Das Apportieren ist weit mehr als nur ein Spiel; es ist eine wertvolle Beschäftigung, die die Bindung zwischen Mensch und Hund stärkt, den Vierbeiner körperlich und geistig auslastet und seinen natürlichen Instinkten gerecht wird. Für viele Hunde gehört es zu den absoluten Lieblingsaktivitäten, doch nicht jeder Hund ist ein Naturtalent. Dieser umfassende Guide hilft Ihnen dabei, Ihrem Hund das Apportieren Schritt für Schritt beizubringen und häufige Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Erfahren Sie, warum das Apportieren so wichtig ist, welche Hunde dafür prädestiniert sind und wie Sie das Training optimal gestalten.
Was bedeutet Apportieren im Hundetraining?
Apportieren bedeutet, dass ein Hund einen Gegenstand nicht nur jagt oder fängt, sondern ihn aktiv zu seinem Menschen zurückbringt und dort abgibt. Es unterscheidet sich somit vom einfachen “Stöckchen holen”, bei dem der Hund den Gegenstand oft behält oder nicht zuverlässig zurückführt. Ursprünglich stammt der Begriff aus der Jagd, wo Hunde speziell darauf trainiert wurden, erlegtes Wild zum Jäger zu bringen. Diese Fähigkeit ist ein tief verwurzelter Jagdinstinkt, der im Apportiertraining auf spielerische und kontrollierte Weise kanalisiert wird.
Warum sollten Hunde apportieren lernen?
Apportieren bietet zahlreiche Vorteile für das Mensch-Hund-Team. Es ist eine hervorragende Möglichkeit, den Hund körperlich auszulasten, da er dabei ausgiebig laufen und springen kann. Gleichzeitig fordert es den Hund auch geistig, da Konzentration und Koordination gefragt sind. Die Möglichkeit, einen Gegenstand zu “jagen” und zu tragen, befriedigt zudem den natürlichen Beutetrieb vieler Hunde.
Das gemeinsame Training stärkt die Bindung und verbessert die Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Vierbeiner. Sie lernen, Ihre Körpersprache bewusster einzusetzen und die Signale Ihres Hundes besser zu verstehen. Apportieren lässt sich flexibel gestalten: Sowohl im Haus als auch draußen beim Spaziergang können Sie Übungen durchführen, um die Konzentration zu steigern und Langeweile vorzubeugen. Es ist außerdem eine der wichtigsten Grundlagen für das Dummytraining, eine beliebte Hundesportart, die sich immer größerer Beliebtheit erfreut.
Was wird zum Apportieren benötigt?
Der Gegenstand, der apportiert werden soll, wird “Apportel” genannt. Im professionellen Hundesport oder bei der Jagd werden oft spezielle Apportel verwendet, die bestimmte Material- und Gewichtsvorgaben erfüllen müssen und auch als “Bringholz” bekannt sind. Im Dummytraining kommen normierte Jagdattrappen, sogenannte “Dummys”, zum Einsatz. Für den Anfang und das spielerische Training zu Hause reicht jedoch ein einfacher Gegenstand aus, der gut zu greifen ist und keine Verletzungsgefahr birgt. Wichtig ist, dass der Gegenstand für Ihren Hund attraktiv ist und er ihn gerne ins Maul nimmt.
Bevor Sie mit dem Training beginnen, stellen Sie sicher, dass Ihr Hund gesund ist und keine Schmerzen hat, insbesondere im Bereich der Gelenke oder des Mauls. Achten Sie auf eine ruhige Trainingsumgebung ohne zu viele Ablenkungen, besonders in den Anfängen.
Welche Hunde eignen sich besonders gut zum Apportieren?
Grundsätzlich kann fast jeder Hund das Apportieren lernen, unabhängig von seiner Rasse. Dennoch gibt es Hunde, die aufgrund ihrer Veranlagung oder Zuchtgeschichte eine stärkere Neigung dazu zeigen als andere.
Retriever & Co.
Wie der Name schon sagt (“to retrieve” bedeutet “zurückbringen”), sind Retriever-Rassen geborene Apportierhunde. Ob Labrador Retriever, Golden Retriever oder Flat Coated Retriever – diese Hunde wurden gezüchtet, um geschossenes Wild sanft zum Jäger zurückzubringen. Sie haben einen ausgeprägten Bringtrieb und viel Freude daran, mit ihrem Menschen zusammenzuarbeiten. Für Besitzer dieser Rassen ist das Apportiertraining, eventuell sogar das Dummytraining, eine ideale Auslastung und eine Möglichkeit, ihren Hunden eine große Freude zu bereiten. Auch wenn die meisten Retriever begeistert apportieren, gibt es natürlich auch hier Ausnahmen.
