Einführung: Die Präsenz des Schelm Verlags in der deutschen Buchlandschaft
Der Schelm Verlag, gegründet im Jahr 2014 von Adrian Preißinger, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem bedeutenden Akteur im Segment der geschichtsrevisionistischen Literatur und von Nachdrucken nationalsozialistischer Schriften entwickelt. Sein umfassendes Angebot reicht von zentralen Propagandawerken des Nationalsozialismus, wie beispielsweise Adolf Hitlers Mein Kampf, bis hin zu aktuellen Publikationen von Holocaust-Leugnern aus dem In- und Ausland. Diese Veröffentlichungen positionieren den Schelm Verlag an einer kritischen Schnittstelle, wo die Meinungsfreiheit auf die Grenzen der Volksverhetzung und der Verharmlosung schwerster Verbrechen trifft. Die Aktivitäten dieses Verlags werfen entscheidende Fragen bezüglich der Verbreitung extremistischer Inhalte und der damit verbundenen gesellschaftlichen Verantwortung auf.
Dieser Artikel beleuchtet das Profil des Schelm Verlags, analysiert sein Verlagsprogramm und die damit verbundenen rechtlichen Auseinandersetzungen. Ziel ist es, ein tieferes Verständnis für die Funktionsweise und die Auswirkungen solcher Verlage zu schaffen, um die Öffentlichkeit für die Herausforderungen zu sensibilisieren, die von Akteuren wie dem Schelm Verlag ausgehen.
Das Verlagsprogramm: Nachdrucke historischer Schriften und Eigenproduktionen
Ein Kernbereich des Verlagsprogramms des Schelm Verlags bildet die Herausgabe unkommentierter Nachdrucke von Literatur aus der Zeit des Nationalsozialismus. Diese Titel werden unter dem Reihentitel „Wissenschaftliche Quellentexte“ vertrieben und umfassen eine breite Palette von Schriften, die für die ideologische Formung und Propaganda des Dritten Reiches von zentraler Bedeutung waren. Dazu gehören nicht nur Adolf Hitlers Mein Kampf, sondern auch sämtliche Schriften des Chefideologen der NSDAP, Alfred Rosenberg, sowie Publikationen von Joseph Goebbels und Veröffentlichungen der SS.
Des Weiteren finden sich im Angebot des Schelm Verlags notorisch antisemitische Schriften wie Der Giftpilz von Ernst Hiemer, ein Propagandawerk zur frühkindlichen Indoktrination, oder Juden hinter Stalin von Johann von Leers, eine Hetzschrift, die den angeblichen jüdischen Einfluss im Sowjetkommunismus diffamiert. Auch weniger bekannte, aber ideologisch ähnliche Publikationen werden neu aufgelegt. Der Verlag gibt an, dass diese Nachdrucke vergleichsweise „günstig“ angeboten werden, da die Originalausgaben oft nur antiquarisch zu hohen Preisen oder gar nicht mehr erhältlich sind. Diese Strategie ermöglicht es, ein breiteres Publikum mit diesen historischen, oft hochproblematischen Texten zu versorgen. Insgesamt dürfte der Schelm Verlag inzwischen an die 100 historische Titel als Nachdruck gewinnbringend produziert haben, was die kommerzielle Ausrichtung dieses Geschäftsmodells verdeutlicht. Trotz des behaupteten „günstigen“ Angebots wirbt der Schelm Verlag regelmäßig um Spenden und sogenannte Buchpatenschaften, um die Realisierung weiterer Veröffentlichungen sicherzustellen und das Programm kontinuierlich zu erweitern.
Eigenproduktionen und die Vernetzung in rechtsextremen Milieus
Neben den Nachdrucken historischer Werke widmet sich der Schelm Verlag auch der Veröffentlichung von Eigenproduktionen, die oft einen direkten Bezug zu aktuellen rechtsextremen Strömungen und Verschwörungstheorien aufweisen. Ein Beispiel hierfür sind Publikationen, die sich mit der rechten Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) auseinandersetzen und dabei häufig die offizielle Darstellung der Ereignisse in Frage stellen oder relativieren. Ebenso finden sich im Verlagsprogramm Werke von Autoren aus dem sogenannten Reichsbürger-Spektrum, einer Gruppierung, die die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland leugnet, sowie von bekannten Holocaustleugnern. Zu diesen umstrittenen Autoren gehören Persönlichkeiten wie der ehemalige Anwalt und spätere Rechtsextremist Horst Mahler oder Reinhold Oberlercher.
