Die Blasenentzündung ist ein weit verbreitetes und oft wiederkehrendes Leiden, das viele Menschen betrifft. Während es eine Vielzahl von Behandlungsmethoden gibt, rückt ein altes Naturheilmittel immer wieder in den Fokus: die Cranberry. Besonders in Form von Cranberrysaft wird der roten Beere eine vorbeugende und lindernde Wirkung zugeschrieben. Doch was steckt wirklich dahinter, und wie kann Cranberrysaft bei Blasenentzündungen helfen? Tauchen wir ein in die Geschichte, die wissenschaftlichen Erkenntnisse und die praktischen Anwendungsmöglichkeiten dieser besonderen Frucht.
Die Cranberry: Eine alte Heilpflanze mit nordamerikanischen Wurzeln
Die Cranberry, auch bekannt als Moosbeere, hat ihre Ursprünge in Nordamerika. Dort wurde sie bereits vor Jahrhunderten von der indigenen Bevölkerung als wertvolles Naturheilmittel geschätzt. Insbesondere bei Blasen- und Nierenleiden sowie zur Wundheilung fand sie Anwendung. Europäische Siedler übernahmen dieses Wissen von den Ureinwohnern und integrierten die Cranberry ebenfalls früh in ihre Heilkunde.
Seefahrer entdeckten die Cranberry auf ihren langen Reisen als Schutz vor Skorbut, da sie reich an Vitamin C ist. Ihren heutigen Namen verdankt die Beere übrigens deutschen und holländischen Siedlern, die sie wegen der Ähnlichkeit ihrer Blüte mit Kopf und Schnabel eines Kranichs „Kranich-Beere“ nannten, woraus sich später Cranberry entwickelte.
Cranberry und Preiselbeere: Wo liegen die Unterschiede?
Obwohl beide Beeren oft verwechselt werden, gibt es deutliche Unterschiede zwischen Cranberry (Vaccinium macrocarpon) und Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea). Botanisch gehören sie zwar zur selben Gattung der Heidelbeeren, unterscheiden sich jedoch in Aussehen, Wuchsform und Geschmack:
- Größe: Preiselbeeren sind klein wie Erbsen oder wilde Heidelbeeren, während Cranberrys deutlich größer sind, vergleichbar mit Weintrauben.
- Wuchsform: Der Preiselbeerstrauch wächst aufrecht. Die Cranberry-Pflanze hingegen kriecht über den Boden und bildet eine Art Teppich.
- Geschmack: Beide Beeren haben einen herben Geschmack, doch die Preiselbeere ist in der Regel noch saurer als die Cranberry.
Heute wird die Cranberry hauptsächlich in den USA im großen Stil angebaut, ist aber auch in Europa und Asien heimisch.
Wie Cranberrys bei Blasenentzündungen wirken: Der wissenschaftliche Ansatz
Cranberrys sind wahre Nährstoffbomben, reich an Vitaminen, insbesondere Vitamin C, und sekundären Pflanzenstoffen. Ihre besondere Wirksamkeit bei Harnwegsinfektionen, die oft fälschlicherweise als Blasenentzündung bezeichnet werden, ist vor allem den sogenannten Proanthocyanidinen (PACs) zu verdanken.
Bei einer Harnwegsinfektion siedeln sich Bakterien, meist Kolibakterien (E. coli) aus dem Darm, in den Schleimhäuten der Blase an. Diese Bakterien besitzen fadenförmige Anhängsel, sogenannte Fimbrien, mit denen sie an den Schleimhäuten andocken können. Die spezifischen PACs der Cranberry verhindern, dass sich die Bakterien mit diesen Fimbrien festheften können. Stattdessen werden sie mit dem Urin ausgespült. Die zusätzlich entwässernde Wirkung der Cranberry unterstützt diesen Prozess.
„Der zweite Faktor ist, dass Cranberrys den Urin säuern – und im sauren Urin wachsen Bakterien schlechter.“
Professorin Daniela Schultz-Lampel, Urologin
Neben PACs enthalten Cranberrys weitere wertvolle Inhaltsstoffe wie Flavonoide und Zink. Diese tragen zur Stärkung des Immunsystems bei und unterstützen die körpereigene Abwehr, was ebenfalls zur Vorbeugung von Infektionen beiträgt.
Studienlage: Was sagt die Forschung zur Wirksamkeit von Cranberrys?
