Getränke ohne Pfand: Ein unterschätztes Problem im deutschen Handel

Coladosen (Quelle: rbb)

Wenn die letzte Dose im Pfandautomaten landet und doch nicht akzeptiert wird, kann das frustrierend sein. Besonders, wenn man annimmt, dass mittlerweile alles pfandpflichtig ist. Doch die Realität sieht oft anders aus: Getränke, die aus dem Ausland stammen, tragen oft nicht das Siegel der Deutschen Pfandsystem GmbH (DPG) und sind somit nicht pfandpflichtig. Dies gilt auch nach den neuen Pfandregelungen seit dem 1. Januar 2022. Das Grundprinzip ist einfach: Wer kein Pfand bezahlt hat, bekommt auch keins zurück. Doch wie gelangen verpackungsintensive Getränke Ohne Pfand in den Umlauf und wird hier bewusst das deutsche Pfandsystem umgangen?

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Diese Fragen beschäftigen nicht nur verbraucherorientierte Zuschauer, sondern auch Behörden und Umweltschutzorganisationen. Das Phänomen der importierten Getränke ohne Pfand stellt ein bedeutendes, aber oft übersehenes Problem für die Umwelt dar und birgt zudem wirtschaftliche Ungereimtheiten.

Die Umgehung der Pfandpflicht: Ein Problem für Umwelt und System

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und verschiedene Ordnungsämter sehen in der gezielten Einfuhr von Getränken ohne Pfandsiegel eine erhebliche Umweltbelastung. Produkte, die nicht in Deutschland hergestellt werden und kein DPG-Symbol tragen, können nicht in das etablierte deutsche Recyclingsystem integriert werden. Sie landen oft im regulären Hausmüll oder werden unsachgemäß entsorgt, was zu einer Vermüllung von Straßen, Parks und Wäldern führt. Im Gegensatz dazu verzeichnet das deutsche Pfandsystem eine beeindruckende Rücklaufquote von 98,5 Prozent, ein Wert, der die Effektivität des Systems unterstreicht. Die fortgesetzte Umgehung der Pfandpflicht durch importierte Ware, die oft in großem Stil von Fachgroßhändlern aus verschiedenen Ländern wie den Niederlanden, Dänemark, der Türkei, Spanien und Polen bezogen wird, untergräbt dieses System.

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Die Tatsache, dass solche Produkte ihren Weg insbesondere in Spätis, Imbisse, Einzelhandelsgeschäfte und sogar Barbershops finden, wie vom Bezirksamt Pankow bestätigt wird, deutet auf etablierte Vertriebswege hin, die oft auch von der Zentralen Stelle zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in Berlin untersucht werden. Diese Umstände legen den Verdacht nahe, dass die Pfandpflicht nicht nur unbewusst, sondern auch gezielt umgangen wird.

Verstöße gegen das Verpackungsgesetz und die Folgen

Grundsätzlich ist der Import von Getränken aus dem Ausland legal. Problematisch wird es jedoch beim Wiederverkauf ohne das deutsche Pfandsiegel. Dies ist nicht nur illegal, sondern auch ein lukratives Geschäft. Die importierten Produkte sind in der Regel günstiger, da die 25 Cent Pfand entfallen. Dies ermöglicht es den Händlern, ihre Waren deutlich preiswerter anzubieten als die Konkurrenz im Supermarkt und darüber hinaus potenzielle Steuervorteile zu nutzen, da sie nicht am teuren Rücknahmesystem teilnehmen müssen.

Werden Händler mit solchen Verstößen gegen das Verpackungsgesetz erwischt, drohen empfindliche Strafen. Laut der zuständigen Senatsverwaltung können diese Bußgelder bis zu 100.000 Euro betragen. Die tatsächliche Höhe der verhängten Bußgelder variiert jedoch stark von Bezirk zu Bezirk. Während in manchen Bezirken wie Spandau bisher keine Fälle bekannt geworden sind, verzeichnet Lichtenberg eine signifikante Anzahl an Ordnungswidrigkeitenanzeigen und Bußgeldern, die sich an dem Verkaufsgewinn orientieren und mindestens 250,00 € für Erstverstöße betragen. Andere Bezirke erheben solche Daten nicht systematisch oder sind aufgrund von Kapazitätsengpässen, insbesondere im Kontext der Pandemie, nicht in der Lage, regelmäßige Kontrollen durchzuführen.

Bestrebungen zur Zentralisierung der Marktüberwachungsaufgaben auf Berliner Ebene sollen zukünftig eine gezieltere und effektivere Verfolgung dieser Problematik ermöglichen, wie vom Leiter des Ordnungsamtes Spandau angekündigt. Auch in Brandenburg spielt die Problematik von Einwegdosen und -flaschen ohne DPG-Pfandlogo zwar mengenmäßig keine große Rolle, jedoch sind in grenznahen Regionen entsprechende Verpackungen aufgrund der bundesweit einzigartigen Pfandregelung keine Seltenheit.

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Ein altbekanntes Problem mit anhaltender Relevanz

Die Thematik der Getränke ohne Pfand ist kein neues Phänomen, sondern begleitet das Einwegpfandsystem seit dessen Einführung. Kritiker wie Thomas Fischer von der Umwelthilfe äußern die Befürchtung, dass auch die neuen Regelungen keine grundlegende Änderung bewirken und das Problem weiterhin bestehen bleiben wird.

Die Notwendigkeit, über bewährte Praktiken hinauszudenken, zeigt sich auch im Bereich der Getränkeauswahl. Wer bewusster konsumieren möchte und Wert auf Umweltfreundlichkeit legt, kann sich über Alternativen informieren. So bieten beispielsweise rote rüben saft oder Produkte von voelkel saft oft umweltfreundlichere Verpackungsoptionen oder kommen aus nachhaltigeren Produktionsketten.

Der bewusste Konsument ist hier gefragt: Durch die Wahl von Produkten mit Pfandzeichen und die kritische Hinterfragung von Angeboten, die zu gut erscheinen, um wahr zu sein, kann jeder Einzelne einen Beitrag zur Stärkung des deutschen Pfandsystems und zum Umweltschutz leisten.

Fazit

Das Problem der Getränke ohne Pfand ist vielschichtig und betrifft sowohl die Umwelt als auch die Integrität des deutschen Pfandsystems. Die Umgehung der Pfandpflicht durch Importware stellt eine illegale, aber lukrative Praxis dar, die dringend effektiver bekämpft werden muss. Nur durch eine konsequente Überwachung, konsequente Strafverfolgung und ein gestärktes Bewusstsein bei Händlern und Konsumenten kann das Ziel einer nahezu vollständigen Rücklaufquote erreicht und die Umweltbelastung durch Verpackungsmüll reduziert werden. Die Diskussion um getränke ohne pfand zeigt, dass auch in etablierten Systemen stetige Wachsamkeit und Anpassung gefragt sind.