Spezifische Anforderungen bei der Implementierung eines deutschen Projekts in Odoo

Konfiguration der Skontobedingungen in Odoo

Bei der Einführung eines Unternehmens in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf Buchhaltung und Compliance, sind spezifische deutsche Anforderungen zu beachten. Diese ergeben sich aus gesetzlichen Vorgaben, aber auch aus etablierten Geschäftspraktiken. Dieser Artikel beleuchtet die wesentlichen Punkte, die bei der Implementierung von Odoo für deutsche Unternehmen berücksichtigt werden müssen, mit einem besonderen Fokus auf die Kernbegriffe “Elster Datev”.

1. Buchhaltungsspezifika in Deutschland

Die deutsche Buchhaltungslandschaft weist einige Besonderheiten auf, die in Odoo abgebildet werden müssen:

  • Kontenrahmen (SKR03, SKR04): Deutsche Unternehmen können zwischen zwei gängigen Kontenrahmen wählen: SKR03 und SKR04. Jedes Unternehmen hat zudem die Möglichkeit, seinen Kontenplan individuell anzupassen.
  • Steuererklärungen (Elster): Unternehmen sind verpflichtet, ihre Steuererklärungen elektronisch über die offizielle Plattform Elster.de an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Elster ist das zentrale System für den digitalen Steuerverkehr in Deutschland.
  • Zahlungsverkehr und Rechnungsdaten (Datev): Historisch hat sich das Unternehmen Datev als Standard für den Datenaustausch mit der Finanzverwaltung etabliert. Deutsche Unternehmen müssen ihre Rechnungen (PDF), Lieferantenrechnungen (PDF), Belege (PDF), Kunden- und Lieferantenlisten sowie Journaldaten (Rechnungen, Lieferantenrechnungen, Belege) an die Behörden übermitteln können. Obwohl die Nutzung von Datev keine gesetzliche Pflicht darstellt, ist es aufgrund der weiten Verbreitung de facto ein Branchenstandard geworden. Die Art und Weise, wie Journal-Buchungen in Odoo und Datev erstellt werden, unterscheidet sich erheblich: Während in Odoo eine Rechnung mehrere Journalposten umfassen kann (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Steuer), werden in Datev oft alle diese Informationen in einer einzigen Zeile zusammengefasst.
  • Skonto (Zahlungsabzug): Das Angebot von Skonto ist in Deutschland weit verbreitet. Kunden erhalten einen Preisnachlass, wenn sie eine Rechnung innerhalb einer bestimmten Frist bezahlen.

Checkliste für die Buchhaltungs-Go-Live-Vorbereitung in Deutschland

Diese Checkliste konzentriert sich auf die deutschen Besonderheiten. Eine umfassende Prüfung der generischen Buchhaltungsanforderungen ist unerlässlich.

  1. Auswahl des Kontenrahmens: Entscheiden Sie sich zwischen SKR03 und SKR04.

  2. Kontenanpassung: Automatisch erstellte Konten in Odoo sollten nicht gelöscht, sondern angepasst werden, falls sie nicht den Anforderungen entsprechen.

  3. Kontengröße definieren: Die Kontengröße muss zwischen 4 und 8 Zeichen liegen. Die Datev-Nummern für Kunden und Lieferanten werden durch die Kontengröße bestimmt.

    • Datev-Kundennummer: Muss mit einer Ziffer zwischen 1 und 6 beginnen (z. B. 1XXX oder 2XXX). Diese ist in Odoo V16 fest kodiert und beginnt mit der Zahl 1.
    • Datev-Lieferantennummer: Muss mit einer Ziffer zwischen 7 und 9 beginnen (z. B. 7XXX oder 9XXX). Diese ist in Odoo V16 fest kodiert und beginnt mit der Zahl 7.
    • Die letzte Ziffer der Datev-Nummer entspricht der ID des jeweiligen Kontakts.
    • Bei manueller Erstellung oder Import von Kontakten ist darauf zu achten, dass keine Duplikate der Datev-Nummern entstehen, da dies zu Problemen bei der Datenübertragung mit Datev führen kann.
  4. Steuersätze prüfen: Stellen Sie sicher, dass die von Odoo automatisch erstellten Steuersätze korrekt sind, einschließlich der Steuerberechnung, der Bezeichnung auf der Rechnung, der nationalen und internationalen Steuern sowie der Steuerschlüssel (BU-Schlüssel).

  5. Berater- und Mandantennummer für Datev-Export: Erfassen Sie die Berater- und Mandantennummer für den Datev-Export.

  6. Informationen für Elster-Export registrieren: Die Steuernummer (St.-Nr.) muss hinterlegt werden. Elster ist die offizielle Plattform für die elektronische Übermittlung von Steuerberichten. Odoo generiert eine XML-Datei, die in Elster importiert werden kann.

  7. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.): Diese Nummer, oft als “VAT” auf Rechnungen ausgewiesen, muss registriert werden.

  8. Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.): Diese Nummer muss ebenfalls hinterlegt werden.

  9. Unternehmens-ID: Die HRB-Nummer (Handelsregister-Nummer) gehört in die Fußzeile der PDF-Rechnung.

  10. Import von Kontakten: Bei der Übernahme bestehender Kontakte aus Altsystemen müssen die Datev-Nummern für Kunden und Lieferanten korrekt importiert werden. Gegebenenfalls muss der Debug-Modus aktiviert und der Systemparameter l10n_de.force_datev_id auf 1 gesetzt werden, um die korrekte Berechnung der Datev-Nummer sicherzustellen.

  11. Import des initialen Buchhaltungssaldos: Beim ersten Datev-Export aus Odoo müssen die Daten aus dem Vorjahressystem manuell ergänzt werden, indem Zeilen aus dem Export des Altsystems in den Odoo-Export kopiert werden.

