Rückvergütungen genannt, von den Handelsplätzen oder den beteiligten Dienstleistern. Im Gegensatz zu traditionellen Direktbanken kooperieren viele Neo-Broker nur mit einer begrenzten Auswahl an Handelsplätzen. Beispielsweise beschränkt sich Scalable in seinen Kundendokumenten auf gettex und Xetra. Trade Republic nennt ebenfalls nur eine eingeschränkte Auswahl.

Diese Kooperationspartner zahlen den Neo-Brokern Provisionen, die meist um die 3 Euro pro Kundenorder liegen. Bei Derivaten können die Provisionen sogar bis zu 35 Euro pro Auftrag betragen. Die Handelsplätze finanzieren sich über die Ausführungskurse. Zwar sind die Ausführungskurse nicht generell schlechter als bei anderen Banken, jedoch können sie sich außerhalb der regulären Börsenöffnungszeiten unbemerkt verschlechtern. Händler, die früh morgens oder spät abends handeln, erhalten zwar aktuelle Kurse, diese sind im Mittel jedoch schlechter als während der Börsenhandelszeiten. Dies gilt generell für alle Broker.

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Die Geld-Brief-Spanne, also die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs, kann ein Hinweis auf ungünstigere Kurse sein. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat Ausführungskurse untersucht und kam zu differenzierten Ergebnissen. Die Bürgerbewegung Finanzwende Recherche bezeichnet den “provisionsfreien Wertpapierhandel” gar als Etikettenschwindel. Wer kauft, zahlt einen etwas höheren Kurs, wer verkauft, erhält einen etwas niedrigeren Kurs. Diese Provisionen müssen die Neo-Broker Ihnen gegenüber offenlegen, üblicherweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Ein weiteres potenzielles Risiko, das in den AGB einiger Neo-Broker wie BUX Zero erwähnt wird, ist die Erlaubnis, Wertpapiere der Kunden zu verleihen. Dies bedeutet, dass der Broker die Finanzinstrumente verleihen darf, während der Kunde den Rechtsanspruch darauf verliert, aber die wirtschaftlichen Vorteile behält. Die Erträge aus diesem Verleih streicht der Broker ein. Dies birgt eine Gefahr: Wenn viele Kleinanleger eine bestimmte Aktie besitzen, könnte der Broker diese Aktien an eine Investmentbank verleihen, die dann auf fallende Kurse spekulieren kann.

Die Zukunft des Provisionsmodells: Was passiert nach dem 30. Juni 2026?

Die EU hat beschlossen, dass Handelsplätze nach dem 30. Juni 2026 keine Provisionen mehr für die exklusive Orderweitergabe an Broker zahlen dürfen. Dieses Modell, bekannt als “Payment for Order Flow” (PFOF), birgt die Gefahr, dass Kundenaufträge nicht zum besten Kurs, sondern zum Handelsplatz mit der höchsten Rückvergütung geleitet werden. Ein generelles Provisionsverbot ist jedoch gescheitert. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Änderungen auf die Kosten für Verbraucher auswirken werden. Transparent ausgewiesene Preise unterliegen dem Wettbewerb, während versteckte Provisionen sich tendenziell entziehen.

Trading-Apps: Verlockung zur Spekulation

Trading-Apps, die seit Ende der 90er Jahre verfügbar sind, verleiten durch ihre einfache Bedienung und ständige Verfügbarkeit zum häufigen Handeln. Dies gefährdet jedoch den Erfolg einer langfristig orientierten Geldanlage. Je öfter gehandelt wird, desto mehr Gebühren und Orderentgelte fallen an, die in den Kursen versteckt sind, und desto geringer ist die erzielbare Rendite. Für eine solide Anlagestrategie sind diese Angebote oft überflüssig.

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Gut zu wissen für Anleger:

  • Kein Angebot ist wirklich kostenlos: Broker verdienen meist an Provisionen, die offengelegt werden müssen.
  • Anbietervergleich: Die Stiftung Warentest bietet einen kostenpflichtigen Anbietervergleich von Direktbanken, Brokern und Neo-Brokern an.
  • Handelszeiten beachten: Handeln Sie nur zu den regulären Börsenöffnungszeiten und vergleichen Sie An- und Verkaufskurse.
  • Risikostreuung: Vermeiden Sie Klumpenrisiken und investieren Sie niemals alles in eine einzige Anlage.

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Vorsicht vor unseriösen Handelsplattformen

Es ist wichtig, seriöse Neo-Broker von unseriösen Trading-Plattformen zu unterscheiden. Die Verbraucherzentralen warnen vor Plattformen, die Anleger regelrecht betrügen. Dies reicht von gefälschten Investments über Forderungen nach Nachschüssen zur Verlustkompensation bis hin zur Beauftragung vermeintlicher Anwälte zur Rückholung der Gelder.

Betrugsmasche: Nach Geldverlusten durch unseriöse Anlagen könnten Betroffene in eine weitere Falle tappen. Kriminelle geben sich am Telefon als Mitarbeiter der Verbraucherzentrale aus und versprechen die Rückzahlung von Geldern gegen eine Vorauszahlung. Solche Anrufe kommen niemals von einer echten Verbraucherzentrale.

Für eine fundierte und sichere Geldanlage ist es unerlässlich, sich gut zu informieren und die Angebote kritisch zu prüfen.


Dieser Inhalt wurde in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.