Die österreichische Ernährungswissenschaftlerin Karin Buchart hat sich intensiv mit Heilpflanzen und deren Wirkung auseinandergesetzt. Schon lange gab es Untersuchungen zu Cranberrys, doch eine neue große Übersichtsstudie sorgte für Aufsehen: Das Cochrane-Review umfasste 50 Studien mit mehr als 8.800 Probanden.
Jede Menge frische Cranberries liegen auf einer Fläche.
Die Studie kam zu dem Schluss, dass Cranberry vor allem bei wiederkehrenden Harnwegsinfekten bei Frauen und Kindern durchaus wirksam sein kann, besonders wenn die Pflanze prophylaktisch und regelmäßig eingenommen wird. Als Richtwert sollten Betroffene täglich rund einen halben Liter reinen Cranberrysaft trinken. Handelsübliche, oft verdünnte Säfte reichen für die gewünschte Wirkung meist nicht aus. Für alle, denen der pure Saft zu herb ist, stellen Kapseln eine gute Alternative dar, vorausgesetzt sie enthalten mindestens 36 Milligramm Proanthocyanidine.
Proanthocyanidine wirken zusätzlich antioxidativ und damit entzündungshemmend, wie Ernährungswissenschaftlerin Karin Buchart erklärt.
„Deshalb vermutet man, dass Cranberrys auch bei rheumatoider Arthritis wirken können, möglicherweise auch bei anderen entzündlichen Erkrankungen.“
Dr. rer. nat. Karin Buchart, Ernährungswissenschaftlerin
Diese Vermutung konnte in Studien bislang noch nicht eindeutig bestätigt werden und bedarf weiterer Forschung.
Wichtige Hinweise: Mögliche Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen
Obwohl Cranberrys ein Naturheilmittel sind, sollte man ihre Einnahme nicht übertreiben. Die enthaltenen Gerbstoffe können bei übermäßigem Konsum Bauchschmerzen verursachen. Ein weiterer wichtiger Inhaltsstoff ist die Oxalsäure, die in hoher Konzentration Nierenprobleme hervorrufen kann. Wer zu Nierensteinen neigt, sollte die Einnahme von Cranberry-Produkten unbedingt vorab mit einem Arzt abklären, wie Karin Buchart empfiehlt.
Dr. Karin Buchart, Ernährungswissenschaftlerin Uni Salzburg, steht vor einem Regal, in dem sich verschiedene Arzneien und Heilmittel befinden
Zudem wirken Cranberrys blutverdünnend. Personen, die Gerinnungshemmer einnehmen, sollten daher vorsichtig sein und eine mögliche Wechselwirkung ebenfalls mit ihrem Arzt besprechen.
Cranberrys in der Küche: Gesunde Rezepte für den Alltag
Cranberrys lassen sich nicht nur als Saft oder in Kapselform konsumieren, sondern auch wunderbar in den täglichen Speiseplan integrieren. Kräuterpädagogin Dajana Krüger empfiehlt beispielsweise, ein paar Cranberrys in den Tee zu geben – nicht nur für den Geschmack, sondern auch zur Vorbeugung von Harnwegsinfekten.
Für einen wohltuenden Tee mischt sie Fenchel, Kardamom, Rosenblüten, Hibiskusblüten und Cranberrys, ergänzt ein paar frische Orangen- und Apfelspalten und übergießt alles mit kochendem Wasser.
Eine weitere leckere und gesunde Möglichkeit sind Energy Balls mit Cranberrys, ein idealer Snack für Zwischendurch, der Energie spendet und mit Vitaminen und Ballaststoffen versorgt. Hier finden Sie ein Rezept für Energy Balls mit Cranberrys und Himbeeren.
Fazit
Cranberrys sind eine faszinierende Frucht mit einer langen Geschichte als Heilpflanze, deren Wirksamkeit bei der Vorbeugung von wiederkehrenden Harnwegsinfekten durch moderne Studien zunehmend untermauert wird. Die enthaltenen Proanthocyanidine verhindern das Anhaften von Bakterien an den Blasenschleimhäuten, während weitere Inhaltsstoffe das Immunsystem stärken. Wer unter wiederkehrenden Blasenentzündungen leidet, kann Cranberrysaft oder -kapseln als unterstützende Maßnahme in Betracht ziehen. Dennoch ist es wichtig, bei anhaltenden Beschwerden oder Unsicherheiten stets medizinischen Rat einzuholen und mögliche Nebenwirkungen zu beachten. Eine regelmäßige und bewusste Anwendung kann jedoch einen wertvollen Beitrag zur Gesundheit der Harnwege leisten.
