Glou-Glou: Ein Trend aus der Weinwelt für deutsche Gaumen

Flasche mit leichtem Wein

Die deutsche Esskultur ist reichhaltig und vielfältig, geprägt von Traditionen und regionalen Spezialitäten. Doch jenseits der bekannten Klassiker wie Bratwurst und Sauerkraut entwickelt sich ständig Neues, das unsere Gaumen erobert. Einer dieser spannenden Trends, der seinen Ursprung in der Welt des Weins hat, ist das Phänomen „Glou-Glou“. Was verbirgt sich hinter diesem ungewöhnlichen Begriff, und wie passt er in das deutsche kulinarische Erbe? Tauchen wir ein in die Welt des leichten, zugänglichen Weins, der mehr ist als nur ein Getränk – er ist ein Statement.

Die Entstehung des „Glou-Glou“ Begriffs

Der Begriff „Glou-Glou“ mag für viele neu klingen, doch seine Wurzeln reichen weiter zurück, als man vermuten könnte. Ursprünglich beschreibt das französische Wort, eine Lautmalerei, das Geräusch, das entsteht, wenn eine Flüssigkeit aus einer engen Öffnung strömt. Im 17. Jahrhundert fand sich das Wort bereits in Molières Komödie „Der eingebildete Kranke“ wieder, wo es die Geräusche eines Weintrinkers beschrieb. Doch erst im frühen 21. Jahrhundert begann „Glou-Glou“ als Bezeichnung für eine bestimmte Weinrichtung populär zu werden, insbesondere in den Achtzigerjahren mit den leichten Rotweinen aus dem Beaujolais. Namen wie Marcel Lapierre wurden zu Synonymen für diese frische, unkomplizierte Art von Wein, die sich bewusst von der als oft streng und komplex wahrgenommenen traditionellen Weinkultur abgrenzte.

Flasche mit leichtem WeinFlasche mit leichtem Wein

Diese Weine sind oft als „digestible“ – also gut bekömmlich – beschrieben worden. Winzer wie Stefano Bellotti von Cascina degli Ulivi in Italien streben danach, Weine zu kreieren, die einen „gewinnen“, die man unbeschwert genießen kann, ohne zu viel darüber nachdenken zu müssen. Diese leichtfüßige, fast verspielte Energie des „Glou-Glou“ steht im klaren Kontrast zur vermeintlichen Ernsthaftigkeit traditionellerer Weinbereitungsmethoden.

Weiterlesen >>  Essen in meiner Nähe: Entdecken Sie authentische deutsche Küche

„Glou-Glou“ im Wandel der Zeit

Über die Jahre hat sich „Glou-Glou“ von einem spezifischen Weinbegriff zu einem universellen Ausdruck entwickelt, der den freien Geist des sogenannten „Natural Wines“ verkörpert. Heute wird es als Substantiv, Adjektiv oder sogar als Verb verwendet. Es ist nicht nur ein Schlagwort für eine Weinrichtung, sondern auch ein Motor für Unternehmertum. Es gibt mittlerweile Magazine, Weinhandlungen und sogar Promi-Weine, die diesen Namen tragen. Der Comedian Eric Wareheim, der mit seinen saftigen Rotweinen Bekanntheit erlangt hat, ist ein Beispiel dafür, wie „Glou-Glou“ aus der Nische heraus in breitere Kreise vordringt.

Die Entwicklung von „Glou-Glou“ zeigt die fortschreitende Demokratisierung der Weinwelt. Wo früher vielleicht nur eine Handvoll Winzer und ein kleiner Kreis von Kennern zusammenkamen, wie bei der Weinmesse La Dive Bouteille, sind es heute Hunderte von Erzeugern und Tausende von Besuchern. Dieser Zuwachs an Popularität birgt jedoch auch die Gefahr, dass der Begriff seine ursprüngliche Bedeutung verliert und zu einem allumfassenden Label wird, das die Vielfalt, die ihn einst inspirierte, zu nivellieren droht. Weinautor Simon Woolf bemerkte treffend, dass „Glou-Glou“ zu einem „Meta-Profil für Natural Wine insgesamt“ geworden sei.

Der Kern von „Glou-Glou“: Vin de Soif und Terroir

Im Kern steht hinter „Glou-Glou“ oft das Konzept des „Vin de Soif“, also durststillender Weine. Diese zeichnen sich durch niedrigen Alkoholgehalt und wenig Tannine aus und sind bekannt für ihre frische, saftige Natur. Sie erinnern an den puren Fruchtgeschmack und sind ideal für den unkomplizierten Genuss, sei es im geselligen Beisammensein oder als Begleiter zu leichten Speisen.

