Eine Lebensversicherung bietet oft ein Gefühl der Sicherheit, doch manchmal ändern sich die Lebensumstände, oder man möchte die Konditionen des Vertrags optimieren. Die Option, eine Lebensversicherung kündigen Auszahlung zu erhalten, ist eine Möglichkeit, sollte aber gut überlegt sein. Es gibt verschiedene Wege, um entweder die Kosten zu senken, Zahlungen auszusetzen oder den Vertrag ganz zu beenden. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte und gibt Ihnen einen detaillierten Überblick über Ihre Handlungsmöglichkeiten, wenn Sie Ihre Lebensversicherung kündigen oder anpassen möchten.
Den Versicherungsvertrag preiswerter gestalten
Bevor Sie drastische Schritte wie die Kündigung in Betracht ziehen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, Ihre Lebensversicherung kostengünstiger zu gestalten, ohne den Schutz gänzlich aufzugeben. Diese Optionen können eine sinnvolle Alternative sein, um finanzielle Engpässe zu überbrücken oder den Vertrag besser an Ihre aktuelle Situation anzupassen.
Umstellung auf jährliche Zahlungsweise
Eine einfache und effektive Methode zur Senkung der Prämien ist die Umstellung von monatlicher auf jährliche Zahlungsweise. Viele Versicherer erheben Zuschläge für Ratenzahlungen, die bei einer jährlichen Zahlung entfallen. Dadurch sinkt der Beitrag bei gleicher Leistung, und steuerlich hat diese Änderung in der Regel keine negativen Auswirkungen. Prüfen Sie, ob diese Option für Ihren Vertrag verfügbar ist und welche Ersparnisse sie Ihnen bringen könnte.
Reduzierung der Dynamisierung
Die Dynamisierungsklausel in Ihrem Vertrag sieht vor, dass sich der Beitrag jährlich um einen bestimmten Prozentsatz erhöht, wodurch sich auch die Todesfall- oder Ablaufleistung steigert. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass diese Erhöhung oft nicht proportional zur Beitragssteigerung erfolgt. Darüber hinaus fallen für jede dynamische Erhöhung Abschlusskosten an, und das aktuelle Alter wird für die Risikoberechnung herangezogen, was den Risikobeitrag beeinflussen kann.
Um die Dynamik im Vertrag zu belassen, muss die Erhöhung in der Regel mindestens in jedem dritten Jahr angenommen werden. Bei gut verzinsten Altverträgen kann es sich lohnen, eine Dynamisierung beizubehalten, um von den Zinskonditionen zu profitieren. Abhängig von Ihrer individuellen Situation können Sie jedoch auch die jährliche Dynamikerhöhung aussetzen oder ganz stoppen. Eine solche Änderung hat keine steuerlichen Nachteile und kann die monatliche Belastung deutlich reduzieren.
Kündigung unnötiger Zusatzversicherungen
In vielen Lebensversicherungsverträgen sind Zusatzversicherungen wie der Unfalltod-Einschluss enthalten, die den Vertrag verteuern, aber nicht immer sinnvoll sind. Bei einer vereinbarten Unfalltod-Zusatzversicherung wird eine erhöhte Todesfallleistung nur im Falle eines Unfalltodes ausgezahlt. Eine Kündigung solcher unwirtschaftlicher Zusatzleistungen kann den Beitrag spürbar senken.
Wenn es Ihnen primär um Ihre Altersvorsorge geht und niemand von Ihrem Schutz abhängig ist, sollten Sie auch einen vereinbarten Hinterbliebenenschutz kritisch hinterfragen. Die Reduzierung des Beitrags durch das Streichen von Zusatzversicherungen hat in der Regel keinen steuerlichen Einfluss und kann eine schnelle Erleichterung schaffen.
Überbrückung finanzieller Engpässe ohne Kündigung
Wenn Sie nur vorübergehend in Zahlungsschwierigkeiten geraten, gibt es Alternativen zur sofortigen Kündigung, die den Vertrag erhalten und Ihnen Zeit verschaffen können.
