Der BVB-Fanshop glüht, die Wunschzettel sind lang. Nach der erneuten Qualifikation für die Champions League und der Teilnahme an der Klub-Weltmeisterschaft, gepaart mit dem angeblichen Verkauf von Jamie Gittens für 60 Millionen Euro zu Chelsea, spekulieren Anhänger auf zahlreiche neue Superstars. Doch wie viel Geld steht dem Verein für Neuverpflichtungen tatsächlich zur Verfügung?
Finanzen des Vereins: Ein Blick hinter die Kulissen
Die Realität sieht anders aus als die kühnsten Fan-Träume. Zwar stehen Gelder zur Verfügung, doch die kolportierten Summen sind deutlich höher als die tatsächlichen Mittel. Sportdirektor Sebastian Kehl verwaltet ein Budget, das nicht unbegrenzt ist.
Kaderkosten und leistungsbezogene Verträge
Die Grundgehälter für die Profi-Abteilung beliefen sich in der vergangenen Saison auf etwa 120 Millionen Euro. Hinzu kamen Prämien- und Sonderzahlungen, die sich auf weitere 50 Millionen Euro summierten. Dieses Kostenkonstrukt kann Borussia Dortmund nur dann langfristig stemmen, wenn regelmäßig Spieler zu hohen Preisen verkauft werden. Der Verkauf von Jamie Gittens ist ein Beispiel für dieses Geschäftsmodell.
Die Verträge, die Kehl und Geschäftsführer Lars Ricken vergeben, sind stark leistungsbezogen. Dies birgt den Vorteil, dass bei Misserfolg die finanziellen Belastungen sinken. Scheitert der BVB jedoch an der Champions-League-Qualifikation, die in der jährlichen Kalkulation fest einkalkuliert ist, wird es finanziell eng. Allein der Einzug in die Königsklasse und gute Leistungen in der Liga kosten den Verein erhebliche Summen an Punktprämien. Spieler erhalten teilweise bis zu 20.000 Euro pro Punkt, was bei einem Sieg 60.000 Euro bedeuten kann.
Verpasst die Mannschaft die Champions League, muss sie mit erheblichen finanziellen Einbußen rechnen. Bis zu 20 Prozent des Grundgehalts fallen weg, und auch die Punktprämien werden nicht mehr in vollem Umfang ausgezahlt. Sowohl mit als auch ohne die Königsklasse bewegt sich der Kader finanziell an der Grenze des Machbaren.
Zusätzlich zu den Grundgehältern und Prämien fallen Sonderzahlungen an, wie Handgelder bei Vertragsunterzeichnungen oder Abfindungen bei vorzeitigen Vertragsauflösungen. Selbst bei jungen Talenten wie Jobe Bellingham, der für rund 1,5 Millionen Euro zu den Dortmundern stieß, waren solche Zahlungen üblich, auch wenn diese im Vergleich zu anderen Spielern seiner Kategorie als gering einzustufen sind.
Sportdirektor Sebastian Kehl (l.) und Geschäftsführer Lars Ricken zahlen die Stars sehr leistungsbezogen. Prämien von bis zu 25 Millionen Euro sind möglich
Ablösesummen und Transferbilanz
Bereits im vergangenen Sommer investierte der BVB rund 70 Millionen Euro in neue Spieler. Demgegenüber stand ein Transfer-Minus von etwa 35 Millionen Euro, das auch durch den Verkauf von Donyell Malen im Winter nicht vollständig ausgeglichen werden konnte. Die Verpflichtung von Ersatztorhüter Diant Ramaj für fünf Millionen Euro erhöhte die Ausgaben weiter. Dies verdeutlicht, dass die Geschäftsgrundlage eines jährlichen Transferüberschusses zuletzt verfehlt wurde.
