Die Bundesliga, das Herzstück des deutschen Fußballs, steht vor einer bemerkenswerten Veränderung in ihrer internationalen Vermarktungsstrategie. Eine kürzlich bekanntgegebene Vereinbarung über die Übertragungsrechte in Großbritannien hat in der Fußballwelt für viel Gesprächsstoff gesorgt und wirft ein Schlaglicht auf die Ambitionen der Deutschen Fußball Liga (DFL), ihre globale Präsenz zu stärken. Mit dem Ziel, ein breiteres Publikum zu erreichen und die Attraktivität des deutschen Profifußballs weltweit zu steigern, geht die Liga innovative Wege. Dieser Artikel beleuchtet die Details des neuen Deals, die zugrunde liegenden Herausforderungen und die Rolle der einzigartigen 50+1-Regel, die den deutschen Fußball prägt.
Revolutionäre UK-Übertragungsrechte: Neue Partner und alte Bekannte
Wie The Athletic enthüllte, hat die DFL eine neue Partnerschaft mit BBC und Amazon Prime geschlossen und gleichzeitig die bestehende Zusammenarbeit mit Sky Sports fortgesetzt. Das wirklich Bemerkenswerte an dieser Vereinbarung ist jedoch die Einbindung von YouTube-Kanälen wie “The Overlap” und “That’s Football”, die von der Online-Persönlichkeit Mark Goldbridge moderiert werden. Diese Kanäle werden in der kommenden Saison 20 Live-Spiele übertragen, beginnend mit dem Eröffnungsspiel zwischen Bayern München und RB Leipzig am Freitagabend. Sky Sports wird weiterhin die Top-Begegnung am Samstagabend zeigen, während Amazon die Exklusivrechte für die Sonntagnachmittagsspiele besitzt.
Der Freitagabend markiert den Beginn eines neuen, frei empfangbaren Ansatzes. Die BBC, die beiden YouTube-Kanäle sowie der offizielle Bundesliga-Kanal werden sich die nicht-exklusiven Rechte an der Eröffnungspartie des Wochenendes teilen. Das übergeordnete Ziel ist klar: so viele Menschen wie möglich für den deutschen Fußball zu begeistern. Doch um die Beweggründe der Bundesliga – und warum sie bereit ist, YouTube-Kanälen ohne vorherige Erfahrung in der Live-Übertragung zu vertrauen – wirklich zu verstehen, bedarf es eines genaueren Blicks auf die wirtschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen.
DFLs finanzielle Herausforderung: Der Wert der Auslandsrechte
Im Dezember 2024 unterzeichnete die DFL, die die beiden Bundesliga-Divisionen betreibt, einen lukrativen nationalen Fernsehvertrag im Wert von 1,3 Milliarden Euro pro Saison für die nächsten vier Jahre. Dies entsprach einer Steigerung von zwei Prozent gegenüber dem vorherigen Deal und platzierte die Bundesliga an zweiter Stelle unter den fünf größten europäischen Ligen (hinter der Premier League).
Die Erhöhung des Wertes der ausländischen Übertragungsrechte stellt jedoch seit langem eine Herausforderung dar. Während die Premier League jährlich 1,69 Milliarden Euro aus dem Verkauf ihrer Auslandsrechte generiert, belaufen sich die entsprechenden Pakete für La Liga auf 983 Millionen Euro, für die Serie A auf 406,7 Millionen Euro und für die Bundesliga lediglich auf 263 Millionen Euro pro Saison. Das Ziel ist nicht, die Premier League einzuholen oder deren finanzielle Vormachtstellung anzugreifen. Beides sind unrealistische Ziele, was durch dieselben Einschränkungen erklärt wird, die auch die Bereitschaft der DFL für diesen mutigen Schritt begründen.
Jobe Bellingham im Trikot von Borussia Dortmund in einem Stadion voller Fans
Die 50+1-Regel: Fundament und Bremse zugleich
Mit wenigen Ausnahmen unterliegen die Mitgliedsvereine der DFL der sogenannten 50+1-Regel. Bis 1998 war der private Besitz deutscher Vereine verboten. Doch mit dem wachsenden Reichtum der Ligen in ganz Europa in diesem Jahrzehnt wurde dieses alte Ethos unvereinbar mit dem Wunsch, in der Champions League wettbewerbsfähig zu sein. Der Kompromiss war die 50+1-Regel. Sie schrieb vor, dass Fußballvereine als Aktiengesellschaften, getrennt von ihren ursprünglichen, mitgliedergeführten Organisationen, die oft mehrere Sportarten betrieben, auftreten konnten. Die Bedingung war jedoch, dass die Mehrheitskontrolle (buchstäblich 50 Prozent der Anteile plus eins) bei den Mitgliedern verbleiben musste.
