Die Abseitsregel im Fußball zählt für viele als eine der komplexesten und am schwersten zu verstehenden Spielregeln. Doch keine Sorge: Mit einer klaren Erklärung lässt sich diese fundamentale Vorschrift des Fußballs leicht durchschauen. Ziel dieses umfassenden Leitfadens ist es, Ihnen die Abseitsregel detailliert und verständlich darzulegen, sodass Sie zukünftig jede Abseitssituation souverän beurteilen können.
Abseits gilt, wenn ein Spieler sich in der gegnerischen Spielfeldhälfte befindet und aktiv am Spiel teilnimmt (indem er den Ball annimmt oder verteidigt), obwohl sich zwischen ihm und der Torlinie nicht mindestens zwei Gegenspieler befinden.
Ein Angreifer ist nicht im Abseits, da sich zwei Gegenspieler (Feldspieler und Torwart) zwischen ihm und dem Tor befinden.
Die Abseitsregel in 4 Schritten erklärt
Für ein tieferes Verständnis der Abseitsregel beleuchten wir die entscheidenden Kriterien Schritt für Schritt. Diese vier Punkte sind essenziell, um eine Abseitssituation korrekt zu bewerten.
1. Die Abseitsstellung gilt nur in der gegnerischen Spielfeldhälfte
Eine Abseitsstellung kann nur eintreten, wenn sich der Spieler in der Spielfeldhälfte der gegnerischen Mannschaft befindet. Die Mittellinie ist hierbei eine wichtige Grenze: Sie zählt nicht zur gegnerischen Spielfeldhälfte. Steht ein Spieler also noch auf oder direkt an der Mittellinie, kann er sich demnach nicht im Abseits befinden, selbst wenn alle anderen Bedingungen erfüllt wären. Dies ist eine grundlegende Bedingung, die oft übersehen wird.
2. Der Spieler befindet sich der gegnerischen Torlinie näher als der Ball und der vorletzte gegnerische Spieler
Ein Spieler befindet sich in einer Abseitsstellung, wenn er der gegnerischen Torlinie näher ist als:
- Der Ball
- Der vorletzte Gegenspieler (in der Regel der zweite Feldspieler von der Torlinie aus gesehen, da der Torwart oft der letzte Gegenspieler ist)
Befinden sich zwischen dem Spieler und der Torlinie nicht mindestens zwei Gegenspieler und der Ball, ist die Abseitsstellung gegeben.
Wichtige Besonderheit: Für die Abseitsregel zählen ausschließlich die Körperteile, mit denen ein Tor erzielt werden darf. Dies umfasst also den Kopf, den Rumpf und die Beine eines Spielers. Hände und Arme werden bei der Beurteilung einer Abseitsstellung nicht berücksichtigt. Diese Feinheit ist besonders relevant, wenn sich ein Spieler nur minimal im Abseits befindet.
Eine schematische Darstellung der Abseitsstellung im Fußball: Ein Angreifer befindet sich vor dem vorletzten Verteidiger und dem Ball.Hier steht der Spieler im Abseits, da er den Ball angenommen hat und sich nur der Torwart zwischen ihm und der Torlinie befindet.
Zählt bei der Abseitsregel der Torwart zu den abwehrenden Spielern? Ja, der Torhüter wird wie jeder andere Feldspieler als ein Gegenspieler gezählt. Oft ist er sogar einer der beiden letzten Gegenspieler, die für die Abseitsbeurteilung relevant sind.
3. Der Spieler muss aktiv eingreifen
Eine reine Abseitsstellung wird nicht geahndet. Erst wenn der in Abseitsposition stehende Angreifer aktiv in das Spielgeschehen eingreift, wird Abseits gepfiffen. Ein aktives Eingreifen liegt vor, wenn der Spieler den Ball berührt oder versucht, einen Gegner zu beeinflussen. Dieses Prinzip ist entscheidend, um den Spielfluss nicht unnötig zu unterbrechen.
