Der deutsche Fußball genießt weltweit hohes Ansehen – dank erstklassigem Spiel, den höchsten Zuschauerzahlen, niedrigen Ticketpreisen und einer lebendigen Fankultur. Ein wesentlicher Faktor, der all dies ermöglicht, ist die sogenannte „50+1-Regel“. Sie ist das Herzstück des deutschen Profifußballs und schützt ihn vor den Auswüchsen des modernen Geschäfts, indem sie die Macht der Fans und Mitglieder sichert.
In diesem Artikel beleuchten wir, was genau die 50+1-Regel besagt, wie sie funktioniert und warum sie für die einzigartige Identität des deutschen Fußballs so entscheidend ist. Erfahren Sie, warum diese Regel in Deutschland nicht nur eine Vorschrift, sondern eine tief verwurzelte Philosophie ist, die den Sport für seine Anhänger bewahrt.
Was verbirgt sich hinter der 50+1-Regel?
Die 50+1-Regel ist eine zentrale Bestimmung der Deutschen Fußball Liga (DFL), die festlegt, dass der Mutterverein – also die Mitglieder – immer die Mehrheit der Stimmrechte in der Kapitalgesellschaft besitzen muss, die den Profifußballbetrieb führt. Der Name „50+1“ bezieht sich darauf, dass die Mitglieder des Vereins 50 Prozent plus eine weitere Stimme der Stimmrechte halten müssen, um die Mehrheit zu gewährleisten. Das bedeutet im Kern, dass die Vereine und somit die Fans das letzte Wort bei wichtigen Entscheidungen haben und nicht externe Investoren oder Einflüsse.
Diese Regelung verhindert, dass private oder kommerzielle Investoren die Kontrolle über einen Verein übernehmen und möglicherweise Maßnahmen durchsetzen, die Profit über die Interessen der Anhänger stellen. Sie schützt gleichzeitig vor rücksichtslosen Eigentümern und bewahrt die demokratischen Strukturen der deutschen Vereine. Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund, fasste es 2016 treffend zusammen: „Der deutsche Zuschauer hat traditionell eine enge Bindung zu seinem Verein. Und wenn er das Gefühl bekommt, dass er nicht mehr als Fan, sondern als Kunde betrachtet wird, bekommen wir ein Problem.“
Historischer Kontext und nachhaltige Auswirkungen
Historisch gesehen waren deutsche Fußballvereine gemeinnützige Organisationen, die von Mitgliedervereinigungen geführt wurden. Bis 1998 war jede Form von privatem Eigentum untersagt. Die 1998 eingeführte 50+1-Regel erklärt, warum Schulden und Gehälter im deutschen Fußball verhältnismäßig kontrolliert sind und die Ticketpreise im Vergleich zu anderen großen europäischen Ligen so niedrig bleiben.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass sich die Vereine auf unterschiedliche Weise an diese Veränderungen angepasst haben. Viele der uns bekannten Bundesliga-Teams sind rechtlich gesehen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), die als Tochtergesellschaften des Vereins gegründet wurden, um die erste Herrenmannschaft zu verwalten. Einige sind sogar an der Börse notiert. Vereine unterhalb der DFL-Regulierung (Bundesliga und 2. Bundesliga) verfolgen ähnliche Ansätze, auch um die Einhaltung der Regeln im Falle eines Aufstiegs zu erleichtern. Das übergeordnete Ziel ist jedoch immer, dass der Mutterverein – also die Mitgliedervereinigung – in irgendeiner Form die Mehrheit der Kontrolle behält. Die leidenschaftliche Anhängerschaft und die emotionale Beteiligung an den Spielergebnisse WM 2022 oder anderen großen Turnieren unterstreichen die tiefe Verbundenheit der Fans mit ihren Clubs.
Zahlreiche Fußballfans füllen ein großes Stadion und feiern ihre Mannschaft
Praxisbeispiele: Bayern München und Borussia Dortmund
Um die Funktionsweise der 50+1-Regel besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf konkrete Beispiele wie den FC Bayern München und Borussia Dortmund:
Beim FC Bayern München sind die Aktionäre der Herren-Profiabteilung (FC Bayern München AG) der Mitgliederverein (FC Bayern München e.V. – 75 %), Adidas (8,3 %), Allianz (8,3 %) und Audi (8,3 %). Der Mitgliederverein hält somit die klare Mehrheit der Stimmrechte.