Zum Beispiel besitzen Audi, Allianz und Adidas jeweils einen Anteil von 8,33 Prozent am Fußballverein Bayern München, die restlichen 75 Prozent befinden sich jedoch in den Händen der zahlenden Vereinsmitglieder. Die Auswirkungen der 50+1-Regel waren, dass die Vereine ihren Mitgliedern gegenüber rechenschaftspflichtig wurden und viele der Tugenden bewahrt und geschützt wurden, für die der deutsche Fußball bekannt ist. Die Ticketpreise sind niedrig. Die Atmosphären sind lebhaft. Die Stadien haben ein ausgeprägtes regionales Flair. Dieser Kompromiss, wenn man es so nennen will, verhindert jedoch auch die umfassenden Investitionen, die den englischen Fußball transformiert und Scharen von vermarktbaren Stars und kommerziellen Partnern in Massen angezogen haben.
Herausforderungen der Kommerzialisierung und die Macht der Fans
Die Fans mit einer solchen Macht auszustatten – was Vorstandsmitglieder effektiv den Anhängern gegenüber rechenschaftspflichtig macht – kann auch kommerziell eine limitierende Wirkung haben. Im Februar 2024 sah sich die DFL beispielsweise gezwungen, ihre Pläne zur Verhandlung eines 1-Milliarden-Euro-Investitionsabkommens mit einem Private-Equity-Unternehmen aufzugeben, nachdem wochenlange, massive Fanproteste die Spieltage gestört hatten.
Diese Macht macht es auch praktisch unmöglich, Bundesliga-Spiele im Ausland auszurichten. Ein solcher Schritt würde in einem Fußballumfeld, das dem Kommerz zutiefst misstraut und sich militanten gegen jede Bewegung in diese Richtung wehrt, niemals toleriert oder akzeptiert werden. Während La Liga näher dran ist, ein Spiel in Miami auszurichten, und Italien und Spanien ihre Super Cups bereits in den Nahen Osten exportiert haben, muss die Bundesliga strikt im Inland bleiben. Ihr Streben nach ausländischen Märkten kann niemals die Austragung eines Spiels außerhalb Deutschlands beinhalten.
Ein großes Banner mit dem Bayern München Logo und Sponsoren, auf dem die 50+1 Regel thematisiert wird
Dies verengt die Wachstumsmöglichkeiten drastisch. Ohne die Starpower der Premier League oder die Fähigkeit, das authentische Produkt – ein kompetitives Spiel – zu exportieren, muss die DFL im Namen ihrer Vereine und mit dem Ziel, ihre Attraktivität für ausländische Sender zu steigern, kreativer werden.
Die neue Strategie: Reichweite statt Exklusivität
Und genau durch diese Brille ist die neue Übertragungsvereinbarung zu betrachten. Die Präsenz auf BBC und Sky Sports bietet Prestige und Reichweite bei traditionellen Zuschauern, während die YouTube-Streams neue Anhänger über ein Medium anziehen könnten, das jüngere Generationen eher nutzen und das selbst verschiedene Arten von Fans mit unterschiedlichen Interessen und Gewohnheiten anspricht.
Diese Herangehensweise könnte polarisieren und in einigen Kreisen unpopulär sein. Die Hoffnung ist jedoch, dass der mit diesen neuen Kanälen gewonnene Schwung in zukünftiges Wachstum und wertvollere Übertragungsverträge umgewandelt werden kann. Vorerst bleibt dies eine unsichere Gleichung und eine optimistische Sichtweise, wohin dies führen könnte, aber es ist ein kreativer Ansatz für ein Wachstumsproblem, für das es keine offensichtliche Lösung gibt. Die Bundesliga zeigt damit einmal mehr, dass sie bereit ist, über den Tellerrand zu blicken, um ihren Platz im globalen Fußball zu behaupten und auszubauen.