Stundung der Versicherungsbeiträge
Die Stundung ermöglicht es Ihnen, die Zahlung der Beiträge für einen bestimmten Zeitraum – oft bis zu zwei Jahre – auszusetzen, während der Versicherungsschutz erhalten bleibt. Beachten Sie, dass eine Stundung in der Regel zinspflichtig ist, und die ausgesetzten Beiträge sowie die Zinsen müssen nach Ablauf des Stundungszeitraumes nachträglich entrichtet werden. In speziellen Fällen, wie Arbeitslosigkeit oder Elternzeit, bieten einige Versicherer auch zinslose Stundungen an.
Die Möglichkeit zur Stundung kann bereits in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) Ihres Vertrags verankert sein. Es ist ratsam, ein konkretes Angebot zur Stundung direkt bei Ihrem Versicherer anzufordern. Diese Option sollten Sie jedoch nur wählen, wenn Sie sicher sind, dass Sie die Beiträge und Zinsen später tatsächlich aufbringen können.
Vorübergehende Ruhendstellung der Versicherung
Eine weitere Möglichkeit bei vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten ist die Ruhendstellung des Vertrags. Diese Option ist jedoch nicht immer in jedem Vertrag gegeben. Während der Ruhezeit sind beide Vertragspartner von ihren Pflichten entbunden: Sie müssen keine Beiträge zahlen, und der Versicherungsschutz ist unterbrochen. Der Vertrag selbst bleibt jedoch bestehen und lebt nach Ablauf der Vereinbarung wieder auf. Auch etwaige Zusatzversicherungen ruhen für diesen Zeitraum.
Der Nachteil der Ruhendstellung ist, dass die ausgesetzten Beiträge später nicht nachgezahlt werden, was zu einer Reduzierung der Ablaufleistung führt. Dennoch kann dies eine gute Lösung sein, um den Vertrag nicht gänzlich zu verlieren und ihn später wieder aufleben zu lassen.
Reduzierung der Prämien
Um die Beiträge dauerhaft zu senken, können Sie überlegen, Ihren aktuellen Vertrag in einen mit reduzierten Prämien umzuwandeln. Diese Möglichkeit kann bereits in den Versicherungsbedingungen vorgesehen sein. Falls nicht, liegt es im Ermessen des Versicherers, Ihrem Wunsch zuzustimmen oder ihn abzulehnen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Verringerung der Prämie auch eine Absenkung der Leistungen im Todesfall und der Ablaufleistung zur Folge hat. Wägen Sie daher sorgfältig ab, ob diese Reduzierung Ihren Bedürfnissen und Ihrer finanziellen Situation entspricht.
Beitragsfreistellung als Alternative zur Kündigung
Wenn Sie die Beiträge für Ihren Vertrag nicht mehr aufbringen können, den Versicherungsschutz aber nicht gänzlich verlieren möchten, ist die Beitragsfreistellung eine wichtige Option.
Gesetzliche Grundlage und Auswirkungen
Die Beitragsfreistellung, also die Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung, ist in § 165 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gesetzlich verankert und kann jederzeit zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode erfolgen, sofern eine Mindestversicherungsleistung vereinbart wurde. Die Versicherungsperiode beträgt in der Regel ein Jahr, aber oft sind monatliche Kündigungen möglich; Details dazu finden Sie in Ihren Versicherungsbedingungen.
Rechtlich betrachtet handelt es sich bei der Beitragsfreistellung um eine Teilkündigung. Dies bedeutet, dass sowohl der Versicherungsschutz als auch die Ablaufleistung gemindert werden. Die Ansprüche aus der Überschussbeteiligung bleiben jedoch bestehen. Ein entscheidender Punkt ist, dass Sie den ursprünglichen Versicherungsschutz nach einer Beitragsfreistellung nur mit Zustimmung des Versicherers wiederherstellen können. Dies würde dann einem Neuabschluss gleichkommen, mit neuen Abschluss- und Vertriebskosten und möglicherweise einer erneuten Gesundheitsprüfung.