Bei Borussia Dortmund ist die Situation etwas anders organisiert. Der Mitgliederverein (mit über 168.000 Mitgliedern Stand November 2022) kontrolliert tatsächlich nur 4,61 % der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA, die die Profi-, Reserve- und U19-Mannschaften verwaltet. Signal Iduna hält 5,98 % der Anteile, Bernd Geske 8,24 %, Evonik Industries 8,19 %, und die restlichen 72,27 % sind an der Börse gelistet. Entscheidend ist jedoch, dass die Managementgesellschaft, die für die Führung des Fußballvereins zuständig ist, die Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH, zu 100 % im Besitz des Mitgliedervereins ist. Dies sichert die Kontrolle über alle wichtigen Angelegenheiten und somit die Einhaltung der 50+1-Regel. So können Fans jederzeit die Deutschland WM Gruppe 2022 mitgestalten, indem sie ihren Club unterstützen.
Wie Hans-Joachim Watzke, CEO der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH und damit CEO des Fußballvereins, argumentierte, führt dieses System dazu, dass die Fans in der Regel nicht als selbstverständlich angesehen werden. „Die 50+1-Regel tut in Deutschland deutlich mehr Gutes als Schlechtes“, sagte Watzke gegenüber SportBild und deutete an, dass die meisten potenziellen privaten Investoren primär gewinnorientiert wären. „Die meisten Vereine bekommen keinen Roman Abramowitsch, der in erster Linie will, dass Chelsea gewinnt. Die meisten Investoren wollen Geld verdienen. Und woher bekommen sie es? Von den Zuschauern.“
Ausnahmen und Sonderfälle der Regel
Die 50+1-Regel kennt auch Ausnahmen, die in der Vergangenheit für Diskussionen gesorgt haben. Bayer Leverkusen und der VfL Wolfsburg sind zwei Sonderfälle in der Bundesliga. Sie profitieren von der Bestimmung, dass Investoren, die seit mehr als 20 Jahren ein erhebliches Interesse an einem Verein haben, von der 50+1-Regel ausgenommen werden können. Leverkusen wurde 1904 von Mitarbeitern des deutschen Pharmaunternehmens Bayer gegründet, das in der Stadt ansässig war. Der VfL Wolfsburg wiederum wurde 1945 gegründet und war eng mit dem örtlichen Automobilwerk verbunden, das die Stadt zur Unterbringung der Volkswagen-Arbeiter geschaffen hatte. Diese beiden Vereine waren somit lange vor ihrem Aufstieg in die Bundesliga im Besitz der jeweiligen Unternehmen und sind daher ausgenommen – eine Regelung, mit der nicht alle Fangruppen einverstanden sind.
Neuere Herausforderungen für die 50+1-Regel gab es ebenfalls. 2009 versuchte Martin Kind, der Präsident von Hannover 96 und Hörgeräte-Magnat, die Regelung zu kippen, doch 32 der 35 anderen Profiklubs stimmten dagegen. 2017 beantragte er eine Ausnahmegenehmigung, die im folgenden Jahr von der DFL abgelehnt wurde. Sein ursprünglicher Vorschlag erfolgte im selben Jahr, in dem RB Leipzig gegründet wurde. Hier erwarb der österreichische Energiegetränkriese Red Bull die Spielrechte des Fünftligisten Markranstädt und benannte den Verein um. Leipzig stieg daraufhin durch die Ligen auf und wurde 2016/17 Vizemeister der Bundesliga, wodurch sie sich für die UEFA Champions League qualifizierten. Doch während Tausende der mittlerweile über 300.000 Mitglieder des FC Bayern (der mitgliederstärkste Sportverein der Welt) beispielsweise für Herbert Hainer als Vereinspräsidenten stimmen dürfen, steht bei Leipzig nur einer Handvoll – allesamt Mitarbeiter des Mutterkonzerns – das gleiche Recht zu.
Eine weitere Ausnahme wurde im Dezember 2014 vereinbart, als dem Software-Milliardär Dietmar Hopp grünes Licht gegeben wurde, die Mehrheitskontrolle über die TSG Hoffenheim zu übernehmen, nachdem er über zwei Jahrzehnte hinweg konsequent in den Verein investiert hatte, für den er als Junge selbst gespielt hatte. „Entscheidend bei der Beurteilung von Hoffenheims Antrag war, dass Dietmar Hopp über mehr als 20 Jahre hinweg sowohl die Profi- als auch die Amateurmannschaften des Vereins erheblich finanziell unterstützt hat“, hieß es damals in einer DFL-Erklärung. Anfang 2023 wurde jedoch berichtet, dass Hopp bereit sei, seine Mehrheitsstimmrechte an die TSG 1899 Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH zurückzugeben, wodurch die Mitglieder ein Mitspracherecht bei der Führung des Vereins erhielten. Dies würde den Verein wieder in Einklang mit der 50+1-Regel bringen, obwohl Hopp weiterhin seine Position als Mehrheitsaktionär behalten würde. Dies zeigt die Macht der Fans und auch, dass Vereine ihre Strukturen ändern können, um die Regel einzuhalten. Wenn es um die großen Emotionen im Fußball geht, sei es das WM Viertelfinale 2022 oder das Frauenfußball EM Finale, ist die 50+1-Regel ein wichtiger Garant für die Authentizität des Erlebnisses.
