Erdmännchen üben mit ihrem aufgeweckten Verhalten und ihrer sozialen Natur eine große Faszination auf viele Menschen aus. Es ist verständlich, sich zu fragen, ob man diese drolligen Tiere auch im eigenen Zuhause halten kann. Doch so niedlich sie im Zoo auch erscheinen mögen, Erdmännchen sind Wildtiere mit komplexen Bedürfnissen, die weit über die Anforderungen eines gewöhnlichen Haustiers hinausgehen. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und die strengen Vorgaben für die artgerechte Haltung von Erdmännchen in Deutschland, damit Sie eine fundierte Entscheidung treffen können.
Dürfen Erdmännchen als Haustier gehalten werden?
Die gute Nachricht vorweg: Es gibt in Deutschland kein generelles gesetzliches Verbot, Erdmännchen als Haustier zu halten. Sie gehören keiner bedrohten Spezies an, deren Haltung per se untersagt wäre. Doch diese Freiheit kommt mit erheblichen Einschränkungen und Pflichten. Da Erdmännchen als Wildtiere gelten, unterliegt ihre Haltung strengen Auflagen, die in erster Linie dem Tierschutz dienen und das Wohl der Tiere gewährleisten sollen. Wer sich für die Haltung von Wildtieren entscheidet, muss eine sogenannte Meldepflicht erfüllen. erdmännchen als haustier
Das bedeutet konkret, dass der Erwerb und die Haltung von Erdmännchen innerhalb von zwei Wochen nach deren Einzug der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde gemeldet werden müssen. Diese Meldung ist entscheidend, damit die Behörden einen Überblick über die gehaltenen Wildtiere haben und bei Bedarf Kontrollen zum Schutz der Tiere durchführen können. Anzugeben sind dabei nicht nur Ihr Name und Ihre Anschrift, sondern auch die genaue Art der geplanten Haltung sowie die Anzahl der Tiere. Eine Nichtbeachtung der Meldepflicht kann nicht nur zu empfindlichen Geldstrafen führen, sondern im schlimmsten Fall auch zur Beschlagnahmung der Tiere, da die Haltung dann als illegal eingestuft wird. Es ist daher unerlässlich, sich vorab umfassend über die lokalen Bestimmungen zu informieren und diesen gewissenhaft nachzukommen.
Welche strengen Vorgaben gibt es für die artgerechte Haltung von Erdmännchen?
Die Haltung von Erdmännchen erfordert weit mehr als nur ausreichend Platz; sie muss vor allem artgerecht sein, um den natürlichen Bedürfnissen dieser hochsozialen Tiere gerecht zu werden. Ein zentraler Aspekt ist, dass Erdmännchen keine Einzelgänger sind. Sie leben in komplexen sozialen Strukturen, sogenannten Kolonien. Eine Haltung in Einzelhaft würde für die Tiere immensen Stress und Verhaltensstörungen bedeuten. Daher ist bei einer Haltung in Menschenobhut eine Gruppe von mindestens vier bis fünf Tieren vorgeschrieben. Nur in einer ausreichend großen Gruppe können sie ihr natürliches Sozialverhalten wie gemeinsames Graben, Wache halten und gegenseitige Fellpflege ausleben.
Das Außengehege: Ein Muss für Erdmännchen
Ein weiteres fundamentales Kriterium ist das Gehege. Erdmännchen dürfen nicht in Wohnungen gehalten werden. Sie benötigen zwingend ein geräumiges und ausbruchsicheres Außengehege, das ihnen ganzjährig zugänglich sein muss. Gemäß den Vorgaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft benötigt ein Erdmännchenpaar eine Grundfläche von mindestens zwölf Quadratmetern. Für jedes zusätzliche Tier müssen weitere zwei Quadratmeter Fläche hinzukommen.
Das Außengehege muss speziell konstruiert sein, um den Grabetrieb der Erdmännchen zu berücksichtigen. Ein sandiger oder erdiger Untergrund ist ideal, da er den Tieren das Anlegen komplexer Höhlensysteme ermöglicht – ein essenzieller Bestandteil ihres natürlichen Verhaltens. Um ein Untergraben des Zauns zu verhindern, muss das Gehege mit einem tief in den Boden reichenden Fundament oder einer Betonschürze gesichert sein. Auch die Höhe des Zauns ist wichtig, da Erdmännchen überraschend gut klettern können. Das Gehege sollte zudem verschiedene Strukturen wie Steine, Äste, Wurzeln und Versteckmöglichkeiten bieten, um die Umgebung abwechslungsreich zu gestalten und ihnen Rückzugsorte zu schaffen.
Gruppe von Erdmännchen im Kölner Zoo, die von Besuchern beobachtet werden
Das Innengehege: Schutz vor Kälte
In den kälteren Monaten ist zusätzlich ein beheizbares Innengehege notwendig, das den Erdmännchen Schutz vor Frost und Nässe bietet. Dieses Innengehege muss isoliert sein und eine konstante, warme Temperatur gewährleisten. Eine Wärmequelle wie eine Wärmelampe oder eine beheizbare Platte ist unerlässlich, da Erdmännchen aus wärmeren Regionen stammen und kälteresistent sind. Auch hier sind ausreichend Platz und Versteckmöglichkeiten wichtig. Die Realisierung dieser Anforderungen macht die Haltung von Erdmännchen zu einer aufwändigen und kostspieligen Angelegenheit.