Wird ein Mindestrückkaufswert unterschritten, kann ein Antrag auf Beitragsfreistellung auch als Kündigung gewertet werden und eine sofortige Vertragsbeendigung zur Folge haben. Hierzu gibt es ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt (Az.: 3 U 131/13, 5.3. 2015), das auch in § 165 Abs. 1 S. 2 VVG Niederschlag findet.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn an den Hauptvertrag Zusatzversicherungen, wie etwa eine vermogensbildende lebensversicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung, gekoppelt sind. Diese entfallen in der Regel, wenn der Hauptvertrag prämienfrei gestellt wird. Daher sollte die Beitragsfreistellung gut überlegt sein.
Verjährungsfristen bei Beitragsfreistellung
Wenn Sie Ihre Lebens- oder Rentenversicherung beitragsfrei stellen lassen, sollten Sie sich darüber informieren, welche Summe ausgezahlt wird oder wie hoch die beitragsfreie Versicherungssumme ausfällt. Gegen die Berechnungen der Versicherung können Sie im Regelfall nur drei Jahre lang vorgehen, gerechnet ab dem 1. Januar des Jahres, das auf die Beitragsfreistellung folgt. Wenn Sie beispielsweise im Jahr 2024 den Vertrag beitragsfrei gestellt haben, müssen Sie bis Ende 2027 aktiv werden, um die Verjährung zu hemmen.
Um sicherzustellen, dass Sie die richtigen Schritte unternehmen und die Verjährung erfolgreich hemmen, ist eine unabhängige Beratung ratsam. Die Verbraucherzentralen in Deutschland können Ihnen dabei kompetent zur Seite stehen.
Policendarlehen: Die Beleihung Ihrer Lebensversicherung
Wenn Sie lediglich vorübergehend finanzielle Unterstützung benötigen und Ihre Lebensversicherung nicht kündigen möchten, kann ein Policendarlehen eine attraktive Option sein.
Funktionsweise und Konditionen
Bei einem Policendarlehen erhalten Sie als Versicherungsnehmer einen Teilbetrag als Darlehen ausgezahlt. Dieses Darlehen können Sie entweder während der restlichen Laufzeit der Police oder erst bei Fälligkeit tilgen. Der Darlehensbetrag kann bis zu 100 Prozent des Rückkaufswertes betragen, bei Fondspolicen meist bis zu 60 Prozent. Sie haben die Wahl, Ihre Police entweder direkt bei Ihrer Versicherungsgesellschaft oder bei einer Bank zu beleihen.
Auch Anbieter am deutschen Policen-Zweitmarkt bieten entsprechende Lösungen an. Hierfür ist in der Regel ein bereits angesparter Mindestrückkaufswert erforderlich. Bei vielen Anbietern können Lebensversicherungen ab einer Mindestdarlehenssumme von 2.500 Euro beliehen werden, bei einigen ist dies sogar schon ab 1.000 Euro möglich.
Vorteile gegenüber herkömmlichen Krediten
Ein Policendarlehen kann gegenüber einem normalen Ratenkredit mehrere Vorteile bieten. Oft sind die Zinsen für ein Policendarlehen günstiger, wobei dies von Versicherer zu Versicherer variieren kann. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Police selbst als Sicherheit dient. Daher ist häufig keine Schufa-Auskunft erforderlich, und es erfolgt auch kein Schufa-Eintrag, was für viele von Vorteil ist.
Es lohnt sich, die Angebote Ihrer Versicherungsgesellschaft mit denen der deutschen Zweitmarkthändler zu vergleichen, um den günstigsten Zinssatz für die Beleihung Ihrer Police zu ermitteln.
