Der Handel mit Wertpapieren ist dank Neo-Brokern zugänglicher denn je. Mit Versprechungen von kostenlosem Handel und einfacher Bedienung über PC oder Smartphone locken diese Anbieter zahlreiche Anleger an. Doch hinter der glänzenden Fassade verbergen sich Risiken, die es zu verstehen gilt. Dieser Artikel beleuchtet, was “Neo Broker Aktien” wirklich bedeutet und worauf Anleger achten sollten.
Junger Mann am Schreibtisch schaut auf Laptop-Bildschirm
Foto: MayoFi / Unsplash
Was sind Neo-Broker und wie verdienen sie Geld?
Neo-Broker werben aggressiv mit Begriffen wie “ab 0 Euro pro Order”, “provisionsfrei investieren” oder “ohne Ordergebühren traden”. Anbieter wie Trade Direct, Trade Republic, Scalable Free Broker oder Smartbroker suggerieren damit einen Handel ohne zusätzliche Kosten. Doch die Realität sieht anders aus: Kein Angebot ist wirklich kostenlos. Neo-Broker erhalten Provisionen, sogenannte Rückvergütungen, von den Handelsplätzen oder Dienstleistern, die an der Ausführung von Kauf- und Verkaufsaufträgen beteiligt sind.
Im Gegensatz zu traditionellen Direktbanken und Online-Brokern kooperieren viele Neo-Broker nur mit einer begrenzten Auswahl an Handelsplätzen. Scalable Capital beispielsweise beschränkt die Handelsplätze in seinen Kundendokumenten auf gettex und Xetra. Diese Kooperationspartner zahlen den Neo-Brokern Provisionen, die sich oft um die 3 Euro pro Kundenorder bewegen. Bei Derivaten können diese Provisionen sogar bis zu 35 Euro pro Handelsauftrag betragen.
Die Einnahmen der Kooperationspartner speisen sich primär aus den Ausführungskursen. Zwar sind diese nicht pauschal schlechter als bei anderen Banken, jedoch können sie sich außerhalb der regulären Börsenöffnungszeiten unbemerkt verschlechtern. Wer also früh morgens oder spät abends handelt, erhält zwar aktuelle Kurse, diese sind im Mittel jedoch systematisch ungünstiger als während der Handelszeiten an etablierten Börsen wie Xetra (9:00 – 17:30 Uhr) oder der New Yorker Börse (15:30 – 22:00 Uhr). Eine leicht erhöhte Geld-Brief-Spanne kann ein Indikator dafür sein, dass die Kurse nicht optimal sind.
Die Tücken des “provisionsfreien” Wertpapierhandels
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat Ausführungskurse untersucht und kam zu differenzierten Ergebnissen. Kritiker bezeichnen den “provisionsfreien Wertpapierhandel” gar als Etikettenschwindel, da die Kosten in den Ausführungskursen versteckt sind. Wer kauft, zahlt einen leicht höheren Kurs, wer verkauft, erhält einen leicht niedrigeren. Neo-Broker sind verpflichtet, diese Provisionen offenzulegen, was sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nachvollziehen lässt.
Ein weiteres potenzielles Risiko bei einigen Neo-Brokern, wie z.B. BUX Zero, ist die Klausel, die dem Broker das Recht einräumt, Kunden-Wertpapiere zu verleihen. Zwar behält der Kunde die wirtschaftlichen Vorteile, verliert aber den Rechtsanspruch auf die Finanzinstrumente während der Leihfrist. Die Erträge aus dieser Wertpapierleihe streicht der Broker ein. Dies birgt die Gefahr, dass bei einer großen Anzahl von Kleinanlegern, die dieselbe Aktie besitzen, der Broker diese Aktien an eine Investmentbank verleihen könnte, damit diese auf fallende Kurse spekulieren kann.
Die Zukunft der Neo-Broker: Was ändert sich ab dem 30. Juni 2026?
Die EU plant, ab dem 30. Juni 2026 die exklusive Orderweitergabe gegen Provisionen (Payment for Order Flow, PFOF) zu untersagen. Diese Regelung soll verhindern, dass Kundenaufträge nicht an den Handelsplatz mit den besten Kursen, sondern an den mit den höchsten Rückvergütungen weitergeleitet werden. Ein generelles Provisionsverbot ist jedoch gescheitert, was bedeutet, dass die Kosten für Brokerage nicht zwangsläufig steigen müssen. Transparent ausgewiesene Preise unterliegen dem Wettbewerb, während versteckte Provisionen sich diesem entziehen. Wie die Kosten letztendlich auf die Verbraucher umgelegt werden, bleibt abzuwarten.
Trading-Apps: Verlockung und Gefahr
Trading-Apps, die den Wertpapierhandel über Smartphones ermöglichen, verführen durch ihre einfache Bedienung und ständige Verfügbarkeit zu häufigem Handeln. Dies gefährdet jedoch den Erfolg einer langfristig orientierten Geldanlage. Je häufiger gehandelt wird, desto mehr Gebühren und Orderentgelte zahlen Anleger, was die erzielbare Rendite schmälert. Das Sprichwort “Hin und Her macht Taschen leer” trifft im Wertpapierhandel besonders zu. Für eine solide Anlagestrategie sind diese Angebote oft nicht notwendig. Es empfiehlt sich, nur zu den regulären Börsenöffnungszeiten zu handeln und die An- und Verkaufskurse an verschiedenen Handelsplätzen zu vergleichen. Ein unabhängiger Anbietervergleich von Direktbanken, Brokern und Neo-Brokern wird beispielsweise von der Stiftung Warentest angeboten.
Vorsicht vor unseriösen Handelsplattformen
Von Neo-Brokern und Trading-Apps sind unseriöse Trading-Plattformen klar zu trennen. Die Verbraucherzentralen berichten von Fällen, in denen Anleger getäuscht wurden – von der initialen Investition über das Nachschießen von Geldern zur Verlustkompensation bis hin zur Bezahlung vermeintlicher Anwälte zur Rückerlangung der Gelder.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Betrüger sich als Mitarbeiter von Verbraucherzentralen ausgeben und anbieten, verlorenes Geld aus einem “Kontingent” zurückzuzahlen, wofür sie eine Vorauszahlung verlangen. Echte Verbraucherzentralen rufen niemals unaufgefordert an und gleichen keine Verluste aus Geldanlagen aus.