Ball-Junkies
Ihr Hund ist verrückt nach Bällen und wartet beim Spaziergang sehnsüchtig auf den nächsten Wurf? Dann ist Ihr Vierbeiner vermutlich ein sogenannter “Ball-Junkie”. Bei diesen Hunden befriedigen Ballspiele den Jagdtrieb und die Lust an Bewegung. Ein apportierender Gegenstand kann für sie schnell die Rolle des heißgeliebten Balls einnehmen. Es ist wichtig, bei Ball-Junkies auf ein kontrolliertes Apportieren zu achten und wilde, erschöpfende Jagdspiele zu vermeiden, um eine Übererregung zu verhindern. Der Fokus sollte auf dem Zurückbringen und der Kooperation liegen, nicht auf der wilden Jagd.
Uninteressierte Hunde
Nicht jeder Hund hat von Natur aus Lust aufs Apportieren. Insbesondere selbstständige Hunderassen, wie zum Beispiel Herdenschutzhunde (z.B. der Bergamasker) oder Windhunde, zeigen oft wenig Interesse. Sie wurden für andere Aufgaben gezüchtet und arbeiten lieber eigenständig. Wenn Ihr Hund zunächst uninteressiert ist, können Sie ihn mit positiver Verstärkung motivieren. Belohnungen wie Leckerlis oder ein Futterbeutel, bei dem die Belohnung direkt aus dem Dummy kommt, können Wunder wirken. Lassen Sie den Hund anfangs selbst versuchen, an die Leckerlis im Beutel zu kommen. Er wird schnell lernen, dass er Ihre Hilfe benötigt, um an die begehrte Belohnung zu gelangen. Akzeptieren Sie jedoch auch, wenn Ihr Gefährte nach einiger Zeit kein Interesse entwickelt – nicht jedes Spiel ist für jeden Hund geeignet. Es gibt immer wieder Ausnahmen, wie einen Greyhound, der gerne apportiert, aber diese sind eher selten.
Welpen und Junghunde: Wann beginnen?
Grundsätzlich können Sie auch einem jungen Hund das Apportieren beibringen, vorausgesetzt, Sie gehen dabei sehr ruhig und altersgerecht vor. Bei Welpen und Junghunden sollten die Trainingseinheiten sehr kurz sein, idealerweise nur zwei bis drei Minuten pro Einheit. Steigern Sie die Spieldauer langsam und achten Sie darauf, dass der Hund nicht überfordert wird. Lieber fünfmal zwei Minuten Apportieren am Tag als einmal zehn Minuten. Das schont die noch nicht voll ausgereiften Gelenke und sorgt dafür, dass der Hund die Freude am Training behält. Konzentration und eine entspannte Atmosphäre sind dabei wichtiger als die Dauer der Übung.
Schwere Hunde und Hunde mit Arthrose
Für Vierbeiner mit Gelenkproblemen wie Arthrose sind anstrengendes Laufen mit vielen abrupten Stopps oder Sprüngen tabu. Möchten Sie diesen Hunden das Apportieren beibringen, beschränken Sie sich auf einen sehr kleinen Radius. Ein ruhiges Apportieren, bei dem der Gegenstand nur wenige Meter entfernt liegt und es vor allem auf konzentriertes Arbeiten ankommt, ist hier ideal. Das Apportieren kann auch hervorragend mit Suchspielen kombiniert werden, bei denen der Hund den Gegenstand in seinem eigenen Tempo erschnüffelt und langsam zu Ihnen bringt. Fragen Sie im Zweifel immer Ihren Tierarzt, welche Apportierübungen für Ihren Hund geeignet sind und ob es Einschränkungen gibt. Die Gesundheit Ihres Hundes hat oberste Priorität.
Schritt-für-Schritt: Dem Hund das Apportieren beibringen
Viele Hunde besitzen einen natürlichen Bringtrieb. Selbst Welpen apportieren oft instinktiv kleine Gegenstände. Doch auch “Naturtalente” profitieren von einem strukturierten und korrekten Apportiertraining. Es geht darum, den Bringtrieb zu lenken und dem Hund beizubringen, den Gegenstand zuverlässig abzugeben.
Motivation für Apportier-Muffel
Wenn Ihr Hund zu den Apportier-Muffeln gehört, ist der Futterbeutel eine hervorragende Motivationshilfe. Die Belohnung erhält Ihr Hund dann direkt aus dem Dummy, was den Reiz erhöht. Lassen Sie Ihren Vierbeiner zu Beginn ruhig versuchen, allein an die Leckerlis zu kommen. Er wird schnell verstehen: An den Inhalt des Beutels gelange ich nur mit der Hilfe meines Zweibeiners! Dies schafft eine positive Verknüpfung mit dem Apportel und Ihrer Kooperation.