Debatte um die Zukunft der 50+1-Regel
Während die 50+1-Regel von vielen Fans und Funktionären als Garant für die Identität des deutschen Fußballs gefeiert wird, gibt es auch Stimmen, die eine Änderung oder zumindest eine Flexibilisierung fordern. Angesichts der Milliarden, die ausländische Eigentümer in andere Ligen pumpen, befürchten einige deutsche Vereine, dass eine Anpassung – nicht unbedingt eine Abschaffung der Regel – erforderlich ist, um auf globaler Ebene wettbewerbsfähig zu bleiben.
Uli Hoeneß, ehemaliger General Manager und Präsident des FC Bayern, dessen vorausschauende Denkweise über mehrere Jahrzehnte den Münchner Verein zu der heutigen Größe machte, äußerte die Sorge, dass deutsche Vereine finanziell gegenüber europäischen Konkurrenten zurückfallen könnten, angesichts laxerer Eigentumsregelungen auf dem Kontinent. Er vertrat die Meinung, dass es den einzelnen Vereinen überlassen bleiben sollte, ob sie die Tür für externe Investitionen öffnen, um vielleicht sogenannten kleineren Vereinen eine größere Chance zu geben, mit den etablierten Namen zu konkurrieren.
Andere wiederum befürworten die Beibehaltung einer Regelung, die dazu beigetragen hat, Stadien zu füllen und ein unvergessliches Spieltagserlebnis zu schaffen. Watzke erklärte gegenüber SportBild, er wolle niemals sehen, wie deutsche Fans „gemolken“ werden, „wie es in England geschieht“. Die emotionale Bedeutung des Fußballs zeigt sich auch an der regen Diskussion um das WM heute 20 Uhr oder andere wichtige Spiele, bei denen die Fans stets im Mittelpunkt stehen.
Internationaler Vergleich und Lob
Das Lob für die Regel kommt nicht nur aus Deutschland. Bei der Eröffnung des 41. DFB-Bundestages im Jahr 2013 hob der damalige UEFA-Präsident Michel Platini das Bundesliga-Modell als goldenen Standard hervor: „Während der Rest Europas langweilige Ligen, halb leere Stadien und Vereine am Rande des Bankrotts hat, ist der deutsche Fußball in bemerkenswerter Gesundheit.“
Ein Jahrzehnt später bewahrheitet sich diese Aussage immer noch. Während Nachrichten über wirtschaftliche Probleme und Financial Fair Play-Sanktionen in anderen europäischen Ligen häufig sind, sind Diskussionen über finanzielle Schwierigkeiten oder Verstöße gegen das Financial Fair Play in Deutschland praktisch nicht existent. Die 50+1-Regel ist somit nicht nur ein Modell für Stabilität, sondern auch für eine nachhaltige Entwicklung des Fußballs im Interesse seiner wahren Eigentümer: der Fans.
Eine weite Aufnahme eines gefüllten Fußballstadions, das eine lebendige Atmosphäre zeigt
Fazit
Die 50+1-Regel ist mehr als nur eine rechtliche Vorschrift; sie ist ein fundamentaler Pfeiler, der die einzigartige Fankultur und die finanzielle Stabilität des deutschen Fußballs schützt. Sie stellt sicher, dass die Seele des Sports – die Mitglieder und Fans – im Mittelpunkt steht und nicht die Gewinninteressen externer Investoren. Während die Debatte über ihre Zukunft weitergeht, zeigt sich immer wieder, dass diese Regelung maßgeblich dazu beiträgt, den deutschen Fußball authentisch, zugänglich und wettbewerbsfähig zu halten.
Für alle, die den echten Fußball erleben möchten, abseits von aufgeblähten Preisen und entfremdeter Fankultur, bietet Deutschland eine einzigartige Erfahrung. Entdecken Sie selbst, warum die 50+1-Regel den deutschen Fußball zu einem Vorbild für viele macht und besuchen Sie ein Spiel in Deutschland, um die besondere Atmosphäre hautnah zu erleben!