Was ist bei der Ernährung und Pflege von Erdmännchen zu beachten?
Erdmännchen sind von Natur aus Raubtiere, und ihr Speiseplan muss diesem Umstand Rechnung tragen. Kuscheln und Schmusen sind bei diesen Tieren fehl am Platz, stattdessen benötigen sie eine proteinreiche Ernährung. Ihre natürliche Kost besteht hauptsächlich aus Insekten, Mäusen, Küken und Wachteln. Es ist wichtig, Futtertiere anzubieten, die komplett verspeist werden können, da diese alle notwendigen Nährstoffe und Spurenelemente liefern. Eine einseitige Ernährung kann zu Mangelerscheinungen und Gesundheitsproblemen führen.
Gelegentlich dürfen kleine Mengen an Obst und Gemüse sowie Hühnereier (roh oder gekocht) als Ergänzung gegeben werden. Es gibt jedoch auch Nahrungsmittel, die für Erdmännchen giftig sind oder die sie schlecht vertragen, wie zum Beispiel Avocado und Aubergine. Schweinefleisch sollte ebenfalls vermieden werden. Frisches Trinkwasser muss jederzeit zugänglich sein und täglich gewechselt werden.
Die Pflege von Erdmännchen erfordert zudem Zugang zu spezialisierten Tierärzten, die Erfahrung mit Exoten haben. Regelmäßige Gesundheitschecks sind wichtig, um Krankheiten frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Da Erdmännchen einen ausgeprägten Bewegungs- und Grabetrieb haben, ist auch die tägliche Reinigung des Geheges und die Kontrolle auf potenzielle Ausbruchsstellen unerlässlich.
Die Kosten und der Zeitaufwand der Erdmännchenhaltung
Die Entscheidung, Erdmännchen als Haustier zu halten, ist nicht nur eine Frage des Willens, sondern auch der finanziellen und zeitlichen Ressourcen. Die Anschaffungskosten für eine Gruppe von vier bis fünf Tieren können bereits beträchtlich sein, da diese meist von spezialisierten Züchtern oder aus Auffangstationen stammen. Hinzu kommen die erheblichen Kosten für den Bau des artgerechten Außen- und Innengeheges, inklusive Materialien, Heizsystemen und Sicherheitsvorkehrungen, die schnell mehrere Tausend Euro erreichen können.
Die laufenden Kosten dürfen ebenfalls nicht unterschätzt werden. Dazu gehören die Ausgaben für spezielles Futter wie Insekten und Kleinsäuger, die nicht günstig sind. Auch Stromkosten für die Beheizung des Innengeheges im Winter und regelmäßige Tierarztbesuche bei einem auf Exoten spezialisierten Veterinär fallen an. Eine Tierkrankenversicherung für Exoten ist oft ratsam, aber ebenfalls mit Kosten verbunden.
Der Zeitaufwand ist immens. Erdmännchen benötigen tägliche Aufmerksamkeit für Fütterung, Reinigung des Geheges und die Bereitstellung von Beschäftigungsmöglichkeiten. Das Beobachten ihres komplexen Sozialverhaltens und das Sichern des Geheges vor Ausbruchsversuchen sind fortwährende Aufgaben. Erdmännchen können 10 bis 15 Jahre alt werden, was eine langfristige Verpflichtung bedeutet, die nicht unterschätzt werden darf.
Fazit: Erdmännchen als Haustier – eine große Verantwortung
Die Haltung von Erdmännchen als Haustier ist, obwohl nicht grundsätzlich verboten, eine extrem anspruchsvolle Aufgabe, die nur unter sehr spezifischen Bedingungen und mit großem Engagement möglich ist. Es erfordert nicht nur erhebliche finanzielle Mittel und viel Platz, sondern auch ein tiefes Verständnis für die komplexen Bedürfnisse dieser Wildtiere. Die Einhaltung der strengen Vorschriften bezüglich Gruppengröße, Gehegegestaltung und Ernährung ist absolut unerlässlich, um den Tieren ein artgerechtes Leben zu ermöglichen.
Bevor Sie sich für die Anschaffung von Erdmännchen entscheiden, sollten Sie sich daher intensiv mit allen Anforderungen auseinandersetzen und kritisch prüfen, ob Sie diesen auch langfristig gerecht werden können. Oft ist es die bessere und verantwortungsvollere Entscheidung, diese faszinierenden Tiere in Zoos oder Wildparks zu bewundern, wo ihre Bedürfnisse von Experten erfüllt werden können. Eine fundierte Recherche und eine ehrliche Selbsteinschätzung sind der Schlüssel zu einer verantwortungsvollen Tierhaltung.