Schritt 1: Den Gegenstand tragen lernen
Beginnen Sie damit, Ihrem Hund den zu apportierenden Gegenstand spielerisch anzubieten. Halten Sie ihn vor seine Nase und bewegen Sie sich langsam rückwärts. Sobald Ihr Hund Interesse zeigt und den Gegenstand aufnehmen möchte, loben Sie ihn überschwänglich und belohnen Sie ihn mit einem Leckerli oder einem kurzen Spiel.
Im nächsten Schritt loben Sie Ihren Hund, sobald er den Gegenstand ins Maul nimmt und festhält. Klappt dies zuverlässig, führen Sie den Gegenstand weiterhin fest haltend mit, während der Hund ihn im Maul trägt. Weiten Sie dieses “Tragen” in kleinen Schritten aus, sodass Ihr Hund den Gegenstand immer länger und selbstständiger trägt. Schließlich überlassen Sie Ihrem Hund den Gegenstand komplett und loben ihn, wenn er ihn weiterhin trägt und mit Ihnen geht. Dies ist der Grundstein für das spätere Zurückbringen.
Schritt 2: Gegenstand aufnehmen und bringen
Sobald Ihr Hund den Gegenstand begeistert in der Hand hält, senken Sie Ihre Hand langsam immer weiter nach unten. Ziel ist es, dass Ihr Hund sich bücken muss, um den Gegenstand weiterhin zu greifen. Loben Sie ihn, wenn er sich mit dem Apportel im Maul wieder aufrichtet. Sie können ihn dabei unterstützen, indem Sie den Gegenstand leicht nach oben führen, sobald er ihn greift. Bei den nächsten Wiederholungen entfernen Sie Ihre Hand immer weiter vom Apportel am Boden.
Legen Sie den Gegenstand schließlich einige Schritte zwischen sich und den Hund. Ihre Hand liegt dabei auf dem Boden. Wenn Ihr Vierbeiner mit seiner “Beute” zu Ihnen kommt, belohnen Sie ihn. Das Apportel sollte dabei sanft in Ihre platzierte Hand fallen. Heben Sie Ihre Hand in den nächsten Runden schrittweise höher, bis Sie den Gegenstand im Stehen problemlos empfangen können. Das Ziel ist, dass der Hund den Gegenstand ohne Aufforderung in Ihre Hand legt.
Schritt 3: Wortsignale einführen
Erst wenn die vorherigen Schritte zuverlässig funktionieren, sollten Sie Wortsignale einführen. Legen Sie den Gegenstand auf den Boden, ohne dass Ihr Hund ihn sofort erreichen kann. Geben Sie nun ein klares Wortsignal wie “Bring!” oder “Hol’s!”. Wenn Ihr Hund den Gegenstand wie zuvor geübt aufnimmt und Ihnen in die Hand gibt, loben Sie ihn überschwänglich.
Sobald dieses Signal sitzt, können Sie ein zweites Wortsignal für die Abgabe einführen. Sagen Sie das Abgabesignal wie “Aus!” oder “Gib!”, kurz bevor der Hund den Gegenstand in Ihre Hand fallen lässt. Das Timing ist hier entscheidend, damit der Hund die Verknüpfung zwischen Signal und Handlung herstellt. Mit der Zeit verlängern Sie den Zeitraum, in dem der Hund das Apportel im Maul hält, indem Sie das Abgabesignal Sekunde für Sekunde hinauszögern. Auch hier sind Geduld und präzises Timing wichtig.
Werfen & Bringen – Der Feinschliff
Der Erfolg beim richtigen Apportieren liegt im kontrollierten Zurückbringen, nicht im wilden Hinterherlaufen nach dem Wurf. Gehen Sie daher erst zum Werfen des Gegenstandes über, wenn das kontrollierte Bringen zuverlässig klappt. Wenn Ihr Hund die Kommandos “Sitz!” oder “Bleib!” sicher beherrscht, lassen Sie ihn vor dem Wurf sitzen und lösen Sie den Befehl erst nach dem Wurf auf. So lernt er Impulskontrolle und fokussiert sich auf das Signal zum Loslaufen, nicht auf das Fliegen des Apportels. Die Distanz des Wurfes steigern Sie ebenfalls langsam, um Überforderung zu vermeiden.