4. Zeitpunkt der Ballabgabe
Ein weiterer kritischer Punkt ist der Zeitpunkt. Für die Abseitsbeurteilung zählt ausschließlich der Moment der Ballabgabe des Mitspielers, nicht der Zeitpunkt, zu dem der Spieler in Abseitsposition den Ball annimmt oder berührt. Das bedeutet, ein Spieler, der beim Pass in Abseitsposition steht, kann diese Position nicht mehr durch Loslaufen neutralisieren. Er kann jedoch durch passives Verhalten verhindern, dass Abseits gepfiffen wird.
Aktives und passives Abseits: Der feine Unterschied
Die Unterscheidung zwischen aktivem und passivem Abseits ist fundamental für das Verständnis der Regel. Sie erklärt, warum nicht jede Abseitsstellung sofort zu einem Pfiff führt.
Passives Abseits liegt vor, wenn sich ein Spieler zwar in einer Abseitsposition befindet, aber nicht aktiv in das Spielgeschehen eingreift. In diesem Fall wird das Spiel fortgesetzt, und der Schiedsrichter pfeift kein Abseits. Der Spieler ist zwar “im Abseits”, aber nicht “im Spiel”.
Beim aktiven Abseits hingegen greift der Spieler in Abseitsposition ins Spielgeschehen ein. Dies ist der Fall, wenn er:
- Den Ball annimmt oder berührt.
- Einen Gegenspieler behindert oder beeinflusst, zum Beispiel dessen Sicht versperrt oder versucht, ihn anzugreifen, um den Ball zu erhalten.
- Aus seiner Stellung einen Vorteil zieht. Ein Vorteil kann entstehen, wenn ein Ball von einem Pfosten, der Latte oder einem Gegenspieler zurückprallt und der Spieler in Abseitsposition diesen Ball spielt.
Ein Fußballspieler im Abseits nimmt den vom Pfosten zurückprallenden Ball an, was zu einer aktiven Abseitsstellung führt.Hier gilt ebenfalls Abseits, da der Ball vom Pfosten zurückprallt und der Angreifer den Ball annimmt, obwohl er sich in einer Abseitsposition befindet.
Wie kann der Gegner im Abseits beeinflusst werden? Gemäß den Richtlinien des DFB wird ein Gegner im Abseits beeinflusst, wenn der Spieler ihn daran hindert, den Ball zu spielen. Dies kann durch Handlungen wie das Versperren der Sicht des Gegners oder den Versuch, diesen anzugreifen, um in Ballbesitz zu gelangen, geschehen.
Wann gilt die Abseitsregel nicht? Die Ausnahmen
Es gibt spezifische Spielsituationen, in denen die Abseitsregel explizit nicht zur Anwendung kommt, selbst wenn ein Spieler in einer Position wäre, die sonst als Abseits gelten würde. Diese Ausnahmen sind wichtig für ein umfassendes Regelverständnis:
- Bei Einwürfen: Wenn der Ball per Einwurf ins Spiel gebracht wird, kann sich kein Spieler im Abseits befinden.
- Bei Abstößen: Auch nach einem Abstoß des Torwarts oder eines Feldspielers vom Fünfmeterraum ist Abseits ausgeschlossen.
- Bei Eckbällen: Spieler, die einen Eckball ausführen oder darauf warten, können nicht im Abseits stehen.
- Kein aktives Eingreifen: Der Spieler steht zwar in Abseitsposition, nimmt den Ball jedoch nicht an und greift nicht aktiv in das Spielgeschehen ein (passives Abseits).
- Auf gleicher Höhe: Der Spieler befindet sich auf gleicher Höhe mit dem vorletzten Gegenspieler oder dem Ball. “Auf gleicher Höhe” bedeutet nicht im Abseits.
- Hinter dem Ball: Der Angreifer ist nicht „vor dem Ball“, steht also nicht näher an der Torlinie als der Ball selbst zum Zeitpunkt der Ballabgabe. Das ist häufig bei Rückpässen der Fall.
Zwei Fußballspieler stehen auf gleicher Höhe zur Torlinie, was gemäß der Abseitsregel kein Abseits bedeutet.Der Angreifer und der vorletzte Gegenspieler stehen auf gleicher Höhe, deshalb befindet sich der Angreifer nicht im Abseits.
