Basiskompetenzen stärken: Der Schlüssel zu Bildungschancen in Deutschland

Kinder lernen in einer hellen und modernen Grundschulklasse.

Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) hat in ihrem neuen Gutachten „Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die Grundschule“ dringende Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Grundschulen in Deutschland ausgesprochen. Im Zentrum steht die Fokussierung auf grundlegende Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Mathematik, um sicherzustellen, dass mehr Schülerinnen und Schüler die Mindeststandards in diesen Kernbereichen erreichen.

Die Herausforderung: Alarmierende Ergebnisse und die Notwendigkeit von Maßnahmen

Die Ergebnisse des jüngsten IQB-Bildungstrends sind laut Prof. Dr. Felicitas Thiel, Co-Vorsitzende der SWK, alarmierend. Ein wachsender Anteil von Schülerinnen und Schülern erreicht die grundlegenden Mindeststandards nicht. Die SWK betont daher die Notwendigkeit einer konsequenten Konzentration auf basale sprachliche und mathematische Kompetenzen in der Grundschule. Dies erfordert nicht nur Einzelmaßnahmen, sondern eine umfassende Strategie, die das gesamte Bildungssystem – von Schulen über Schulaufsichtsbehörden bis hin zu den Kultusministerien – in die Verantwortung nimmt.

Karin Prien, Präsidentin der Kultusministerkonferenz, unterstreicht die Bedeutung der frühkindlichen Bildung als Fundament für erfolgreiche Bildungsverläufe. Sie hebt hervor, dass die Kultusministerkonferenz bereits 2020 einen besonderen Fokus auf die Grundschule gelegt hat und das Gutachten der SWK als wegweisend für die Weiterentwicklung betrachtet. Alle Kinder, unabhängig von ihren Startbedingungen, sollen das Recht haben, die definierten Kompetenzen zu erlangen und eine erfolgreiche Schullaufbahn zu absolvieren.

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Empfehlungen zur Stärkung der Basiskompetenzen

Die SWK formuliert eine Reihe von konkreten Empfehlungen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und darauf abzielen, die Unterrichtsqualität zu erhöhen und die Bildungschancen für alle Kinder zu verbessern.

Verbesserung der Unterrichtsqualität durch evidenzbasierte Konzepte

Ein zentraler Punkt des Gutachtens ist die Verbesserung der Unterrichtsqualität. Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, erklärt, dass es wirksame Unterrichtskonzepte sowohl für den sprachlichen als auch für den mathematischen Bereich gibt. Diese sollten von den Lehrkräften systematisch eingesetzt werden, um alle Schülerinnen und Schüler zu motivieren und zu aktivieren. Dazu gehört vor allem das regelmäßige und verstehensorientierte Üben der basalen Kompetenzen im Lesen, Zuhören, Schreiben und Rechnen. Die SWK empfiehlt hierfür eine Erhöhung der Lernzeit: 24 Wochenstunden für Deutsch und 20 Wochenstunden für Mathematik in den ersten vier Grundschuljahren. Zudem wird eine kontinuierliche Lernstandsprüfung der Kinder mit mehreren Diagnosezeitpunkten pro Schuljahr empfohlen.

Qualifizierung des pädagogischen Personals für Diagnose und Förderung

Die Qualität des Unterrichts hängt entscheidend von der Lehrkraft ab. Daher sieht die SWK eine starke Notwendigkeit in der Professionalisierung von Lehrkräften während des Studiums, des Referendariats und im Berufsalltag. Felicitas Thiel betont, dass Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte oft nicht den Kriterien für wirksame Fortbildungen entsprechen. Die Kommission empfiehlt daher die Entwicklung forschungsbasierter Fortbildungsprogramme für die Diagnose und Förderung basaler Kompetenzen in Deutsch und Mathematik, die flächendeckend implementiert werden sollen.

Verbindliche Diagnose und Förderung schon in der Kita

Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen eindeutig den Stellenwert frühkindlicher Bildung. Die SWK empfiehlt eine stärkere Verbindlichkeit alltagsintegrierter Bildungsangebote in der Kita und die Diagnostik eines möglichen Förderbedarfs bei allen Kindern im Alter von drei bis vier Jahren. Michael Becker-Mrotzek weist darauf hin, dass trotz der Herausforderungen im Elementarbereich, insbesondere hinsichtlich der Personalausstattung, dringend geprüft werden sollte, ob und in welcher Form Förderangebote, zumindest für Kinder mit festgestelltem Bedarf, verpflichtend sein sollten. Auch der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nach Vollendung des ersten Lebensjahres soll konsequent umgesetzt werden.

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Mehr Investitionen für Personal und Schulen mit sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern

Die Kommission sieht einen erhöhten Investitionsbedarf, insbesondere im Bereich des Personals. Schulleitungen benötigen ausreichend Zeit für ihre Führungsaufgaben, und Lehrkräfte sowie pädagogische Fachkräfte sollten über Kooperationszeit verfügen und für ihre komplexen Aufgaben angemessen besoldet werden. Empfohlen wird zudem eine datenbasierte Unterrichts- und Schulentwicklung, für deren Koordination in größeren Grundschulen Funktionsstellen und in kleineren Schulen Entlastungsstunden erforderlich sind.

Besondere Aufmerksamkeit erfordern Schulen mit einem hohen Anteil sozioökonomisch benachteiligter Schülerinnen und Schüler. Felicitas Thiel betont die Wichtigkeit, Ressourcen gezielter dort einzusetzen, wo sie am dringendsten benötigt werden. Dies umfasst nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch die Ausrichtung von Unterricht und Ganztagsangeboten auf eine wirksame Förderung basaler Kompetenzen. Eine datenbasierte Schulentwicklung ist hierfür unerlässlich. Zusätzlich sollen finanzielle Zulagen und weitere Anreize geschaffen werden, um Lehrkräfte und Schulleitungen langfristig für die Arbeit an diesen Schulen zu gewinnen.

Kinder lernen in einer hellen und modernen Grundschulklasse.Kinder lernen in einer hellen und modernen Grundschulklasse.

Fazit und Ausblick

Das Gutachten der SWK liefert eine umfassende Agenda zur Stärkung der Basiskompetenzen in deutschen Grundschulen. Durch die Fokussierung auf evidenzbasierte Unterrichtskonzepte, die gezielte Qualifizierung des pädagogischen Personals, eine frühe Diagnose und Förderung sowie gezielte Investitionen in benachteiligte Schulen können die Bildungschancen für alle Kinder nachhaltig verbessert werden. Die Kultusministerkonferenz und die Länder sind nun gefordert, diese Empfehlungen mit Nachdruck umzusetzen, um das Fundament für eine erfolgreiche Bildungszukunft in Deutschland zu legen.