Auch in diesem Sommer wurden bereits erhebliche Summen investiert. Die Ablöse für Yan Couto (25 Millionen Euro) und Jobe Bellingham (30 Millionen Euro) sowie Daniel Svensson (sieben Millionen Euro) stellen bedeutende Ausgaben dar. Während Coutos Verpflichtung angesichts seiner Leihsaison in Dortmund fragwürdig erscheint, gelten die Deals für Bellingham und Svensson als strategisch klug. Bellingham besaß eine Ausstiegsklausel von 45 Millionen Euro bei seinem Ex-Verein Sunderland, die für englische Klubs sogar 50 Millionen Euro betrug. Der BVB konnte diesen Preis erheblich drücken. Im Grunde wurden die Ablösesummen, die der Verkauf von Gittens einbringen würde, bereits im Vorfeld für Neuverpflichtungen einkalkuliert.
Jobe Bellingham wechselte für 30 Millionen Euro von Sunderland zum BVB. Seine Ausstiegsklausel wäre deutlich höher gewesen. Er kassierte 1,5 Millionen Handgeld
Personelle Fehlentscheidungen und hohe Abgaben
Die Kostenstruktur des Vereins wird auch durch personelle Entscheidungen beeinflusst. Ex-Trainer Nuri Sahin, der vor einem Jahr einen Dreijahresvertrag erhielt, wurde im Januar freigestellt. Sein Vertrag enthielt eine “Feuerklausel”, die eine finanzielle Regelung für eine vorzeitige Vertragsauflösung vorsah. Sahin erhält eine Abfindung von rund 3,5 Millionen Euro, was dem Jahresgehalt eines vielversprechenden Nachwuchsspielers entspricht.
Auch der ehemalige Kaderplaner Sven Mislintat, der im Februar aufgrund interner Querelen freigestellt wurde, stellt eine finanzielle Belastung dar. Solange Mislintat seinen bis 2028 gültigen Vertrag nicht selbst kündigt, um zu einem anderen Verein zu wechseln, zahlt ihm der BVB weiterhin jährlich knapp eine Million Euro.
Der Einzug ins Viertelfinale der Klub-Weltmeisterschaft brachte dem BVB zwar 44 Millionen Euro von der FIFA ein, doch ein erheblicher Teil davon fließt direkt wieder ab. Allein die Reise-, Hotel- und Transportkosten für den Aufenthalt in den USA belaufen sich auf fast zehn Millionen Euro. Obwohl die FIFA Reisekosten für jeden Teilnehmer übernimmt, ist dies auf 55 Personen beschränkt. Der BVB reist jedoch mit 28 Spielern, hinzu kommen Trainer, Betreuer und Funktionäre. Nach Abzug von Steuern und Mannschaftsprämien (insgesamt rund drei Millionen Euro) verbleibt dem Klub nur etwa die Hälfte der ursprünglichen Summe.
Das Westfalenstadion wurde 1974 fertiggestellt, damals fasste es 54.000 Zuschauer. Heute ist es mit 81.365 Plätzen das größte Stadions Deutschlands
Teure Infrastruktur und zukünftige Investitionen
Borussia Dortmund investiert auch in seine Infrastruktur. Das Westfalenstadion, erbaut 1974, erfordert kontinuierliche Instandhaltung. Die Risse im Beton der Ränge und Pfeiler müssen regelmäßig ausgebessert werden, was jährliche Kosten von fünf bis zehn Millionen Euro verursacht.
Zudem plant der Klub neue Projekte, wie ein medizinisches Zentrum neben der Profi-Geschäftsstelle, das mindestens 20 Millionen Euro kosten wird. Dieses Zentrum soll sich langfristig durch externe Patienten refinanzieren, doch zunächst muss der BVB die Vorleistung erbringen.
Angesichts dieser finanziellen Verpflichtungen müssen die Verantwortlichen des BVB weiterhin kluge Entscheidungen treffen, anstatt reine Wunschträume zu erfüllen.
Der Artikel wurde für das Sport-Kompetenzcenter (WELT, SPORT BILD, BILD) verfasst und zuerst in SPORT BILD veröffentlicht.