Eine besonders zynische Veröffentlichung ist der seit einigen Jahren unter dem Titel „Die Schrecken des Nationalsozialismus“ vertriebene Kalender, der mit NS-Propagandabildern gestaltet ist. Solche Produkte verdeutlichen, wie der Schelm Verlag nicht nur historische Texte neu auflegt, sondern auch aktiv dazu beiträgt, nationalsozialistisches Gedankengut in einer Weise zu präsentieren und zu verbreiten, die dessen menschenverachtende Natur verharmlost.
Historisches Gebäude, das symbolisch für den Schelm Verlag stehen könnte
Das Vertriebsnetz des Schelm Verlags ist zudem nicht auf eigene Publikationen beschränkt. Der Verlag verkauft auch Veröffentlichungen anderer Verlage, die dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind. Dazu gehören beispielsweise Bücher der Castle Hill Publishers, die vom prominenten Holocaustleugner Germar Rudolf gegründet wurden, sowie die Zeitschrift Historische Tatsachen, deren Gründer Udo Walendy ebenfalls als Holocaustleugner bekannt ist. Ferner werden Publikationen des Nordland-Verlags, dessen Inhaber Thorsten Heise eine bekannte Figur in der neonazistischen Szene ist, und Werke der Hanse Buchwerkstatt Bremen von Wieland Körner vertrieben. Diese Kooperationen untermauern die tiefe Verankerung des Schelm Verlags innerhalb der rechtsextremen Verlagslandschaft und seine Rolle als zentrale Vertriebsplattform für ideologisch ähnliche Inhalte.
Rechtliche Konsequenzen und die Flucht des Betreibers Adrian Preißinger
Die Aktivitäten des Schelm Verlags sind der deutschen Justiz nicht verborgen geblieben und haben wiederholt zu rechtlichen Schritten geführt. Im Jahr 2020 kam es zu polizeilichen Durchsuchungen bei dem Verlag, begleitet von Ermittlungen gegen Kunden und Partner des Verlags. Diese Maßnahmen unterstreichen die Entschlossenheit der deutschen Behörden, gegen die Verbreitung von verfassungsfeindlichen Inhalten vorzugehen und die Grenzen der Meinungsfreiheit im Kontext des Rechtsstaates zu schützen.
Im Frühjahr 2024 führten diese Ermittlungen zu einer signifikanten Entwicklung: Drei Mitarbeitende des Schelm Verlags wurden wegen der Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in zwei Fällen verurteilt. Dies markiert einen wichtigen Erfolg im Kampf gegen organisierte rechtsextreme Strukturen in Deutschland. Der mutmaßliche Verlagsinhaber Adrian Preißinger entzog sich dem Verfahren jedoch durch Flucht ins Ausland. Von seinem neuen Standort aus setzt er den Vertrieb der Verlagsprodukte fort, was die Schwierigkeit der Strafverfolgung bei transnationalen Online-Aktivitäten verdeutlicht. Trotz dieser strafrechtlichen Verfolgung und der Verurteilungen kündigte der Schelm Verlag zahlreiche weitere Veröffentlichungen an und gibt an, derzeit rund 250 Titel im Verkauf zu haben. Dies demonstriert eine bemerkenswerte Resilienz und den fortgesetzten Betrieb des Verlags, selbst unter erheblichem juristischem Druck.
Fazit: Die anhaltende Herausforderung durch den Schelm Verlag
Der Schelm Verlag stellt mit seinem umfangreichen Angebot an geschichtsrevisionistischer und nationalsozialistischer Literatur eine anhaltende Herausforderung für die demokratische Gesellschaft in Deutschland dar. Die unkommentierten Nachdrucke und Eigenproduktionen von Autoren aus dem rechtsextremen Spektrum tragen maßgeblich zur Verbreitung gefährlicher Ideologien bei, die den Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung fundamental widersprechen. Die juristischen Schritte und Verurteilungen gegen Mitarbeitende des Verlags sind wichtige Signale, dass der Rechtsstaat die Verbreitung solcher Inhalte nicht tatenlos hinnimmt und konsequent dagegen vorgeht. Dennoch zeigen die Flucht des mutmaßlichen Betreibers Adrian Preißinger und der weiterhin florierende Vertrieb, dass die Bekämpfung solcher Strukturen komplex und langwierig ist. Es bleibt eine zentrale Aufgabe für Politik, Zivilgesellschaft und Justiz, die Aktivitäten des Schelm Verlags weiterhin kritisch zu beobachten und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um der Verbreitung extremistischer Inhalte entgegenzuwirken und die öffentliche Aufklärung über deren Gefahren zu fördern. Für alle, die sich mit der Geschichte und den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen Deutschlands auseinandersetzen, ist das Verständnis der Rolle von Akteuren wie dem Schelm Verlag von entscheidender Bedeutung, um eine informierte und wehrhafte Demokratie zu gewährleisten.
