Ellexx Finanzen: Startup in der Kritik, neue Wege mit der HBL

Silvan Hilfiker, Nadine Jürgensen, Marianne Wildi und Patrizia Laeri besprechen die Ellexx Finanzen und die BaaS-Partnerschaft mit der Hypothekarbank Lenzburg.

Das Schweizer FinTech-Startup Ellexx, gegründet von Patrizia Laeri und Nadine Jürgensen, steht gemäss Berichten des Branchenportals Inside Paradeplatz (IP) am finanziellen Rand. Die kritische Analyse deutet auf erhebliche Herausforderungen hin, die das Unternehmen im Geschäftsjahr 2024 zu bewältigen hatte. Dazu gehören hohe Betriebskosten, ein Verlust von 1 Million Franken, negatives Eigenkapital und eine Halbierung der Cashbestände, gekrönt von einer Warnung der Revisionsstelle PwC. Dies wirft Fragen bezüglich der ursprünglichen Prognosen und der zukünftigen Stabilität des auf Female Finance spezialisierten Startups auf.

Tatsächlich zeigen die Zahlen eine deutliche Abweichung von den optimistischen Erwartungen, die Ellexx bei seinem Crowdinvesting vor zwei Jahren kommunizierte. Damals wurden 1.43 Millionen Franken eingesammelt, mit der Aussicht auf einen Umsatz von 1 Million Franken für 2023 und sogar 26.3 Millionen Franken für 2026. Die Realität sah anders aus: Im vergangenen Jahr erzielte die Finanzplattform für Frauen lediglich 395’000 Franken, nach rund 100’000 Franken weniger im Vorjahr. Die Kluft zwischen Prognose und tatsächlichem Ergebnis ist beträchtlich, und die angestrebte Steigerung auf 26.3 Millionen Franken bis nächstes Jahr erscheint angesichts der aktuellen Entwicklung als extrem unrealistisch.

Die Startup-Falle der überzogenen Erwartungen

Überoptimistische Prognosen sind keine Seltenheit in der Startup-Welt; viele junge Unternehmen tappen in diese Falle. Doch für Ellexx Finanzen sind zwei andere Punkte von entscheidenderer Bedeutung. Erstens: Verfügt das Geschäftsmodell von Ellexx tatsächlich über das Potenzial und haben die Gründerinnen die nötige Kraft, die anvisierten Ziele zu erreichen, auch wenn es wesentlich länger dauert? Zweitens: Haben bestehende und potenzielle neue Investoren genügend Vertrauen in das Geschäftsmodell und das Führungsteam, um das Startup auf diesem langen Weg weiter zu finanzieren? Diese beiden Fragen sind eng miteinander verknüpft und werden über den Fortbestand von Ellexx entscheiden.

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Bislang ist es Ellexx gelungen, seine Investoren bei der Stange zu halten und das notwendige Kapital für den weiteren Betrieb zu sichern. Sollte dies auch in Zukunft gelingen, könnte das FinTech mit angepassten Prognosen, reduzierten Kosten und erweiterten Zeiträumen weiterhin das Potenzial seines Geschäftsmodells austesten. Andernfalls würden die Lichter vorzeitig ausgehen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Geschichte von Ellexx kaum von der Entwicklung anderer Startups, abgesehen von zwei selbst gelegten “Eiern”, die immer wieder medial ausgeschlachtet werden.

Einmal gelegte Eier: Überzogene Prognosen und Firmenbewertung

Ein solcher Punkt sind die euphorischen und überzogenen Umsatzprognosen, die offensichtlich wenig mit der machbaren Realität zu tun hatten. Diese Art von Zahlenakrobatik wird Startups erfahrungsgemäss übelgenommen und bleibt im Gedächtnis haften.

Der zweite kritische Punkt ist die abenteuerliche Unternehmensbewertung von 16 Millionen Franken, die sich Ellexx im Zuge seines Crowdinvestings 2023 selbst gegeben hat. Diese Bewertung erscheint deshalb verwegen, weil die Gründerinnen ihren mageren Jahresumsatz 2022 von 181’000 Franken kurzerhand mit dem Faktor 88 multiplizierten, um über diese gewagte Formel eine fantastisch hohe Firmenbewertung kommunizieren zu können. Beide Punkte führten bereits 2023 zu teils harscher Kritik und sind bis heute Gründe dafür, dass Ellexx im Zusammenhang mit Finanzzahlen medial eine kalte Brise entgegenweht. Ungeachtet dieser medialen Winde macht das Startup jedoch unverdrossen weiter und hat konkrete Pläne kommuniziert.