Finanzberater erklärt einer Kundin die Vertragsbedingungen und Optionen
Steuerliche Konsequenzen
Ein Policendarlehen kann unter Umständen steuerliche Nachteile mit sich bringen und die Steuerpflicht für den Versicherungsvertrag auslösen. Dies gilt insbesondere für Verträge, die bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossen wurden und eine Mindestlaufzeit von zwölf Jahren haben. Bei einem Darlehen, das rein privaten Zwecken dient, sollte dies zwar in der Regel nicht der Fall sein. Dennoch sollten Sie die steuerlichen Konsequenzen für Ihren Vertrag unbedingt mit Ihrem Steuerberater besprechen, um unerwartete Belastungen zu vermeiden, besonders wenn Sie eine lebensversicherung vorzeitige auszahlung in Erwägung ziehen.
Kündigung von Versicherungsverträgen: Was Sie wissen müssen
Die Kündigung einer Lebensversicherung sollte eine wohlüberlegte Entscheidung sein, da sie in der Regel mit finanziellen Einbußen verbunden ist.
Formalitäten und Fristen
Sie können Ihren Vertrag ohne Angabe von Gründen kündigen. Sofern keine bestimmte Form vereinbart ist, reicht ein formloses Schreiben an den Versicherer aus. Es wird jedoch dringend empfohlen, die Kündigung per Einwurfeinschreiben zu versenden, um einen Nachweis über den Versand zu haben.
Eine Kündigung ist jederzeit zum Ende der Versicherungsperiode möglich. Wenn Sie Ihre Prämie jährlich entrichten, unterliegen Sie dieser Hauptfälligkeitsfrist. Bei monatlicher Zahlungsweise gelten hingegen oft auch monatliche Kündigungsfristen. Prüfen Sie hierzu Ihre individuellen Versicherungsbedingungen. Mit der Kündigung erlischt der Versicherungsschutz, und Sie erhalten den Rückkaufswert ausgezahlt. Die genaue Höhe des aktuellen Rückkaufswertes finden Sie in Ihrer letzten Standmitteilung. Zusätzlich zum Rückkaufswert muss die Gesellschaft die bereits erworbenen Ansprüche aus einer Überschussbeteiligung zuzüglich anteiliger Schlussüberschussanteile auszahlen.
Der Rückkaufswert und seine Tücken
Bei einer Kündigung risikolebensversicherung kündigen rückkaufswert verlieren Sie in der Regel viel Geld. Der Rückkaufswert, den die Versicherer auszahlen, ist nicht die Summe Ihrer eingezahlten Beiträge. Versicherer dürfen bei einer Kündigung folgende Posten abziehen:
- Abschluss- und Vertriebskosten: Diese Kosten werden in den ersten Jahren der Vertragslaufzeit angesetzt.
- Einen Stornoabschlag: Dieser kann ebenfalls abgezogen werden, wenn er vertraglich vereinbart, beziffert und angemessen ist.
Auch steuerliche Gesichtspunkte spielen eine entscheidende Rolle. Altverträge, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurden, sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Eine Kündigung kann in solchen Fällen unattraktiv sein, da die Auszahlung dann steuerpflichtig werden könnte.
Darüber hinaus sind die garantierten Zinsen ein wichtiger Faktor. Je älter der Vertrag ist, desto höher ist dieser Zinssatz. Bis Juni 2000 waren beispielsweise 4 Prozent garantierte Zinsen bei neu abgeschlossenen Verträgen üblich. Solche Zinssätze sind heutzutage bei Lebensversicherungen aufgrund des gesunkenen allgemeinen Zinsniveaus nicht mehr zu erreichen. Daher kann ein Altvertrag mit hohen Garantiezinsen wesentlich attraktiver sein als eine vorzeitige Kündigung.
Berechnung des Rückkaufswertes für Verträge bis Ende 2007
Für kapitalbildende und fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen, die zwischen Mitte 1994 und Ende 2007 abgeschlossen wurden, gibt es eine sehr verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Der BGH kritisierte, dass die Klauseln zum Rückkaufswert oft gegen das Transparenzgebot verstießen und Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligten. In mehreren Urteilen entschied der BGH, dass die Auszahlungen bei Kündigung und Beitragsfreistellungen einen “Mindestbetrag” nicht unterschreiten dürfen. Bei der Berechnung dieses Mindestwertes dürfen zudem keine Abschluss- und Vertriebskosten berücksichtigt werden. Diese Urteile führten dazu, dass Versicherungsnehmer grob gerechnet Anspruch auf die Hälfte der eingezahlten Beiträge hatten.