  12. Skonto (ab V16): Odoo bietet die Möglichkeit, Skonto-Regelungen abzubilden. Dies kann in den Einstellungen der Buchhaltungsanwendung konfiguriert werden, wobei zwischen verschiedenen Regelungen (z. B. “Nie”, “Bei früher Zahlung”, “Immer (bei Rechnungserstellung)”) gewählt werden kann. Die Zahlungsbedingungen können individuelle Skontosätze und Fristen festlegen.

    Konfiguration der Skontobedingungen in OdooKonfiguration der Skontobedingungen in Odoo

  13. Umgang mit deutschen Berichten (Datev & Elster):

    • Elster-Berichte: Die Erstellung einer XML-Datei für die Steuererklärung in Odoo ist möglich.
    • Datev-Export: Odoo ermöglicht den Export von Journal-Einträgen, PDF-Rechnungen und Kunden-/Lieferantenlisten. Beim Export des Datev-ZIP-Archivs werden auch Anhänge mit exportiert. Eine Bereinigung der Anhänge ist ratsam.
  14. EU-Versandhandel (OSS): Für grenzüberschreitende Verkäufe (E-Commerce, elektronische Dienstleistungen) innerhalb der EU über 10.000 EUR (netto) an Privatpersonen (B2C) ist die Umsatzsteuer des Ziellandes abzuführen. Das One-Stop-Shop (OSS)-Verfahren vereinfacht die Steuererklärung, indem sie zentral über eine Anlaufstelle (in Deutschland z.B. über Elster.de) erfolgt.

  15. Kassensystem (POS): In Deutschland müssen Verkaufsdaten aus Kassensystemen direkt an die Finanzverwaltung übermittelt werden, um Steuervermeidung zu verhindern. Odoo integriert sich hierfür über die Software Fiskaly. Achtung: Eine Verbindung mit Fiskaly ist nur einmal möglich, daher sollte keine Verbindung auf einer Testdatenbank erfolgen.

  16. Storno (Gutschrift): Ein spezifischer Mechanismus im deutschen und österreichischen Raum, um Rechnungen zu stornieren. Anstatt einer reinen Umkehrbuchung wird der Betrag negativ verbucht.

  17. XRechnung: Ein XML-Standard für elektronische Rechnungen, der eine softwareübergreifende Kommunikation ermöglicht. Odoo kann XRechnungs-Dateien generieren, die dann als Anhang zur Rechnung verfügbar sind.

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2. PDF-Dokumente und DIN 5008

Deutsche Unternehmen müssen bei der Erstellung von Dokumenten oft die Norm DIN 5008 beachten, die das Layout von Geschäftsbriefen standardisiert. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Ländern ist die Position der Kundenadresse auf der linken Seite, entsprechend der Fensterkuvertierung in Deutschland. Odoo bietet die Möglichkeit, das deutsche Layout inklusive DIN 5008 zu installieren.

Leistungsdatum auf Rechnungen

Die Angabe des Leistungs- oder Lieferdatums auf Rechnungen ist in Deutschland wichtig.

  • Dienstleistungen:
    • Wird die Leistung vor oder zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung erbracht, kann das Leistungsdatum angegeben werden. Eine genaue tagesgenaue Angabe ist nicht immer zwingend, oft reicht die Angabe des Monats.
    • Erfolgt die Leistung nach dem Rechnungsdatum, kann das Datum nicht angegeben werden.
    • Bei Teilzahlungen (Anzahlungen) vor Leistungserbringung ist das Leistungsdatum ebenfalls nicht bekannt.
  • Physische Produkte:
    • Bei Lieferung vor oder zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung kann auf das Lieferscheindatum verwiesen werden.
    • Ab Odoo V17 ist das Lieferdatum direkt auf der Rechnung erfassbar. Bei mehreren Lieferungen zu einer Rechnung kann es jedoch sinnvoll sein, eine manuelle Verknüpfung über eine M2M-Beziehung zu den Lieferscheinen herzustellen.
    • Erfolgt die Lieferung nach dem Rechnungsdatum oder bei Teilzahlungen, ist das Lieferdatum nicht auf der Rechnung anzugeben.

3. Übersetzungen und Lokalisierung

Odoo wird primär auf Englisch entwickelt, und Übersetzungen werden über Plattformen wie Transifex bereitgestellt. Anpassungen sind über PO-Dateien möglich, was jedoch für spezifische Kundenanforderungen mitunter Entwicklungsaufwand erfordert.

4. DSGVO-Konformität und Google Fonts

Bei der Gestaltung von Websites in Deutschland ist die DSGVO-Konformität besonders wichtig. Die Nutzung von Google Fonts ist erlaubt, jedoch darf keine Verbindung zu US-Servern bestehen, um eine Datenübertragung in die USA zu verhindern. Es gibt Tools, um die Konformität von Webseiten diesbezüglich zu prüfen.

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5. Newsletter-Anmeldungsbestätigung

Viele deutsche Kunden wünschen eine Double-Opt-In-Bestätigung für Newsletter-Anmeldungen, um sicherzustellen, dass der Empfänger die Aufnahme in die Mailingliste tatsächlich wünscht. Odoo bietet hierfür entsprechende Konfigurationsmöglichkeiten.

Die Implementierung eines deutschen Projekts in Odoo erfordert daher eine sorgfältige Beachtung dieser spezifischen Anforderungen, um eine reibungslose und gesetzeskonforme Nutzung der Software zu gewährleisten. Insbesondere die Verknüpfung von Prozessen mit Systemen wie Elster und Datev sind zentrale Aspekte für deutsche Unternehmen.