Häufige Probleme und Lösungen beim Apportieren
Aller Anfang ist schwer, und beim Apportiertraining können verschiedene Herausforderungen auftreten. Hier sind einige Tipps für typische Startschwierigkeiten:
Der Hund bringt den Dummy nicht zurück
Manche Hunde spielen mit dem Apportel, tänzeln damit vor ihrem Halter herum, möchten es aber partout nicht zurückgeben. Oft versuchen sie, den Zweibeiner zu einer Verfolgungsjagd zu animieren. Lassen Sie sich auf diese Spiele nicht ein! Der Hund soll lernen, dass es beim Apportieren um das zuverlässige Zurückbringen geht, nicht um eine Jagd nach dem Gegenstand.
Bleiben Sie geduldig. Irgendwann wird Ihr Hund auf Sie zukommen. Sobald er das tut, belohnen Sie ihn mit einem Leckerli. Alternativ können Sie anfangs eine Schleppleine einsetzen, um den Radius des Hundes zu kontrollieren und ihn sanft heranzuholen.
Weitere Tipps:
- Körpersprache: Stehen Sie nicht frontal, sondern seitlich zum Hund. Eine offene, positive Körpersprache wirkt einladend.
- Nicht zu früh greifen: Warten Sie, bis der Hund wirklich nah ist und den Gegenstand anbietet, bevor Sie danach greifen.
- Ausgiebig loben: Jede Annäherung und jede Abgabe wird freudig gelobt.
- Rückrufsignal: Falls der Hund den Gegenstand aufgenommen hat, aber nicht zurückkommt, kann ein bereits etabliertes Rückrufsignal helfen.
- Kleine Schritte: Trainieren Sie in vielen, sehr kurzen Einheiten, um den Hund nicht zu überfordern.
Der Hund dreht zu sehr auf
Besonders junge oder sehr temperamentvolle Hunde können bei Spieleinheiten schnell überdrehen. Sie sind kaum zu bändigen und nach der Übung aufgeregter als vorher. Wenn Ihr Hund dazu neigt, achten Sie unbedingt auf kurze Trainingseinheiten von nur zwei bis drei Minuten.
Legen Sie den Schwerpunkt auf das konzentrierte Zurückgeben und die Abgabe des Gegenstandes, anstatt auf die wilde Jagd. Üben Sie so, dass der Hund erst nach Ihrem Kommando (“Bring!”) losläuft und nicht schon beim Wurf. Dies fördert die Impulskontrolle und hilft, die Erregungslage niedrig zu halten. Ruhige, kontrollierte Abläufe sind hier der Schlüssel zum Erfolg.
Der Hund winselt
Winseln ist ein klares Zeichen dafür, dass die Erregungslage Ihres Hundes zu hoch ist. Eine hohe Erregung bedeutet Stress für den Hund und sollte vermieden werden. Achten Sie darauf, die Apportierübungen stets entspannt zu beginnen und zu beenden.
Trainieren Sie zu Beginn nicht in Gesellschaft anderer Hunde, da dies die Aufregung noch steigern könnte. Auch das Auslegen des Gegenstandes anstatt ihn zu werfen, trägt zu einer ruhigeren Atmosphäre bei. Ziel ist eine unaufgeregte und konzentrierte Arbeitsweise, die sogenannte “Steadiness”, welche insbesondere für das Dummytraining eine grundlegende Voraussetzung ist. Ein entspannter Hund lernt besser und hat mehr Freude am Training.
Ein Jack Russell Terrier apportiert ein spezielles Apportierholz auf einer grünen Wiese.
Apportieren – in kleinen Schritten für ein Hundeleben üben
Zugegeben: Ein kleinschrittiges Apportiertraining erfordert etwas Geduld und Konsequenz von Ihrer Seite. Doch wer hier präzise und mit positiver Verstärkung arbeitet, kann sich ein Hundeleben lang über einen zuverlässig apportierenden und ausgeglichenen Hund freuen. Es ist ein wunderbares Gefühl, wenn Ihr Vierbeiner den apportierten Gegenstand nicht einfach nur fallen lässt oder vor die Füße spuckt, sondern sauber und bereitwillig in Ihre Hand ablegt.
Apportieren ist eine hervorragende Freizeitbeschäftigung, die sowohl Körper als auch Geist fordert und die Bindung zwischen Ihnen und Ihrem Hund auf einzigartige Weise stärkt. Vielleicht ist es sogar Ihr Einstieg in die faszinierende Welt des Dummytrainings. Nehmen Sie sich die Zeit, genießen Sie das gemeinsame Training und erleben Sie, wie viel Freude und Erfolg das Apportieren Ihrem Hund und Ihnen bereiten kann!