Berechnung des Rückkaufswertes für Verträge ab 2008
Für Neuverträge, die ab dem 1. Januar 2008 abgeschlossen wurden, gilt eine andere Berechnungsgrundlage. Das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) schreibt vor, dass alle Kosten, einschließlich der für den erhaltenen Versicherungsschutz gezahlten Risikobeiträge, abgezogen werden dürfen. Versicherer können zudem einen Stornoabschlag berechnen, sofern dieser vereinbart, beziffert und angemessen ist. Diese Regelung führt in der Regel zu etwas höheren Auszahlungen als auf Grundlage der BGH-Urteile für Verträge bis Ende 2007.
Verjährungsfristen bei Kündigung
Auch bei einer Kündigung Ihrer Lebens- oder Rentenversicherung ist es wichtig, die Verjährungsfristen zu kennen. Sie können gegen die Berechnungen der Versicherung im Regelfall nur drei Jahre lang vorgehen. Diese Frist beginnt am 1. Januar des Jahres, das auf die Kündigung folgt. Wenn Sie Ihren Vertrag beispielsweise im Jahr 2024 gekündigt haben, müssen Sie bis Ende 2027 tätig werden, um die Verjährung zu hemmen und gegebenenfalls Ansprüche geltend zu machen.
Für eine fundierte Klärung der sinnvollen Schritte und zur Hemmung der Verjährung ist es ratsam, unabhängige Unterstützung in Anspruch zu nehmen, beispielsweise bei den Verbraucherzentralen.
Steuerliche Situation nach Kündigung
Die steuerliche Behandlung einer Kündigung hängt vom Abschlussdatum Ihres Vertrags ab. Kündigen Sie einen steuerfreien Altvertrag, der vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurde und eine zwölfjährige Mindestlaufzeit aufweist, bleibt die Auszahlung des Rückkaufswertes in der Regel steuerfrei. Für später abgeschlossene Verträge ist die steuerliche Belastung komplexer. Hier sollten Sie unbedingt einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein konsultieren, um die genauen Konsequenzen zu klären.
Widerruf, Widerspruch und Rücktritt bei Versicherungsverträgen
Neben der Kündigung gibt es in bestimmten Fällen auch die Möglichkeit, einen Versicherungsvertrag zu widerrufen, zu widersprechen oder zurückzutreten. Diese Optionen können wesentlich vorteilhafter sein als eine einfache Kündigung.
Widerrufsrecht bei neuen Verträgen
Einen gerade erst abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag können Sie in der Regel innerhalb einer Frist von 30 Tagen widerrufen. Diese Frist beginnt einen Tag nach Erhalt des Versicherungsscheins sowie aller weiteren relevanten Vertragsunterlagen.
“Ewiges” Widerrufsrecht bei Informationspflichtverletzungen
In einigen Fällen besteht das Widerrufsrecht auch wesentlich länger. Der Hintergrund ist, dass die 30-Tage-Frist erst zu laufen beginnt, wenn der Versicherer seine Informationspflichten vollständig erfüllt hat. Wurden Sie unzureichend oder fehlerhaft belehrt, kann ein Vertrag unter Umständen noch Jahre nach Abschluss widerrufen werden.
Besondere Regelungen galten für Lebensversicherungsverträge, die zwischen 1994 und 2007 nach dem sogenannten Policenmodell geschlossen wurden. Dabei füllte der Kunde ein Antragsformular aus, und der Versicherer nahm den Antrag durch die Übersendung des Versicherungsscheins und der Vertragsunterlagen an. Hatte eine Gesellschaft ihre Kunden nicht korrekt über das Widerspruchsrecht informiert, sollte dieses ursprünglich ein Jahr nach der ersten Prämienzahlung erlöschen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte diese Regelung jedoch für unvereinbar mit dem damaligen EU-Recht. Dies führte dazu, dass Versicherungsnehmer in solchen Fällen ein zeitlich unbegrenztes Widerspruchs- bzw. Widerrufsrecht hatten (siehe Urteile des EuGH Az. C-209/12 und des BGH Az. IV ZR 73/13 und IV ZR 76/11).
