Lebensversicherung im Erbfall: Wann gehört sie zur Erbmasse?

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Die Frage, ob eine Lebensversicherung zur Erbmasse zählt oder nicht, ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine pauschale Antwort ist daher kaum möglich. Im Kern entscheidet die Benennung eines Bezugsberechtigten im Lebensversicherungsvertrag über das Schicksal der Versicherungssumme im Erbfall.

Der Einfluss der Bezugsberechtigung auf die Erbmasse

Ein zentrales Element bei der Klärung dieser Frage ist die sogenannte “Bezugsberechtigung”. Dies ist eine vertragliche Vereinbarung, die im Lebensversicherungsvertrag festgehalten werden kann. Sie besagt, dass die im Todesfall fällige Versicherungssumme an eine oder mehrere bestimmte Personen ausgezahlt werden soll.

Fall 1: Bezugsberechtigter ist benannt

Wenn der Versicherungsnehmer einen oder mehrere Bezugsberechtigte im Vertrag benannt hat, gehört die Auszahlung der Lebensversicherungssumme in den meisten Fällen nicht zur Erbmasse. Der Bezugsberechtigte erwirbt den Anspruch auf die Auszahlung nicht durch Erbrecht, sondern vielmehr durch einen sogenannten “Vertrag zugunsten Dritter”. Diese Form der Zuwendung ist rechtlich von der Erbmasse strikt getrennt. Das bedeutet, die Lebensversicherungssumme fließt dem Begünstigten unabhängig vom übrigen Nachlass zu und ist von der Verteilung unter den Erben ausgenommen.

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Fall 2: Kein Bezugsberechtigter ist benannt

Hat der Versicherungsnehmer hingegen keinen spezifischen Bezugsberechtigten im Vertrag festgelegt, ändert sich die Situation grundlegend. In diesem Fall fließt die Lebensversicherungssumme beim Tod des Versicherten automatisch in die Erbmasse ein. Sie wird somit Teil des Nachlasses und unterliegt den allgemeinen erbrechtlichen Regelungen. Alle Erben teilen sich die Versicherungssumme entsprechend ihrer Erbanteile auf.

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Eine Besonderheit: Bezugsberechtigung “die Erben”

Eine interessante Konstellation ergibt sich, wenn der Versicherungsnehmer als Bezugsberechtigte ausdrücklich “die Erben” eingesetzt hat. Hier greift § 167 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Nach dieser Regelung teilen sich die Erben die Versicherungssumme ebenfalls im Verhältnis ihrer Erbteile auf.

Von besonderer Relevanz ist hierbei Satz 2 dieser Vorschrift: “Eine Ausschlagung der Erbschaft hat auf die Bezugsberechtigung keinen Einfluss.” Diese juristisch formulierte Klausel eröffnet eine sehr strategische Möglichkeit. Sie besagt im Klartext, dass die Lebensversicherungssumme, auch wenn sie für die Erben bestimmt ist, nicht zwingend zur Erbmasse gehört.

Ein praxisnahes Beispiel

Stellen Sie sich vor, der Erblasser hinterlässt ein Unternehmen mit erheblichen Schulden von 500.000 Euro. Er hat jedoch eine Lebensversicherung abgeschlossen, die nicht zur Deckung dieser Kredite verpfändet ist, und als Bezugsberechtigte “meine Erben” festgelegt. Nun können die Ehefrau und die Kinder, die gesetzlich als Erben eingesetzt sind und somit auch die Schulden erben würden, die Erbschaft ausschlagen. Durch die Ausschlagung werden sie von den Schulden des Unternehmens befreit. Gleichzeitig behalten sie jedoch ihren Anspruch auf die Lebensversicherungssumme, da die Ausschlagung der Erbschaft die Bezugsberechtigung nicht beeinträchtigt. Sie können die Versicherungssumme im Verhältnis ihrer ursprünglichen Erbteile untereinander aufteilen und somit trotz einer überschuldeten Hinterlassenschaft finanziell positiv dastehen.

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Steuerliche Aspekte: Erbschafts- und Schenkungsteuer

Auch Lebensversicherungssummen, die nicht in die Erbmasse fallen, sondern direkt an Bezugsberechtigte ausgezahlt werden, unterliegen als freigebige Zuwendung den Regeln des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes. Das bedeutet, dass unter Umständen Erbschafts- oder Schenkungsteuer anfällt, abhängig von der Höhe der Zuwendung und dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Begünstigten.

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Fazit und Handlungsbedarf

Die Frage, ob eine Lebensversicherung zur Erbmasse zählt, ist somit stark von der konkreten Ausgestaltung des Versicherungsvertrages und der Benennung von Bezugsberechtigten abhängig. Insbesondere die Formulierung “die Erben” als Bezugsberechtigte kann eine strategische Möglichkeit bieten, die Vorteile der Lebensversicherung auch bei einer überschuldeten Erbschaft zu nutzen.

Es ist ratsam, sich im Zweifelsfall rechtlich beraten zu lassen, um die eigenen Ansprüche und Pflichten im Erbfall genau zu kennen. Eine frühzeitige Planung und klare Regelungen im Versicherungsvertrag können Ihnen und Ihren Angehörigen unnötigen Stress und finanzielle Nachteile ersparen. Prüfen Sie Ihre bestehenden Verträge oder lassen Sie sich bei Neuabschlüssen umfassend informieren.

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