Göbekli Tepe: Älteste Tempelanlage der Welt

Riesige T-förmige Pfeiler mit Tierreliefs am Göbekli Tepe

In der südöstlichen Türkei, nahe der Stadt Şanlıurfa, lockt Göbekli Tepe Abenteuerlustige und Geschichtsinteressierte an. Mit klimatisierten Bussen winden sich Touristen über enge Serpentinen zu einem steinernen Tor. Ob Türken oder europäische Reisende – alle greifen zu Wasserflaschen und Smartphones, während die Reiseleiter erklären. Oben auf dem Hügel, dem „bauchigen Berg“, erstarrt die Menge vor Staunen. Dutzende T-förmige Kalksteinpfeiler, bis zu 5,5 Meter hoch und 16 Tonnen schwer, ragen in Kreisen empor. Verziert mit Reliefs von Gazellen, Schlangen, Füchsen, Skorpionen und Wildschweinen, wirken sie wie Wächter aus einer vergangenen Welt. Erbaut vor rund 11.600 Jahren, übertrifft Göbekli Tepe Stonehenge um 7.000 Jahre und stellt die Pyramiden von Gizeh in den Schatten.

Göbekli Tepe gilt als älteste bekannte Tempelanlage der Menschheit – die erste monumentale Architektur überhaupt. Größer und komplexer als Hütten, markiert sie den Übergang von nomadischen Jägern zu komplexen Gesellschaften. Pilger aus aller Welt strömen heute hierher, genau wie vor Jahrtausenden spirituelle Suchende. Die Anlage unterstreicht: Religiöse Bedürfnisse und der Drang zu Großem treiben die Zivilisation voran. etrusker geschichte

Die Reise zur Wiege der Zivilisation

Damals lebten Menschen in kleinen nomadischen Gruppen, jagten Wild und sammelten Pflanzen. Doch für Göbekli Tepe mussten Hunderte zusammenkommen – ohne Rad, Lasttiere, Schrift, Metall oder Keramik. Die Pfeiler wurden aus nahen Steinbrüchen gehauen, bearbeitet und transportiert. Im Feuerschein mussten die Tierreliefs wie lebende Geister gewirkt haben. Archäologen sehen hier den Ursprung spiritueller Zentren, die Gemeinschaften vereinten.

Weiterlesen >>  Die Deutsche Zivilisation im Wandel der Zeit: Eine Neubewertung unserer Vergangenheit

Die Ausgrabungen dauern an und revolutionieren unser Bild der Neolithischen Revolution. Früher galt Mesopotamien als Wiege des Ackerbaus nach der Eiszeit. Heute wissen wir: Der Prozess zog sich über Tausende Jahre und weite Gebiete hin. Göbekli Tepe zwingt zur Neubewertung – Religion könnte der Auslöser für Sesshaftigkeit gewesen sein, nicht umgekehrt.

Entdeckung durch Klaus Schmidt

1994 entdeckte der deutsche Archäologe Klaus Schmidt den Hügel. Erfahren in der Region, suchte er neue Stätten nahe Şanlıurfa, Geburtsort des biblischen Abraham nach Legende. Amerikanische Forscher der 1960er hatten Feuersteinfunde notiert, die Monumente aber übersehen. Schmidt erkannte sofort Potenzial: „Dutzende, Hunderte Menschen arbeiteten hier.“

Seit 1995 gräbt er mit dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) und dem Şanlıurfa-Museum. Schnell kamen Kreise von Pfeilern zutage – bis 2003 identifizierten geomagnetische Scans 20 Anlagen. Die Pfeiler, T-förmig mit Querbalken, tragen Arme und Lendenschürzen, deuten auf anthropomorphe Figuren hin. Umgeben von Bänken, richten sie sich zur Mitte – wie bei Ritualen oder Tänzen. Bedrohliche Tiere wie Löwen und Skorpione könnten Totems oder Schutzgeister symbolisieren.

Riesige T-förmige Pfeiler mit Tierreliefs am Göbekli TepeRiesige T-förmige Pfeiler mit Tierreliefs am Göbekli Tepe

Rätsel der Bauphasen und Nutzung

Über Jahrhunderte bauten die Erbauer Kreise, füllten sie mit Geröll und errichteten neue – Qualität nahm ab, Pfeiler wurden kleiner. Um 8200 v. Chr. endete die Nutzung. Fehlende Häuser, Feuerstellen oder Kochplätze deuten auf reines Kultzentrum hin. Tausende Wildknochen (Gazellen, Auerochsen) zeigen Jagdversorgung aus der Ferne. Keine Hierarchie-Spuren: keine Eliten-Gräber, keine Ungleichheit in der Ernährung.

„Jäger und Sammler schufen Monumente, die wir ihnen nie zugetraut hätten“, sagt Schmidt. Nomaden organisierten sich für Pilgerfeste, Priester und Handwerker – Ressourcen folgten dem Heiligen. Dies kehrt die Theorie um: Tempel zogen Siedlungen an, nicht Landwirtschaft Tempel. Ähnlich wie bei anderen prähistorischen Kulturen wirft Göbekli Tepe Fragen zur caral kultur auf.

Weiterlesen >>  Polnische Kultur entdecken: Mehr als nur Wodka und Pierogi

Vergleich mit anderen Monumenten

Göbekli Tepe ähnelt Stonehenge, doch älter und kunstvoller. Neueste Funde bestätigen Schädelkulte und komplexe Rituale. UNESCO-Welterbe seit 2018, zieht es Forscher an. Die größte Feuerstein-Sammlung der Region unterstreicht Handwerkskunst: Messer, Äxte, Pfeilspitzen.

Keine dauerhafte Besiedlung, doch wildes Getreide deutet Ackerbau-Vorboten an. Die Anlage als Brücke zwischen Nomadentum und Zivilisation – ein Meilenstein.

UNESCO-Welterbe Göbekli Tepe mit monumentalen StrukturenUNESCO-Welterbe Göbekli Tepe mit monumentalen Strukturen

Die Bedeutung für die Menschheitsgeschichte

Göbekli Tepe stellt alles infrage: Sesshaftigkeit entstand durch Religion, nicht nur Umwelt. Jäger-Sammler meisterten Logistik für Feste, die Gemeinschaften schmiedeten. In 10–15 Jahren wird es Stonehenge überstrahlen, prophezeit Schmidt.

Heute laden Ausgrabungen und Museen in Şanlıurfa zur Erkundung ein. Die die verortung der kultur zeigt Parallelen zu anderen Stätten. Planen Sie eine Reise: Erleben Sie die Wiege der Zivilisation hautnah und lassen Sie sich von 12.000 Jahren Geschichte verzaubern.

Quellen und Literatur

  • National Geographic, Heft 06/2011
  • Deutsches Archäologisches Institut (DAI): Göbekli Tepe-Projekt
  • Klaus Schmidt: Ausgrabungsberichte und Publikationen
  • UNESCO-Welterbeliste 2018