Papageien faszinieren die Menschheit seit jeher mit ihrer Schönheit, ihrer Intelligenz und ihrer Fähigkeit, Laute zu imitieren. Doch hinter dieser Faszination verbirgt sich oft eine ernste Realität: Viele Papageienarten sind vom Aussterben bedroht, und ihre Eignung als Haustiere wird häufig missverstanden. Dieser Artikel beleuchtet die komplexen Bedürfnisse dieser hochintelligenten Vögel, die dramatische Artenkrise, der sie gegenüberstehen, und warum ein besonderer Vertreter, der Kakapo, niemals als Haustier gehalten werden sollte.
Die faszinierende Welt der Papageien und ihre Intelligenz
Es ist mehr als nur Nachahmung: Papageien gehören zu den intelligentesten Lebewesen auf unserem Planeten. Forschende haben beispielsweise dem Graupapagei Alex rund 500 Wörter beigebracht, deren Sinn er nicht nur wiedergeben, sondern auch verstehen konnte. Diese erstaunlichen kognitiven Fähigkeiten und ihr komplexes Sozialleben machen Papageien zu einzigartigen Studienobjekten in der Tierwelt. Ihre Gehirne, die im Verhältnis zum Körper zu den größten aller Wirbeltiere zählen, weisen eine viel höhere Dichte an Nervenzellen auf als die von Primaten oder Delfinen. Diese neurologische Ausstattung ermöglicht es ihnen, komplexe Denkaufgaben zu lösen, in die Zukunft zu planen und sogar spontan Artgenossen zu helfen.
Auguste von Bayern vom Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz erforscht in Kooperation mit der Loro Parque Stiftung die Denkfähigkeit verschiedener Papageienarten. Ihre Arbeit zielt darauf ab, die Evolution von Intelligenz und komplexer Kommunikation bei Wirbeltieren besser zu verstehen und herauszufinden, wie Sprache und Intelligenz zusammenhängen. Papageien sind aufgrund ihrer Fähigkeit, Laute zu lernen und zu imitieren – eine Grundvoraussetzung der menschlichen Sprache, die nur bei wenigen Tiergruppen vorkommt – ein Schlüssel zum Verständnis der menschlichen Sprachentwicklung. Diese Erkenntnisse verdeutlichen, dass Papageien kognitiv auf einem ähnlichen Niveau wie Menschenaffen rangieren, was die Verantwortung des Menschen für ihren Schutz umso größer macht.
Auguste von Bayern mit einem Ara in der Zuchtstation der Loro Parque Stiftung
Kakapo: Ein vom Aussterben bedrohtes Symbol der Biodiversitätskrise
Unter den vielen bedrohten Papageienarten nimmt der Kakapo aus Neuseeland eine Sonderstellung ein. Dieser nachtaktive, flugunfähige Bodenpapagei ist nicht nur extrem selten, sondern auch ein trauriges Symbol für die globale Artenkrise. Die Vorstellung, einen Kakapo als Haustier zu halten, ist angesichts seines kritischen Erhaltungszustandes und seiner hochspezialisierten Lebensweise absurd. Er ist eine der 109 Papageienarten, die auf der Roten Liste stehen – 17 davon sind sogar „vom Aussterben bedroht“. Der Kakapo ist ein Beispiel für eine Art, die nur durch intensive Schutzmaßnahmen vor dem endgültigen Verschwinden bewahrt werden kann. Seine einzigartigen Eigenschaften und seine geringe Anzahl machen ihn zu einem der weltweit am stärksten gefährdeten Vögel, dessen Überleben von dedizierten Artenschutzprogrammen abhängt.
Die größten Bedrohungen für Papageien: Lebensraumzerstörung und Haustierhandel
Die größte Gefahr für Papageien ist die Zerstörung ihrer Lebensräume. Die meisten Arten leben in tropischen und subtropischen Regenwäldern, die weltweit stark gefährdet sind. Dramatische Beispiele wie Ecuador, wo nur noch knapp drei Prozent des Primärwaldes existieren, oder der brasilianische Mata Atlantica mit nur sieben Prozent Restbestand, zeigen das Ausmaß der Zerstörung. Ohne ihre Wälder, die ihnen Nistplätze in alten Bäumen und spezifische Nahrungsquellen bieten, können Papageien nicht überleben. Viele Arten sind Höhlenbrüter und auf große, alte Baumexemplare angewiesen, während ihre Ernährung oft von ganz bestimmten Früchten und Nüssen abhängt.