Ein Angreifer befindet sich hinter dem Ball und somit nicht in einer Abseitsstellung, selbst wenn er näher am gegnerischen Tor ist.Wenn der Spieler nicht näher zum Tor steht als der Ball, wird ebenfalls kein Abseits gepfiffen.
Die Folgen einer Abseitsstellung: Indirekter Freistoß
Wird eine Abseitsstellung aktiv und regelwidrig, hat dies eine klare Konsequenz: Die gegnerische Mannschaft erhält einen indirekten Freistoß. Dieser Freistoß muss an der genauen Stelle ausgeführt werden, an der der Spieler stand, der die Abseitsstellung verursacht hat. Eine Ausnahme bildet der gegnerische Fünfmeterraum: Erfolgt die Abseitsstellung innerhalb dieses Bereichs, kann der indirekte Freistoß von jeder beliebigen Stelle im Torraum ausgeführt werden.
Warum gibt es die Abseitsregel im Fußball? Ein Blick in die Geschichte
Die Abseitsregel ist kein willkürliches Element des modernen Fußballs, sondern hat eine tief verwurzelte historische Bedeutung, die zur Fairness und Attraktivität des Spiels beiträgt. Als der Fußball im 19. Jahrhundert seine Anfänge nahm, wurde schnell erkannt, dass ein Spiel ohne eine solche Regel schnell unattraktiv und unfair werden würde. Stürmer könnten einfach vor dem gegnerischen Tor warten und auf einen langen Pass spekulieren, um dann mühelos ein Tor zu erzielen. Dies würde das Spiel statisch machen und die taktische Tiefe eliminieren.
Die erste Form der Abseitsregel tauchte daher bereits 1863 in den allerersten offiziellen Fußballregeln auf, die von der Football Association in England veröffentlicht wurden. Die heutige, uns bekannte Abseitsregel mit zwei Gegenspielern, die zwischen dem Angreifer und dem Tor stehen müssen, wurde 1925 eingeführt. Seitdem gab es weitere Anpassungen, um das Spiel dynamischer und fairer zu gestalten:
- 1990 wurde die Regel dahingehend ergänzt, dass ein Spieler auf gleicher Höhe mit dem vorletzten Gegenspieler nicht im Abseits steht – eine wichtige Klarstellung, die viele knappe Entscheidungen beeinflusst.
- 2005 erfolgte die Einführung des “passiven Abseits”, welches die aktive Teilnahme eines Spielers in Abseitsposition zur Voraussetzung für einen Pfiff machte und somit das Spiel flüssiger gestaltete.
Die Abseitsregel verstehen und anwenden: Tipps für Spieler und Fans
Die Abseitsregel in der Praxis korrekt zu erkennen, erfordert Übung und ein geschultes Auge. Selbst erfahrene Schiedsrichter und Linienrichter stehen oft vor schwierigen Entscheidungen. Für uns als Zuschauer oder Amateursportler gilt: Konzentrieren Sie sich bewusst auf die relevanten Momente der Ballabgabe und die Position der Spieler. Im Fernsehen helfen Wiederholungen oft, die Situation im Nachhinein besser zu verstehen.
Wenn Sie selbst im Amateurfußball oder mit Ihrer Hobbymannschaft trainieren, ist es ratsam, Abseitspositionen konsequent zu ahnden. So entwickeln die Spieler allmählich ein Gefühl für die Regel und können ihre Laufwege und Pässe entsprechend anpassen. Ein gutes Regelverständnis ist nicht nur für Schiedsrichter, sondern auch für alle Spieler von Vorteil, um das Spiel fair und taktisch anspruchsvoll zu gestalten.
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Für weitere vertiefende Informationen zu den allgemeinen Fußballregeln empfehlen wir unseren Artikel „Fußball: Regeln in Kurzform & einfach erklärt“.
Referenzen
- Deutscher Fußball-Bund (DFB): Offizielle Fußballregeln. (DFB)
- Bildnachweis: owayo GmbH