Auch bei Verträgen, die nach dem sogenannten “Antragsmodell” geschlossen wurden, kann im Ergebnis Ähnliches gelten. Statt eines Widerspruchsrechts kann bei unzureichender Belehrung oder Information heute noch das Rücktrittsrecht ausgeübt werden (siehe BGH Az. IV ZR 260/11 und IV ZR 173/15).
Allerdings muss der Fehler in der Belehrung gravierend gewesen sein. Ein späteres Urteil des EuGH vom 19. Januar 2019 (Az: C 355/18 bis C 357/18 und C 479/18 Rz. 81) präzisiert, dass es sich um Fälle handeln muss, in denen der Versicherer gar nicht oder derart unrichtig belehrte, dass dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit genommen wurde, sein Rücktrittsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Das „ewige“ Widerspruchsrecht erfährt also gewisse Grenzen.
Wirtschaftliche und rechtliche Überlegungen
Bevor Sie einen Rücktritt oder Widerspruch erklären, sollten Sie die wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen sorgfältig prüfen. Eine Rückabwicklung beendet auch gekoppelte Zusatzversicherungen, wie beispielsweise eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Altverträge haben oft eine relativ hohe Garantieverzinsung und sind unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Es stellt sich die Frage, welche Wiederanlagemöglichkeiten im aktuellen Niedrigzinsumfeld bestehen und ob die Renditen einer Neu-Anlage die Restlaufrenditen Ihres Vertrages übertreffen können. Zudem sollte das Prozessrisiko einer Rückabwicklung nicht außer Acht gelassen werden. Versicherer können im Falle eines Widerrufs auch die Kosten für die bereits in Anspruch genommene Versicherungsleistung vom Auszahlungsbetrag abziehen.
Lassen Sie sich daher im Zweifel unbedingt unabhängig beraten, welche Möglichkeiten Sie haben und welche für Sie finanziell am attraktivsten sind. Auch hier können Ihnen die Verbraucherzentralen kompetent helfen. Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel zum ewigen Widerspruch bei Lebens- und Rentenversicherungen.
Fazit: Gut informiert entscheiden
Die Entscheidung, eine Lebensversicherung zu kündigen oder anzupassen, ist komplex und sollte nicht überstürzt getroffen werden. Es gibt zahlreiche Optionen – von der einfachen Umstellung der Zahlungsweise über die Reduzierung der Dynamik und die Kündigung von Zusatzversicherungen bis hin zur Beitragsfreistellung oder einem Policendarlehen. Jede dieser Maßnahmen hat spezifische Vor- und Nachteile, die sich auf Ihren Versicherungsschutz, Ihre finanzielle Situation und Ihre Steuerlast auswirken können. Insbesondere die Kündigung ist oft mit erheblichen finanziellen Verlusten verbunden, während das „ewige“ Widerrufsrecht bei älteren Verträgen unter Umständen eine bessere Alternative darstellen kann.
Bevor Sie handeln, ist es entscheidend, sich umfassend zu informieren und Ihre individuelle Situation genau zu analysieren. Vergleichen Sie die Konditionen Ihres Vertrags mit alternativen Anlagemöglichkeiten und ziehen Sie stets eine unabhängige Beratung in Betracht. Verbraucherzentralen und Steuerberater sind hier wertvolle Ansprechpartner. So stellen Sie sicher, dass Sie die beste Entscheidung für Ihre finanzielle Zukunft treffen und unnötige Verluste vermeiden, wenn Sie Ihre lebensversicherung teilauszahlung oder vollständige Auflösung in Betracht ziehen.