Ellexx wird Embedder: Die Kooperation mit der Hypothekarbank Lenzburg

Ellexx plant, seinen Nutzerinnen die Möglichkeit zu geben, eigenständig ein Anlagedepot mit verschiedenen ETF-Strategien und Sparplänen aufzubauen. Zu diesem Zweck dockt das FinTech als Embedder bei der Hypothekarbank Lenzburg (HBL) an und nutzt deren Leistungen im Bereich Banking as a Service (BaaS). Die neue Anlage-Sparlösung wird über die Ellexx-App angeboten, wobei die HBL die notwendigen Prozesse im Hintergrund übernimmt. Ellexx bucht hierfür ein umfassendes BaaS-Paket der HBL.

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Neben dem digitalen Eröffnungsprozess bezieht Ellexx für ihre Anlagekundinnen Konto- und Depot-Services von der Hypothekarbank Lenzburg. Dazu gehört auch die Verwahrung der Wertschriften. Die Bank stellt zudem sicher, dass sämtliche regulatorischen und gesetzlichen Auflagen von der Eröffnung bis zur Saldierung einer Kundenbeziehung eingehalten werden. Mit Ellexx gewinnt die HBL einen weiteren Embedder, und das Startup ist in der Lage, über die BaaS-Leistungen der Hypothekarbank Lenzburg umfassende Lösungen mit digitalen ETF-Sparplänen anzubieten. Die Einführung dieses neuen Angebots ist für das zweite Halbjahr 2025 geplant.

Silvan Hilfiker, Nadine Jürgensen, Marianne Wildi und Patrizia Laeri besprechen die Ellexx Finanzen und die BaaS-Partnerschaft mit der Hypothekarbank Lenzburg.Silvan Hilfiker, Nadine Jürgensen, Marianne Wildi und Patrizia Laeri besprechen die Ellexx Finanzen und die BaaS-Partnerschaft mit der Hypothekarbank Lenzburg.

Die Sicht von Ellexx: Stellungnahme und Kontext

Ellexx selbst fühlt sich durch die Berichterstattung nicht vollständig verstanden und besteht auf einer umgehenden Richtigstellung. Die publizierten Zahlen werden zwar nicht beanstandet oder korrigiert, jedoch in einen anderen Kontext gestellt.

Die Damen von Ellexx betonen, dass der ursprüngliche Businessplan im Rahmen des Crowdinvestings auf einem potenziellen Fundingvolumen von über drei Millionen Franken basierte. Da das tatsächlich erzielte Volumen rund 50 Prozent darunter lag, hatte diese Differenz direkte Auswirkungen auf die Strategie und Umsatzentwicklung des Unternehmens. Ellexx habe den Investorinnen nach dem Crowdinvesting eine angepasste Strategie kommuniziert, in der auf die Ausland-Expansion verzichtet und stattdessen das Funding für die technologische Entwicklung des Angebots eingesetzt wurde. Dies wurde konkret 2024 mit der Lancierung der App eingelöst, und im dritten Quartal 2025 soll wie vorgesehen eine ETF-Investmentlösung eingeführt werden.

Trotzdem sei Ellexx Finanzen im Schweizer Markt stets gelungen, die Ziele zu erreichen. Das Unternehmen wachse kontinuierlich mit konstanten Ressourcen und habe eine starke Wirkung erzielt. Ellexx betreibe die grösste Female Finance Community der Schweiz und verzeichne auf ihren Social-Media-Kanälen höhere Reichweiten als namhafte Institute. Trotz vergleichsweise geringem Funding, das teils dem 30-fachen von Peers im FinTech-Bereich entspreche, konnte 2024 die App erfolgreich lanciert werden, die über 70’000 Frauen in der Community finanziell weiterbildet.

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Fazit

Die aktuelle Lage von Ellexx Finanzen spiegelt die typischen Herausforderungen wider, denen Startups oft begegnen: die Gratwanderung zwischen ambitionierten Zielen und der harten Realität des Marktes. Während die medialen Schlagzeilen auf die finanziellen Schwierigkeiten hinweisen, demonstriert die angekündigte Partnerschaft mit der Hypothekarbank Lenzburg den Willen des Unternehmens, sich neu zu positionieren und sein Angebot zu erweitern. Die kommenden Monate werden zeigen, ob Ellexx seine strategische Neuausrichtung erfolgreich umsetzen und das Vertrauen von Investoren und Kunden nachhaltig festigen kann. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich diese junge FinTech-Geschichte weiterentwickelt. Bleiben Sie informiert über die Entwicklungen im Schweizer FinTech-Sektor.