Kritiker von „Glou-Glou“ und seiner wachsenden Dominanz im Bereich der Naturweine, wie auch Simon Woolf, äußern Bedenken, dass bestimmte Herstellungsmethoden, wie die Kohlensäure-Mazeration (carbonic maceration), die Verbindung des Weins zum Terroir beeinträchtigen und zu einem fast universellen Geschmacksprofil führen könnten. Sie sehen darin eine Art „Parkerization“ im Kleinen – eine Standardisierung, der sich die Naturweinbewegung eigentlich entgegenstellen wollte. Die Philosophie hinter „Glou-Glou“ ist jedoch nicht nur, einen schnell zu trinkenden Wein zu schaffen. Es geht um eine bestimmte Balance, die den Wein sofort zugänglich macht, ohne seine Komplexität zu opfern.

Weiterlesen >>  Imaginate Restaurant: Einzigartiges Fine-Dining-Erlebnis mit 3D-Projektionen in Royal Oak

Weinprobenteller mit verschiedenen WeinenWeinprobenteller mit verschiedenen Weinen

„Glou-Glou“ über die Weinwelt hinaus

Die Idee des „Glou-Glou“ hat mittlerweile auch die Grenzen der Weinwelt überschritten und findet Anklang in anderen Getränkekategorien. So erkundet beispielsweise der Brauereikonzern Anheuser-Busch das Konzept für neue Bierprojekte. Die Innovationsleiterin Karmen Olson beschrieb „Glou-Glou“ als etwas Ähnliches wie „crushable“, aber mit einer schwerer zu fassenden Nuance. Es gehe nicht nur darum, ein Getränk schnell zu trinken, sondern um eine spielerische, zugängliche Trinkbarkeit, die sich von komplexeren Weinen unterscheidet, ohne dabei belanglos zu sein.

Diese Übertragung auf Bier zeigt, wie ein Begriff, der ursprünglich aus der Weinwelt stammt, sich weiterentwickelt und neue Bedeutungen annimmt. Es unterstreicht die universelle Sehnsucht nach unkompliziertem Genuss und Produkten, die einfach Freude bereiten. Die Ironie dabei ist, dass die Anwendung von „Corporate Design Thinking“ auf ein solch organisch entstandenes Konzept wie „Glou-Glou“ auch die Gefahr birgt, den ursprünglichen Geist zu verlieren. Stefano Bellotti mahnt, dass man bei zu viel intellektueller Betrachtung den eigentlichen Kern des Weins verliere: „Wine doesn’t give a shit about being intellectual.“

„Glou-Glou“ und die deutsche Esskultur

Für die deutsche Esskultur, die oft für ihre deftigen und bodenständigen Gerichte bekannt ist, bietet „Glou-Glou“ eine spannende Ergänzung. Die leichten, fruchtigen Weine passen hervorragend zu vielen traditionellen deutschen Speisen. Denken wir an eine herzhafte Brotzeit mit verschiedenen Wurst- und Käsesorten, an leichtere Fischgerichte oder auch an die Vielfalt der saisonalen Gemüseküche. Ein gut gekühlter „Glou-Glou“ Wein kann eine erfrischende Alternative zu den oft schwereren Rotweinen sein und die Aromen der Speisen auf subtile Weise unterstreichen, anstatt sie zu überdecken.

Weiterlesen >>  Die Gosch Speisekarte: Ein kulinarischer Kompass durch Norddeutschlands Fischwelt

Die deutsche Weinlandschaft selbst bietet auch Potenzial für Weine im „Glou-Glou“-Stil. Viele deutsche Winzer, insbesondere aus Regionen wie der Pfalz oder Rheinhessen, experimentieren mit leichteren Stilen, geringerem Alkoholgehalt und betonter Fruchtigkeit, oft auch mit dem Fokus auf Bio- oder biodynamische Anbaumethoden. Diese Weine sind oft perfekt geeignet, um das deutsche kulinarische Erbe mit einer modernen, leichten Note zu ergänzen.

Letztendlich ist „Glou-Glou“ mehr als nur ein Trendwort. Es ist eine Philosophie, die den Genuss in den Vordergrund stellt und den Wein als eine Quelle der Freude und des Miteinanders begreift. In einer Zeit, in der Authentizität und unkomplizierter Genuss immer wichtiger werden, hat „Glou-Glou“ das Potenzial, sich fest in der deutschen kulinarischen Landschaft zu etablieren und neue Wege für die Wertschätzung von Wein zu eröffnen.

Fazit

Der Aufstieg von „Glou-Glou“ ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie sich Sprache und Kultur um ein Produkt entwickeln können. Ursprünglich als Lautmalerei und später als Bezeichnung für einen leichten, trinkfreudigen Wein entstanden, ist „Glou-Glou“ heute ein Synonym für den unbeschwerten Genuss und den freien Geist des Natural Wines. Für die deutsche Esskultur bietet dieses Konzept eine wunderbare Möglichkeit, traditionelle Gerichte mit modernen, leichten Weinen zu kombinieren und so neue Geschmackserlebnisse zu schaffen.

Was ist Ihr Lieblingswein im „Glou-Glou“-Stil? Teilen Sie Ihre Gedanken und Entdeckungen mit uns!