Ein weiteres massives Problem ist der illegale Haustierhandel. Küken großer Aras werden auf dem Schwarzmarkt für Hunderte von Euro gehandelt, während erwachsene Tiere aus legaler Zucht ebenfalls hohe Preise erzielen. Selbst vom Aussterben bedrohte Papageienarten werden wegen ihrer Federn oder als Sport gejagt. Diese Praktiken befeuern nicht nur das Verschwinden vieler Arten, sondern bedeuten auch unermessliches Leid für die gefangenen Tiere. Die immense Nachfrage nach exotischen Vögeln für den Heimtierbereich trägt maßgeblich zur Dezimierung wilder Populationen bei und unterstreicht die Notwendigkeit eines verantwortungsbewussten Handelns und strengerer Kontrollen.
Vom Aussterben bedroht: Diademlori (links oben), Spix-Ara (rechts) und Kakapo (links unten).
Artenschutz: Eine globale Aufgabe
Die Bedrohung der Papageien ist ein klares Zeichen einer Biodiversitätskrise historischen Ausmaßes. Die vom Menschen verursachte Aussterberate liegt um das 100- bis 1000-Fache über der normalen biologischen Rate – das größte Massenaussterben seit dem der Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren. Internationale Organisationen wie Birdlife International, World Parrot Trust, Parrots International und ZGAP kämpfen unermüdlich für den Erhalt dieser einzigartigen Vögel. Die Loro Parque Stiftung, ein wichtiger Partner in der Forschung von Auguste von Bayern, unterstützt beispielsweise Schutzprojekte für 30 bis 40 Papageienarten und Meeressäuger. Durch ihr Engagement konnten neun Papageienarten vor dem Aussterben bewahrt werden, fünf davon wurden sogar in ihrem Bedrohungsstatus heruntergestuft.
Ein zentraler Aspekt dieser Arbeit ist die verantwortungsvolle Zucht, um den illegalen Handel einzudämmen, die Generhaltung zu sichern und bedrohte Arten wieder auszuwildern. Die Loro Parque Stiftung betreibt auf Teneriffa eine Zuchtstation, in der über 4500 Tiere aus über 200 Arten leben. Papageien fungieren hier als “Gallionsfiguren” für den Arten- und Lebensraumschutz: Ihr Schutz kommt auch vielen anderen, weniger charismatischen Arten zugute. Erfolgreiche Projekte für Graubrustsittich, Kakapo, Lear-Ara und die Wiederansiedlung des Großen Soldatenaras zeigen, dass gezielte Schutzmaßnahmen positive Effekte erzielen können.
Papageien als Haustiere: Eine verantwortungsvolle Entscheidung
Die Haltung eines Papageis als Haustier ist eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe, die nur von erfahrenen Experten oder spezialisierten Züchtern in Betracht gezogen werden sollte. Viele Papageienarten sind als Haustiere denkbar ungeeignet. Sie sind extrem laut, entwickeln leicht Marotten wie Federausrupfen oder unaufhörliches Schreien, wenn ihre natürlichen Bedürfnisse – wie Bewegungsdrang, Knabberbedürfnis und soziale Interaktion – nicht erfüllt werden. Ein Papagei braucht viel Platz, eine artgerechte Umgebung mit passender Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie spezielles Futter, um gesund zu bleiben.
Papageien sind hochsoziale Tiere und die meisten Arten leben in lebenslanger Einehe. Eine Einzelhaltung ist Tierquälerei. Eine Voliere kann niemals groß genug sein; ein kleiner Käfig oder gar die Haltung an einer Kette ist absolut indiskutabel und gehört verboten. Die Kosten für eine artgerechte Haltung können erheblich sein, und man muss bedenken, dass manche Arten sehr alt werden können. Auguste von Bayern fasst es treffend zusammen: Einen Papagei aufzunehmen, ist „wie ein Kleinkind, das nie erwachsen wird und dazu um ein Vielfaches lauter ist.“ Wer sich für einen Papagei entscheidet, muss sich der kognitiven Fähigkeiten und der hohen Ansprüche dieser Tiere bewusst sein. Statt sich einen Kakapo als Haustier zu wünschen, sollten wir uns darauf konzentrieren, die Arten in der Wildnis zu schützen und das Bewusstsein für ihre komplexen Bedürfnisse zu schärfen.
Die Faszination für Papageien sollte sich in ihrem Schutz und der Achtung ihrer Wildnis widerspiegeln, anstatt in dem Wunsch, diese anspruchsvollen und oft vom Aussterben bedrohten Tiere als Haustiere zu halten.
